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  Das Lehrsystem des Proteus  

1. die "Proteische Zeitrechnung"  
3. das "Verzeichnis der berühmtesten Proteologen  
älterer u neuerer Zeiten"

das "Wörterbuch des Belchismus"  

       






 
 
II.


Grundstriche



des schen Lehrsystems.


 
 
          
Grundstriche
  
des Proteischen Lehrsystems.
  
1.

vom   Proteus.
  
1ster Satz: Eh’ etwas war, war
  
nichts.
  
2ter S. Es ist keine noch so entfern-
  
te Zeit gedenkbar, in welcher Nichts
  
angefangen hätte, das zu seÿn,
  
was es ist denn sonst müste vor-
  
her Etwas gewesen seÿn, wel-
  
ches der Evidenz des 1sten Seÿns
  
widerspräche. Folglich ist Nichts
  
Ewig.
  
3. Folglich ist Nichts auch nothwen
  
dig, selbstständig unveränderlich.
  
4. Nichts ist immateriell, das erste,
  
reinste Principium, keinem
  
Sinn fühlbar, keinem Gedan-
  
ken faßbar.
  
5. Wenn es Unendlichkeit gibt
 
          
so muß Nichts unendlich seÿn.
  
Denn das Gebiet des Etwas seÿ
  
auch noch so ausgedehnt, so
  
muß doch über dessen Grenzen
  
hinaus Nichts seÿn. Nichts
  
selbst aber kan keine Grän-
  
zen haben, denn sonst mü-
  
ste, wo auch diese aufhör-
  
ten weder Etwas noch Nichts
  
seÿn, welches absurd ist.
  
6. Nichts ist
  
2.
  
Von der Welt.
  
7. Im fruchtbaren Schoos
  
des erzeugten sich die
   
Stamina aller existirenden
  
endlichen Wesen. Die erste
  
Materie entstand aus Nichts,
  
wäre ein Nichts gewesen,
  
so wäre ein etwas worden.

 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Stamina (lat., Einz. Stamen) die Staubblätter oder Staubgefäße sind die pollenerzeugenden Organe in der Blüte der Bedecktsamer. Sie werden als männliche Blattorgane angesehen.

          
8. Aber allen existierenden, end-
  
lichen Wesen hängt die Un-
  
vollkommenheit des Se
ÿns an.
  
Sie sind eingeschränkt, verän-
  
derlich, zerstörbar pp.
  
9 Je weniger materielle
  
Theile solch ein Wesen hat, oder
  
ie spezifisch leichter es ist, de-
  
sto mehr nähert es sich dem
  
u. seiner Vollkomenheit
  
und umgekehrt.
  
10. Die i
materiellsten und spe-
  
cifisch leichtesten endlichen We-
  
sen sind die endlichen Geister,
  
des wegen sind sie auch die
  
vollko
mendsten und stehn un-
  
ter ihnen oben an. Ja sie
  
nähern sich oft dem auf die
  
unbegreiflichste Weise, und
 
 

 

 

 

 

 
pp = lat. perge, perge
= ’fahre fort’ oder ’usw’.

          
haben sogar einige Eigen-
  
schaften, deren Entwicklung
  
nu
r durch die Materie ge-
  
hindert wird, mit ihm ge-
  
mein.
  
11. Ihnen folgt die gröbere
  
Materie des Lichts, weiter
  
die Luft, hierauf das Was-
  
ser, endlich die Erde.
  
12. Spiritus vini rectificatus
  
ist vollkommen, folglich auch
  
stärker als gemeiner Brandte-
  
wein (S. 9.)
  
13. Destillirtes Wasser ist reiner
  
als . Quellwasser, das Quell-
  
wasser selber aber ist reiner
  
folglich vollko
men, folgt:
  
gesünder als Pfützenwasser
  
nach S. 9.
  
14. Der Wein ist vollko
mener
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Spiritus vini rectificatus (lat.)
= Weingeist, der zwischen 55 und
60 % Alkohol enthält


 

          
als das allerdestillirteste Wasser,
  
und die leichtesten und geistrei-
  
chesten Weine sind die besten
  
(Satz 9. 10.) Hieraus ergibt sich
  
die Theorie der Weinproben.
  
15. Die schweren Metalle sind
  
unedler als die leichten. Unter
  
allen Düngern ist das Gold ( u
  
nächst ihm Platina dell Pinto)
  
der unvollko
mendste. Deswe-
  
gen ist es auch in seiner Quan-
  
tität das seltenste, und die
  
ächten Verehrer des haben
  
gewöhnlich gar keins.
  
16. Es ist schwer zu besti
men, was
  
den bewogen, das Etwas
  
als eine Unvollko
menheit in
  
seinen zwe
ÿ schichtigen Schoos
  
aufzunehmen. Daher haben
  
etliche Philosophen zwe
ÿ Ur-
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Platina, Platinum: Die (!) ’Platina
del Pinto’ ist ein Metall von weißer Farbe, noch etwas schwerer als Gold und erst im Jahre 1736 in Peru in der Gegend des Flusses Pinto entdeckt worden.

 

          
principie angeno
men: das
  
Nichts u. das Etwas, die so-
  
lange im Kampf sind bis eins
  
das andere verzehret. Das
  
unstatthafte dieser H
ÿpothe-
  
se ist aus allen vorher ge-
  
henden Sätzen erweisbar.
  
Warscheinlicher nahm
die
  
Materie freiwillig auf,
  
        a um durch den Begrif
  
        des Etwas, wenigstens
  
        eine Schattenidee, einen
  
        negativen Begriff als
  
        Nichts zu geben.
  
        b, durch die Folie des
  
        Se
ÿns den Glanz des
  
        Nichtse
ÿns zu erheben.
  
17. Je vollko
mener eine Ma-
  
terie selber ist (Satz. 9.) desto
  
mehr strebt sie, die unvoll-
 
          
ko
menen in sich zu veredlen.
  
So zerfrißt das Wasser nach u.
  
nach alle festen Materien, die
  
es berührt, löset ähnlich viele
  
1000 Zentner Zuker, Salz, Alaun
  
auf und reduzirt selbst die
  
Metalle in die leichtere Form
  
des Rosts, als Menstruum.
  
18. Daher die figürliche Solenni-
  
tät des Badens, die der Ver-
  
ehrer des aus Grundsäzen,
  
(Saz 24.) der Profane aus
  
blinder Gewohnheit, und selbst
  
unvernünftige Geschöpfe
  
aus Instinkt beobachten.
  
19. Ebenso troknet die Luft das
  
Wasser auf: das Element des Lichts
  
durchfließet, und verdünnt also
  
die Luft, die und gewisse Gei-
  
ster zernichten nach Maas ihrer
  
Kräfte alles Licht und alle Aufklä-
 

 

 

  
  
  

  
  
Alaun = Kaliumaluminiumsulfat - verwendet beim Gerben und Färben




Menstruum (lat.) - in der Alchemie ein Lösungsmittel,
das feste Stoffe aufzulösen vermag. Hübner (1746) definiert es als ’einen Saft, welches ein Liquor oder Feuchtigkeit ist, vermittelst welcher ein fester Corpus aufgeschlossen wird, oder welcher fähig ist, die Tugend oder Kräfte aus den Dingen zu ziehen.


Solennität = Feierlichkeit

 

          
rung, und heißen deswegen
  
Geister der Finsternis.
  
20. Aller Materie steht auf dem
  
(S. 17. u. 19) bezeichneten Weg
  
ihr Ende bevor. Die Erde wird
  
sich einst in dem Wasser, als
  
einem langsam wirkenden
  
Menstruum verzehren, das
  
Wasser wird sich in Luft ver-
  
feinern, die Luft wird sich
  
in Lufttheile läutern; die
  
Lufttheile werden sich in
  
Geister veredlen, die Geister
  
werden sich in dem als
  
ihrem Menstruum ver-
  
zehren. Dan wird wie-
  
der in seiner ganzen her-
  
lichen Größe strahlen,
  
und alles in allem
  
sein.
 
          
3. Vom Menschen insbesond.
  
21. Der Mensch als Körper betrach-
  
tet gehört zu den sehr unvol-
  
ko
menen Geschöpfen, und steht
  
zwischen Erde und Wasser innen.
  
(S. 11.) Als Geist betrachtet zu
  
den sehr vollko
menen. Um
  
der Vorzüge des letztern willen
  
drückt , was den erstern be-
  
trift ein Auge zu, und sieht
  
d. Menschen als seinen Lieb-
  
ling an.
  
22. Eine eigene Klasse unter
  
den Menschen machen dieieni-
  
gen aus, welche wir wegen
  
ihrer Stupidität sonst Schwa-
  
benhä
mel nennen, wohin auch
  
als eine besondere Familie die
  
hohenlohischen Hä
mel zu rech-
 
          
nen sind. Sie gehören in Ab-
  
sicht des Körpers nicht selten
  
zu den allermateriellsten
  
Entwürfen; sind aber in Ab-
  
sicht des Geistes von dem
  
Nichts selber ununterscheid-
  
bar. Die gröbste Körpers-
  
materialität mit der
  
Nichts ähnlichsten Geistes-
  
freiheit gepaart, stellt in
  
ihnen ein Sinnbild des

  
dar, der in seinem Un-
  
nichts allenthalben unter
  
der Gülle des krassesten
  
Se
ÿns verborgen ligt.
  
Ihnen zu Ehren fürt der
  
2te C
ÿklus den Namen
  
Μήλον vid Scapula. Das
  
λ in der Mitte bedeutet
 
vid. Scapula (lat.)
= siehe Schulterblatt

λ = Lambda (griech.) = L


 

       

 
den λeib. Nimmt man diesen
  
weg, so bleibt das μη ’ον des
  
Parmenides (siehe unten) übrig
  
welches ihre Seele ist. Zur
  
Erkentlichkeit für ihre Vorzüge
  
beschäftigen sie sich ihr ganzes
  
Leben hindurch mit far ni-
  
ente.
  
23. Der Mensch als Liebling des
  
wird auch den unverken-
  
barsten Offenbarungen von
  
ihm gewürdiget. in seinen
  
Hoffnungen. in seinen Vorsä-
  
zen und Plänen. in seinen Zu-
  
sagen. im Geldbeutel. Oft
  
im Kopf. im Herzen. Den
  
festen Glauben belohnt
.
  
24. Es gibt 2 Wege, sich die Gunst
  
des Prot. zu verschaffen. ein pas-
  
siver u. ein activer. Der Passi-
  
ve ist die Schwabenhamlität.
 

  
daher λeib = Leib
  
μη ’ον (altgriech.) = Nichts, Leere

 

 

 

 


far niente (lat.) = nichts tun

          
welche bestraft in Nichts denken
  
u. nichts thun. Der Aktive
  
besteht darin, daß der Mensch
  
     a, über die Materie des nach-
  
        denkt und frei subtilisirt.
  
    
b, Vom Cÿklus
W an bis zum
  
        Cÿklus
H. aus Grundsätzen
  
        badet, das heißt freie Un-
  
        vollkommenheit erkennt,
  
        das Wasser als sein Men-
  
        struum agnohcirt, und
  
        sich seiner Proteibilität
  
        annimmt (S. 17. 18. 20.)
  
     c, als Widersacher der Materi-
  
        alität gewisse mit Materie
  
        angefüllte Räume, beson-
  
        ders Bier gläser, Pfeiffen-
  
        köpfe, Punsch- und Krebs-
  
        suppenschüsseln, dem zu
  
        gänglich macht, besonders
  
        aber des Goldes u. Silbers als
  
        höchst unvollkomener Etwase
 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

agnohcirt = angnoszieren (lat.)
= anerkennen

 

       

sich entlediget. 
  
25. Den Unvollkommenen Theil des
  
Menschen gelüstet nur nach dem
  
Seÿn. Deswegen bestrebt er sich
  
der leeren Räume so oft als
  
möglich zu beetwasen oder
  
aproteisiren; der Geist aber
  
wird nicht müde, dieselben
  
wieder zu entetwasen oder zu
  
protesiren, bis er den entschie-
  
denen Sieg hat.
  
26. Der aktive smus ist verdienst-
  
licher als der passive, wen auch
  
blos die S. 24. lit. c. ausgegebenen
  
Erfordernisse beobachtet werden.
  
Wer aber zugleich lit. a u. b. in
  
Erfüllung bringt der ist zu
  
dem hohen Charakter eines
  
Proteologen durchgedrungen.
  
  

      Sed pauci, quos aequus
  
                  amavit ―  ―
 

Das "-wasen" ist ein proteisches Wort zu "etwas" - sinngemäß daher:

be-etwasen = die leeren Räume in  Etwas umwandeln


 

ent-etwasen. = das Etwas wieder in leeren Raum umwandeln

 

 

 

 

 

 

 

lat. 'aequus' - neben dem Adj/Adv "gleich, eben, flach" oder "geneigt, wohlwollend" existiert ein Substantiv "aequi" = Freunde (nur im Plural).
Hebel hat wohl mit dem erfundenen Singular und und der Bedeutung "wohlwollend" gespielt, und einfach eine (nicht existierende) Singularform gebraucht - also:

"Aber nur wenige, welche der
Wohlwollende/Freund geliebt hat."

 

 

       

 

 

 

= Proteus

 

Proteus, der „Alte vom Meer“, ist ein früher Meeresgott der griechischen Mythologie.
Er ist auch der Gott der Verwandlung,
der Gott des Nichts, da er Seiendes
bzw. Etwas in Nichts verwandelt.
     

- / Proteus gesprochen mit 'eu'; - proteisiren gesprochen prote-isiren

- Hebel schreibt das y mit Pünktchen: ÿ (wie ä, ö, ü).

- hinter Kardinalzahlen steht oftmals ein Punkt.

- Konsonantenverdoppelungen werden mit Reduplikationsstrich, z. B. m = mm oder  n = nn geschrieben (manchmal hat Hebel den aber vergessen).

- bemerkenswert: schrieb Hebel lateinisch, verwendete er auch die Lateinische Schrift.
 

       

Transkription: © Hansjürg Baumgartner 2018

       

Ein Hinweise in eigener Sache:

Die o. a. Blätter sowie die Transkription rechts sind
 nur bei Google-Chrome- und Opera- basierten Browsern vertikal synchron.

  Obwohl sich die einzelnen Seiten vertikal in separaten Tabellenzellen befinden um den Effekt
 möglichst gering zu halten, fallen bei Mozilla-Browsern (z. B. Firefox) die Aufzählungen zu lang aus.
Offensichtlich verwenden diese für die HTML-Zeilenhöhe (trotz gleicher Schriftart und -größe) ein
 abweichendes Maß. Dies bedaure ich, kann es aber mit vertretbarem Aufwand nicht ändern.

 
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1. die "Proteische Zeitrechnung"

3. das "Verzeichnis der berühmtesten Proteologen älterer u neuerer Zeiten"

4. den "Anhang" zum Almanach des Proteus

das "Wörterbuch des Belchismus"

der Hymnus "Ekstase"

der Hymnus "Ekstase" - Version ohne Autograph"

Der Hymnus "Ekstase" - Entwurf / 1. Fassung -

Der Proteuser-Bund - die Übersicht

 

 

 

 

 

 

 

 

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