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Weltbegebenheiten   (1809)
 
Folgen des Tilsiter Friedens

In der Welt sieht es kurios aus. Gestern so, heute anders, und wer weiß was morgen kommt? Der Friede geht schwanger mit dem Krieg, der Krieg gebiert wieder den Frieden, und ist nicht immer gut dabei Gevatter zu stehn. Wohl dem, der von weitem zuschauen kann, wie es manchmal drunter und drüber geht, und muß nicht dabei sein, wenn die langen Messer dreinhauen und die großen messingenen Orgelpfeifen brummen, oder wenn die alten Königsthronen schwanken und umfallen.

Rußland ist in dem letzten Frieden zu Tilsit recht gut weggekommen, hat nichts verloren, sondern noch ein ansehnliches Stück von Polen gewonnen, setzte sich in gute Freundschaft mit seinem vorigen Kriegsfeind Napoleon, und fing Krieg an mit seinen vormaligen Bundesgenossen, dem König von England und dem König von Schweden.

Preußen, so zu gleicher Zeit Friede machte, hat noch nicht viel davon zu rühmen. Fürs erste hat es müssen hergeben, was sein Bundesgenosse und Mitstreiter der russische Kaiser in Polen gewonnen hat, und das große Herzogtum Warschau, hat außerdem verloren das Fürstentum Bayreuth in Deutschland, und alles Land herwärts des Elbstroms in Sachsen und Westfalen; muß viel bezahlen, und hat wenig; fragt niemand: wo nimmst du's? Armut und Elend nimmt immer mehr überhand. Der König konnte noch nicht wieder in seine Residenzstadt Berlin und in sein Schloß einziehen, weil die französische Generalität noch ihr Hauptquartier daselbst hat, sondern lebt still und eingezogen in Königsberg, schränkt sich ein, so sehr er kann, um seine armen Untertanen zu erleichtern, und weiß doch nicht Rat noch Hülfe zu schaffen.

Aber der schlimmste Unfall war nach dem Frieden zu Tilsit über das Königreich Dänemark verhängt. Wenn man über Frankfurt durch Deutschland fortgeht bis ans Ende, so kommt man endlich an eine Halbinsel im Meer, neben welcher rechts zwei große Inseln und mehrere kleine liegen, dies zusammen ist Dänemark; und wer aus dem großen Meere mit Schiffen nach Schweden, Rußland oder Preußen will, der muß an der königlichen Haupt- und Residenzstadt Kopenhagen, und an den dänischen Festungswerkern vorbei durch eine Meerenge.

Das Bombardement von Kopenhagen

In der ganzen gefahrvollen Zeit von 1789 an, als ein Land nach dem andern entweder in die Revolution oder in einen blutigen Krieg gezogen wurde, hatte sich das Königreich Dänemark teils durch seine Lage, teils durch die Weisheit seiner Regierung den Frieden erhalten. Sie lebte niemand zulieb und niemand zuleid, dachte nur darauf, den Wohlstand der Untertanen zu vermehren, und wurde deswegen von allen Mächten in Ehren gehalten. Als aber im Jahr 1807 der Engländer sah, daß Rußland und Preußen von ihm abgegangen sei, und mit dem Feind Frieden gemacht habe, und, daß die Franzosen in allen Häfen und festen Plätzen an der Ostsee Meister sind, und die Sache schlimm gehen kann, wenn sie auch noch sollten nach Dänemark kommen, sagte er kein Wort, sondern ließ eine Flotte auslaufen, und niemand wußte wohin. Als aber die Flotte im Sund und an der dänischen Küste und vor der königlichen Haupt- und Residenzstadt Kopenhagen stand, und alles sicher und ruhig war, so machten die Engländer Bericht nach Kopenhagen hinein: „Weil wir so gute Freunde zusammen sind, so gebt uns gutwillig bis zum Frieden eure Flotte, damit sie nicht in des Feindes Hände kommt, und die Festung. Denn es wäre uns entsetzlich leid, wenn wir euch müßten die Stadt über dem Kopf zusammenschießen." Als wenn ein Bürgersmann oder Bauer mit einem andern einen Prozeß hat, und kommt in der Nacht mit seinen Knechten einem Nachbarn vor das Bette, und sagt: „Nachbar, weil ich mit meinem Gevattermann einen Prozeß habe, so müßt Ihr mir bis Ausgangs der Sache Eure Rosse in meine Verwahrung geben, daß mein Gegenpart nicht kann darauf zu den Advokaten reiten, sonst zünd ich Euch das Haus an, und müßt mir erlauben, daß ich an der Straße mit meinen Knechten in Euer Kornfeld stehe, auf daß, wenn der Gevattermann auf seinem eigenen Roß zum Hofgericht reiten will, so verrenn ich ihm den Weg." Der Nachbar sagt: „Laßt mir mein Haus unangezündet! Was gehn mich eure Händel an?" Und so sagten die Dänen auch. Als aber der Engländer fragte: „Wollt ihr gutwillig oder nicht?" und die Dänen sagten: „Nein, wir wollen nicht gutwillig!" so stieg er mit seinen Landungstruppen ans Ufer, rückte immer näher gegen die Hauptstadt, richtete Batterien auf, führte Kanonen drein, und sagte am 2. September nach dem Frieden von Tilsit: jetzt sei die letzte Frist. Allein alle Einwohner von Kopenhagen und die ganze dänische Nation sagten: das Betragen des übermütigen Feindes sei unerhört, und es wäre eine Schande, die der Belt nicht abwaschen könnte, sich durch Drohungen schrecken zu lassen, und in seine ungerechten Forderungen einzuwilligen. Nein! Da fing das fürchterliche Gericht an, das über diese arme Stadt im Schicksal beschlossen war. Denn von abends um 7 Uhr an hörte das Schießen auf Kopenhagen, mit 72 Mörsern und schweren Kanonen, die ganze Nacht hindurch 12 Stunden lang nimmer auf; und ein Satan, namens Congreve, war dabei, der hatte ein neues Zerstörungsmittel erfunden, nämlich die sogenannten Brandraketen. Das war ungefähr eine Art von Röhren, die mit brennbaren Materien angefüllt wurden, und vorne mit einem kurzen spitzigen Pfeil versehen waren. Im Schuß entzündete sich die Materie, und, wenn nun der Pfeil an etwas hinfuhr, wo er Habung hatte, so blieb er stecken, manchmal, wo niemand zukommen konnte, und die Feuermaterie zündete an, was brennen konnte. Auch diese Brandraketen flogen die ganze Nacht in das arme Kopenhagen hinein. Kopenhagen hatte damals 4000 Häuser, 85965 Einwohner, 22 Kirchen, 4 königliche Schlösser, 22 Krankenspitäler, 30 Armenhäuser, einen reichen Handel und viele Fabriken. Da kann man denken, wie mancher schöne Dachstuhl in dieser angstvollen Nacht zerschmettert wurde, wie manches bange Mutterherz sich nicht zu helfen wußte, wie manche Wunde blutete, und wie die Stimme des Gebets und der Verzweiflung, das Sturmgeläute und der Kanonendonner durcheinanderging. Am 3. September, als der Tag kam, hörte das Schießen auf; und der Engländer fragte, ob sie noch nicht wollten gewonnen geben. Der Kommandant von Kopenhagen sagte: „Nein." Da fing das Schießen nachmittags um 4 Uhr von neuem an, und dauerte bis den 4. September mittags fort, ohne Unterlaß und ohne Barmherzigkeit. Und als der Kommandant noch nicht wollte ja sagen, fing abends das Feuer wieder an, und dauerte die ganze Nacht bis den 5. des Mittags. Da lagen mehr als 300 schöne Häuser in der Asche; ganze Kirchtürme waren eingestürzt, und noch überall wütete die Flamme. Mehr als 800 Bürger waren schon getötet und mehrere schwer verwundet. Ganz Kopenhagen sah hier einer Brandstätte, oder einem Steinhaufen, da einem Lazarett, und dort einem Schlachtfeld gleich. Als endlich der Kommandant von Kopenhagen nirgends mehr Rettung noch Hülfe, und überall nur Untergang und Verderben sah, hat er am 7. September kapituliert, und der Kronprinz hat's nicht einmal gelobt.

Das erste war, die Engländer nahmen die ganze Seeflotte von Kopenhagen in Besitz und führten sie weg; 18 Linienschiffe, 15 Fregatten und mehrere kleinere bis auf eine Fregatte, welche der König von England ehmals dem König von Dänemark zum Geschenk gemacht hatte, als sie noch Freunde waren. Diese ließen sie zurück. Der König von Dänemark schickte sie ihnen aber auch nach, und will nichts Geschenktes mehr zum Andenken haben. Im Land selbst und auf den Schiffen hausten die Engländer als böse Feinde, denn der Soldat weiß nicht, was er tut, sondern denkt: Wenn sie es nicht verdient hätten, so führte man keinen Krieg mit ihnen. Zum Glück dauerte ihr Aufenthalt nicht lange; denn sie schifften sich am 19. Oktober wieder ein, und fuhren am 21. mit der dänischen Flotte und dem Raub davon; und der Congreve ist unterwegs ertrunken, und hat Frau und Kinder nimmer gesehen. Von dem an hielten die Dänen gemeinschaftlich mit den Franzosen, und Kaiser Napoleon will nicht eher mit den Engländern Friede machen, als bis sie die Schiffe wieder zurückgegeben, und Kopenhagen bezahlt haben. Dies ist das Schicksal von Dänemark, und die Freunde der Engländer sagen: es sei nicht so schlimm gemeint gewesen. Andre aber sagen: es hätte nicht können schlimmer sein, und die Dänen meinen's auch.


Unter allen Bundesgenossen der Engländer ist der König von Schweden allein standhaft geblieben, ob er gleich an dem Betragen derselben gegen Dänemark keine Freude kann gehabt haben. Darüber hat er schon im Krieg Stralsund und Pommern verloren, und Rußland hat ihn unterdessen in seinem Land angegriffen und ihm in kurzer Zeit die ganze Provinz Finnland weggenommen, und mit den Dänen ist's auf einer andern Seite auch schon losgebrochen, also, daß jetzt Schweden in großer Gefahr und Bedrängnis ist. Aber der König bleibt unbeweglich seinem Grundsatz getreu, und sagt: er wolle lieber sterben, als nachgeben.

England selbst sitzt ruhig auf seiner Insel, sieht den Welthändeln auf dem festen Lande zu, und lacht. Denn es kann nicht angegriffen werden, weil das Meer keine Balken hat, und seinen Schiffen geht alles aus dem Weg. Deswegen fangt es der Kaiser Napoleon auf eine andere Art an. Weil Engßland durch den Handel alles bare Geld aus dem festen Land herüberfischt, und seine ganze Macht in seinem ungeheuren Reichtum besteht, so versperrt man ihm den Handel. Fast alle Seehäfen des festen Landes sind ihm verschlossen. Alle englischen Waren sind verboten, wo man sie findet werden sie weggenommen, deswegen ist der Zucker und der Kaffee so teuer, und, wenn das feste Land es aushaltet in die Länge, so muß England noch ersticken in seinem eigenen Fett.

Auch in Deutschland endlich sind durch den preußischen Krieg und durch den Tilsiter Frieden wichtige Veränderungen vorgegangen. Aus dem ehmaligen Kurfürstentum Sachsen wurde ein Königreich, und der König bekam auch noch das Herzogtum Warschau, welches der König von Preußen in Polen verloren hat. Auch aus der ehmaligen Landgrafschaft Hessen-Kassel und den preußischen Landen herwärts des Elbestroms ist ein neues Königreich Westfalen entstanden, und der König ist des Kaisers Napoleons sein Herr Bruder. Fast alle Länder, die zum ehmaligen Deutschen Reich gehörten, sind dem Rheinischen Bunde beigetreten; und der Rheinische Bund reicht jetzt von Lörrach bis ans Meer. Das sind die wichtigsten und nächsten Folgen des Friedens von Tilsit bis zum Sept. 1808.
  

 

 
    Folgen des Tilsiter Friedens / Portugal
 
In dem verwichenen Jahr sind zwei Könige von ihren Thronen herabgestiegen; der König von Portugal und der König von Spanien.

Wenn man von Basel aus durch die ganze Schweiz reist bis nach Genf, so kommt man nach Frankreich. Wenn man quer durch ganz Frankreich die Reise fortsetzt, so kommt man nach Spanien. Wenn man weiters durch ganz Spanien reist bis an das andere End, so kommt man nach Portugal. Portugal aber ist gegen Sonnenuntergang das letzte Land von Europa am Meer, und man kann von dort aus zu Fuß nimmer weiter. Portugal ist ein kleines, aber gesegnetes Land, und der König hatte noch andere reiche Besitzungen über dem Meere, zum Beispiel das große Land Brasilien in Amerika, von wannen das Brasilienholz gebracht wird zu der roten Dinte. Dieses kleine Königreich Portugal hat keinen ändern Nachbar, als das große Königreich Spanien. Wenn es also mit diesem in guter Freundschaft steht, so hat es von dem Land her keinen Feind zu fürchten. Allein der schwächere Nachbar traut dem mächtigern nicht, und, wenn Portugal mit Spa­nien in Unfrieden kam, so hatte es auch nirgends her Hülfe zu erwarten, als vom Meer. Deswegen hielt Portugal von jeher und bis auf die letzte Zeit gute Freundschaft mit England, erstlich weil England und Spanien nie die besten Freunde miteinander sind, zweitens weil England das mächtigste Volk ist auf dem Wasser. Da aber der Kaiser Napoleon den großen Plan entworfen hatte, alle Mächte des festen Landes von den Engländern abwendig zu machen, und ihren Schiffen und Waren alle Seehäfen zu verschließen, und kurz, es sollte kein Mensch mehr etwas mit ihnen zu schaffen haben, wie wenn sie alle die Räude hätten, so verlangte er, die Portugiesen sollten auch mithalten, und als die Regierung nicht wollte, so schickte er eine Armee, unter dem Befehl des Generals Junot, durch Spanien nach Portugal. Der sollte der Regierung sagen, wie sie sich zu verhalten habe, und die Seehäfen besetzen, und den Spaniern war es soweit recht. Das ist der nämliche General Junot, der vor wenig Jahren eine Schlacht bei Nazareth im Gelobten Land kommandierte. Denn ein französischer General kommt heutzutag weit in der Welt herum. Da nun England seinen Bundsgenossen in der Not sah, so kam es ihm mit seinen Schiffen zum Beistand; aber wie? Zur Flucht. Denn die königliche Familie wollte den Ausgang der Sache nicht abwarten, sondern verließ ihre Residenzstadt Lissabon, ihr bisheriges Land und Europa, und schiffte sich nach Brasilien ein. Also kam der französische General Junot, und nahm dieses Königreich im Namen des Kaisers Napoleon in Besitz und in Verwaltung. Dies ist das Schicksal von Portugal bis zum September 1808.

Spanien

Anders ging es in Spanien selber zu. Dies ist das Land, aus welchem sich unsere spanischen Schafe her datieren, und wie warm und fruchtbar dort das Erdreich sein muß, ist daraus zu erkennen, daß im schlechtesten Boden, wo wegen Wassermangel sonst nichts gedeihen will, ganze Stunden weit der Rosmarin und Lavendel wild wächst, und wenn den jungen Eselein das Futter nicht schmecken will, so gibt man ihnen Feigen oder Pomeranzen, freilich nicht die besten. Ein solches Land verdient von braven und glücklichen Leuten bewohnt zu werden. Allein der Prinz von Asturien, das ist der älteste Sohn des Königs, muß in seiner Kindheit einmal neben die Schule gegangen sein, als das vierte Gebot zergliedert wurde. Denn schon vor einiger Zeit stiftete er eine Verschwörung gegen seinen Vater und gegen den Freund und Minister seines Vaters, den Friedensfürsten, und wollte sich des Throns bemächtigen. Das Vorhaben wurde noch zu rechter Zeit entdeckt. Der Prinz gestand, nannte die Mitschuldigen, und erhielt von seinem Vater Verzeihung. Seit dieser Zeit aber herrschte in Spanien keine rechte Sicherheit und Ruhe mehr, französische Kriegsvölker unter den Befehlen des Großherzogs von Berg rückten in das Land, und der Prinz von Asturien, nicht gewarnt durch die Erfahrung, ließ sich von Leuten, die es weder mit ihm noch mit seinem Herrn Vater können gut gemeint haben, zum zweitenmal zu einer Verschwörung gegen den König locken.

Diesmal ging die Sache weiter. Es kam zu einem völligen Aufruhr. Die königliche Leibwache und viel Volk schlug sich zu dem Prinzen. Der Friedensfürst wurde beschuldigt, er sei ein Verräter des Vaterlandes. Er wurde gefangengesetzt, mußte viel Mißhandlungen ausstehen, und stündlich einen gewaltsamen Tod erwarten. Sein Vermögen wurde eingezogen, sein Palast ausgeplündert, und alles zerschlagen. Um größeres Unglück zu verhüten und seine eigene Person zu retten, übergab der König die Krone seinem Sohn, und mußte sagen, daß er sie freiwillig niederlege und wegen seiner Gesundheit sich in ein stilles Leben und in eine wärmere Gegend zurückziehen wolle. Darauf wurde sein Sohn zum König erklärt. Allein so etwas kann keine lange Dauer haben und führt zu keinem guten Ende. Der französische Kaiser machte damals eine Reise in seinem Reich, und kam bis Bayonne, nahe an der spanischen Grenze. In dieser Stadt sollen vor Zeiten die ersten Bajonette gemacht worden sein, und daher haben sie ihren Namen. Als aber der alte König hörte, daß Napoleon in der Nähe sei, kam er selber nach Bayonne, begab sich in des Kaisers Schutz, sagte, er sei gezwungen worden, und protestiere gegen alles. Da machte sich der Prinz von Asturien auf den nämlichen Weg, und sagte, er sei in der festen Meinung gewesen, sein Herr Vater habe die Krone freiwillig niedergelegt, sonst hätte er sie nicht angenommen, und er gebe sie hiemit zurück. Allein damit war die Sache nicht abgetan. Denn eine verkehrte Tat ist geschwinder begangen, als wieder gutgemacht. In Spanien, und besonders in Madrid, gab es unruhige Bewegungen. Ein Teil wollte sich dem alten König nimmer unterwerfen, so wollte der andere den Prinzen nicht anerkennen, und die französischen Truppen waren in der Stadt und rings umher, und eine Partie machte gegen die andere kuriose Gesichter. Auf einmal bricht in Madrid ein neuer Aufruhr aus (der Bericht darüber lautet vom 2. Mai 1808). Ganze Straßen und Marktplätze füllten sich mit mehr als 20 000 Menschen, die nichts Gutes verkündeten. Mehrere französische Militärpersonen werden angegriffen, der Großherzog von Berg läßt den Generalmarsch schlagen. Man schießt zuerst mit kleinem Gewehr, dann aus Kanonen unter die wilden Haufen. Sie zerstreuen sich, andere fliehen in die Häuser und schießen aus den Fenstern. Man bricht die Türen ein, und haut zusammen, was mit Gewehr sich blicken läßt. Unterdessen bemächtigen sich die Empörer des Zeughauses und wollen 28 Kanonen und
10 000 Flinten zu ihrer Bewaffnung holen. Ein französischer General kommt ihnen über den Hals, und wer im Zeughaus angetroffen wird, muß sterben. Mehrere Tausend Bauern waren von den Dörfern zum Tumult beordert worden. Allein in solche Ernten muß man keine Sicheln tragen. Als sie sahen, die Sache gehe schief, wollten sie wieder fliehen. Allein die Kavallerie paßte auf sie an den Toren, viele wurden zerhauen, und was man mit den Waffen in der Hand gefangen bekam, wurde erschossen. Nach dem Bericht kamen in diesem Aufruhr mehrere 1000 Spanier ums Leben. Die Franzosen hatten 25 Tote, und gegen 50 Verwundete. Als die Nachricht nach Bayonne kam, war bei der königlichen Familie die Betrübnis groß. Der König und der Kronprinz mußten sich endlich durch die Erfahrung überzeugen, es sei der zerrütteten spanischen Monarchie nimmer anders zu helfen, als der Kaiser Napoleon nehme sich ihrer an. Der Kaiser war's zufrieden. Also legten der König und der Prinz die spanische Krone vor Napoleon nieder, entsagten allen ihren Rechten und Ansprüchen darauf. Der Großherzog von Berg wurde General-Lieutenant von ganz Spanien, und nach Bayonne hat der Kaiser eine Versammlung von 150 Rittern, Geistlichen und Bürgern aus Spanien beordert, um mit ihnen über das Wohl und die neue Einrichtung von Spanien das Nötige in Richtigkeit zu bringen. In dieser Versammlung wurde nun die neue Verfassung des Königreichs zustande gebracht, und der bisherige König von Neapel zum Regenten dieses Landes erklärt. Dem alten König aber und seiner Familie wurden in Frankreich anständige Paläste und Güter angewiesen, wo sie in vergnüglicher Ruhe ihr Leben zubringen können. So ging es in Spanien zu, bis zu Ende des Augusts 1808.
   
 
 



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[In der „Schatzkästlein"-Fassung wurde der Abschnitt
„Das Bombardement von Kopenhagen" als eigenständige Geschichte ausgegliedert]

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[ Fortsetzung in: Zustand von Europa im August 1810 ]
 




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