Weltbegebenheiten
(1809) |
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Folgen des Tilsiter
Friedens /
Portugal In dem verwichenen Jahr sind zwei Könige von ihren Thronen herabgestiegen; der König von Portugal und der König von Spanien. Wenn man von Basel aus durch die ganze Schweiz reist bis nach Genf, so kommt man nach Frankreich. Wenn man quer durch ganz Frankreich die Reise fortsetzt, so kommt man nach Spanien. Wenn man weiters durch ganz Spanien reist bis an das andere End, so kommt man nach Portugal. Portugal aber ist gegen Sonnenuntergang das letzte Land von Europa am Meer, und man kann von dort aus zu Fuß nimmer weiter. Portugal ist ein kleines, aber gesegnetes Land, und der König hatte noch andere reiche Besitzungen über dem Meere, zum Beispiel das große Land Brasilien in Amerika, von wannen das Brasilienholz gebracht wird zu der roten Dinte. Dieses kleine Königreich Portugal hat keinen ändern Nachbar, als das große Königreich Spanien. Wenn es also mit diesem in guter Freundschaft steht, so hat es von dem Land her keinen Feind zu fürchten. Allein der schwächere Nachbar traut dem mächtigern nicht, und, wenn Portugal mit Spanien in Unfrieden kam, so hatte es auch nirgends her Hülfe zu erwarten, als vom Meer. Deswegen hielt Portugal von jeher und bis auf die letzte Zeit gute Freundschaft mit England, erstlich weil England und Spanien nie die besten Freunde miteinander sind, zweitens weil England das mächtigste Volk ist auf dem Wasser. Da aber der Kaiser Napoleon den großen Plan entworfen hatte, alle Mächte des festen Landes von den Engländern abwendig zu machen, und ihren Schiffen und Waren alle Seehäfen zu verschließen, und kurz, es sollte kein Mensch mehr etwas mit ihnen zu schaffen haben, wie wenn sie alle die Räude hätten, so verlangte er, die Portugiesen sollten auch mithalten, und als die Regierung nicht wollte, so schickte er eine Armee, unter dem Befehl des Generals Junot, durch Spanien nach Portugal. Der sollte der Regierung sagen, wie sie sich zu verhalten habe, und die Seehäfen besetzen, und den Spaniern war es soweit recht. Das ist der nämliche General Junot, der vor wenig Jahren eine Schlacht bei Nazareth im Gelobten Land kommandierte. Denn ein französischer General kommt heutzutag weit in der Welt herum. Da nun England seinen Bundsgenossen in der Not sah, so kam es ihm mit seinen Schiffen zum Beistand; aber wie? Zur Flucht. Denn die königliche Familie wollte den Ausgang der Sache nicht abwarten, sondern verließ ihre Residenzstadt Lissabon, ihr bisheriges Land und Europa, und schiffte sich nach Brasilien ein. Also kam der französische General Junot, und nahm dieses Königreich im Namen des Kaisers Napoleon in Besitz und in Verwaltung. Dies ist das Schicksal von Portugal bis zum September 1808. Spanien Anders ging es in Spanien selber zu. Dies ist das Land, aus welchem sich unsere spanischen Schafe her datieren, und wie warm und fruchtbar dort das Erdreich sein muß, ist daraus zu erkennen, daß im schlechtesten Boden, wo wegen Wassermangel sonst nichts gedeihen will, ganze Stunden weit der Rosmarin und Lavendel wild wächst, und wenn den jungen Eselein das Futter nicht schmecken will, so gibt man ihnen Feigen oder Pomeranzen, freilich nicht die besten. Ein solches Land verdient von braven und glücklichen Leuten bewohnt zu werden. Allein der Prinz von Asturien, das ist der älteste Sohn des Königs, muß in seiner Kindheit einmal neben die Schule gegangen sein, als das vierte Gebot zergliedert wurde. Denn schon vor einiger Zeit stiftete er eine Verschwörung gegen seinen Vater und gegen den Freund und Minister seines Vaters, den Friedensfürsten, und wollte sich des Throns bemächtigen. Das Vorhaben wurde noch zu rechter Zeit entdeckt. Der Prinz gestand, nannte die Mitschuldigen, und erhielt von seinem Vater Verzeihung. Seit dieser Zeit aber herrschte in Spanien keine rechte Sicherheit und Ruhe mehr, französische Kriegsvölker unter den Befehlen des Großherzogs von Berg rückten in das Land, und der Prinz von Asturien, nicht gewarnt durch die Erfahrung, ließ sich von Leuten, die es weder mit ihm noch mit seinem Herrn Vater können gut gemeint haben, zum zweitenmal zu einer Verschwörung gegen den König locken. Diesmal ging die Sache weiter. Es kam zu einem völligen Aufruhr. Die königliche Leibwache und viel Volk schlug sich zu dem Prinzen. Der Friedensfürst wurde beschuldigt, er sei ein Verräter des Vaterlandes. Er wurde gefangengesetzt, mußte viel Mißhandlungen ausstehen, und stündlich einen gewaltsamen Tod erwarten. Sein Vermögen wurde eingezogen, sein Palast ausgeplündert, und alles zerschlagen. Um größeres Unglück zu verhüten und seine eigene Person zu retten, übergab der König die Krone seinem Sohn, und mußte sagen, daß er sie freiwillig niederlege und wegen seiner Gesundheit sich in ein stilles Leben und in eine wärmere Gegend zurückziehen wolle. Darauf wurde sein Sohn zum König erklärt. Allein so etwas kann keine lange Dauer haben und führt zu keinem guten Ende. Der französische Kaiser machte damals eine Reise in seinem Reich, und kam bis Bayonne, nahe an der spanischen Grenze. In dieser Stadt sollen vor Zeiten die ersten Bajonette gemacht worden sein, und daher haben sie ihren Namen. Als aber der alte König hörte, daß Napoleon in der Nähe sei, kam er selber nach Bayonne, begab sich in des Kaisers Schutz, sagte, er sei gezwungen worden, und protestiere gegen alles. Da machte sich der Prinz von Asturien auf den nämlichen Weg, und sagte, er sei in der festen Meinung gewesen, sein Herr Vater habe die Krone freiwillig niedergelegt, sonst hätte er sie nicht angenommen, und er gebe sie hiemit zurück. Allein damit war die Sache nicht abgetan. Denn eine verkehrte Tat ist geschwinder begangen, als wieder gutgemacht. In Spanien, und besonders in Madrid, gab es unruhige Bewegungen. Ein Teil wollte sich dem alten König nimmer unterwerfen, so wollte der andere den Prinzen nicht anerkennen, und die französischen Truppen waren in der Stadt und rings umher, und eine Partie machte gegen die andere kuriose Gesichter. Auf einmal bricht in Madrid ein neuer Aufruhr aus (der Bericht darüber lautet vom 2. Mai 1808). Ganze Straßen und Marktplätze füllten sich mit mehr als 20 000 Menschen, die nichts Gutes verkündeten. Mehrere französische Militärpersonen werden angegriffen, der Großherzog von Berg läßt den Generalmarsch schlagen. Man schießt zuerst mit kleinem Gewehr, dann aus Kanonen unter die wilden Haufen. Sie zerstreuen sich, andere fliehen in die Häuser und schießen aus den Fenstern. Man bricht die Türen ein, und haut zusammen, was mit Gewehr sich blicken läßt. Unterdessen bemächtigen sich die Empörer des Zeughauses und wollen 28 Kanonen und 10 000 Flinten zu ihrer Bewaffnung holen. Ein französischer General kommt ihnen über den Hals, und wer im Zeughaus angetroffen wird, muß sterben. Mehrere Tausend Bauern waren von den Dörfern zum Tumult beordert worden. Allein in solche Ernten muß man keine Sicheln tragen. Als sie sahen, die Sache gehe schief, wollten sie wieder fliehen. Allein die Kavallerie paßte auf sie an den Toren, viele wurden zerhauen, und was man mit den Waffen in der Hand gefangen bekam, wurde erschossen. Nach dem Bericht kamen in diesem Aufruhr mehrere 1000 Spanier ums Leben. Die Franzosen hatten 25 Tote, und gegen 50 Verwundete. Als die Nachricht nach Bayonne kam, war bei der königlichen Familie die Betrübnis groß. Der König und der Kronprinz mußten sich endlich durch die Erfahrung überzeugen, es sei der zerrütteten spanischen Monarchie nimmer anders zu helfen, als der Kaiser Napoleon nehme sich ihrer an. Der Kaiser war's zufrieden. Also legten der König und der Prinz die spanische Krone vor Napoleon nieder, entsagten allen ihren Rechten und Ansprüchen darauf. Der Großherzog von Berg wurde General-Lieutenant von ganz Spanien, und nach Bayonne hat der Kaiser eine Versammlung von 150 Rittern, Geistlichen und Bürgern aus Spanien beordert, um mit ihnen über das Wohl und die neue Einrichtung von Spanien das Nötige in Richtigkeit zu bringen. In dieser Versammlung wurde nun die neue Verfassung des Königreichs zustande gebracht, und der bisherige König von Neapel zum Regenten dieses Landes erklärt. Dem alten König aber und seiner Familie wurden in Frankreich anständige Paläste und Güter angewiesen, wo sie in vergnüglicher Ruhe ihr Leben zubringen können. So ging es in Spanien zu, bis zu Ende des Augusts 1808. |
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[ Fortsetzung in:
Zustand von
Europa im August 1810 ]
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