Zustand von Europa im August 1810
(1811)
Östreich ruht jetzt im Frieden aus von den Wunden
des letzten schrecklichen Kriegs, der vom Rhein bis nach Wien und von
Italien bis ins Ungarland hinein gewütet hatte. Eine Tochter des
östreichischen Kaisers Franz ist jetzt die Gemahlin des Kaisers Napoleon
und frisch von den blutigen Schlachten weg, erfolgte eine lange Reihe
von Feier- und Freudentagen von Wien bis nach Paris, und vom März bis an
den Julius.
Aber am letzten Freudentag in Paris geriet der Tanzsaal, in
welchem mehr als 1200 Menschen beisammen waren, plötzlich in Brand, und
viele Menschen verunglückten. In Spanien und Portugal dauert der böse
Krieg mit den Rebellen und Engländern bis jetzt noch fort, und England
ist noch immer mit Wasser umgeben. Dafür sind alle Seehäfen des festen
Landes seinen Schiffen verschlossen, und englische Ware ist Contreband, wo der Franzos sie findet. Der römische Papst lebt in der Stille, seine
Fürstentümer gehören jetzt zur französischen Monarchie, und Rom ist die
zweite Stadt des Reichs. Im Königreich Neapel stehen die Neapolitaner
und Franzosen, und jenseits über der Meerenge in Sizilien die Engländer
in feindlicher Rüstung. Aber bis in die Mitte des Augusts hat man nicht
gehört, daß etwas vorgefallen sei. Während der furchtbaren Kriegsstürme
um und um, stand die Schweizer Eidgenossenschaft ruhig und fest, wie
ihre Berge, und es ist ihr kein Verdruß, daß man nicht viel von ihr zu
erzählen hat. In Deutschland ist unter anderm das neue Großherzogtum
Frankfurt aufgerichtet worden. Der ehemalige Fürst Primas ist
Großherzog. Aber nach seinem Tod soll's erben der Vizekönig von Italien.
Mit ein paar andern Veränderungen war's noch nicht im reinen. Der König
von Holland legte seine Krone freiwillig für seinen Sohn nieder. Aber
der Kaiser Napoleon sagte, nein, sondern vereinigte das Königreich
Holland auch mit der französischen Monarchie, und Amsterdam ist jetzt
die dritte Stadt des Reichs. Von Dänemark weiß man auch nicht viel zu
sagen, aber in Schweden ist der neue Kronprinz plötzlich des Todes
verblichen, und man will nicht recht mit der Sprache heraus, an was.
Aber als sein Leichnam nach Stockholm gebracht wurde, entstand
unversehens ein Aufruhr, und der schwedische Graf Fersen wurde zu Tod
gesteinigt. Die Russen endlich und die Türken führten bisher miteinander
Krieg, auf daß die Händel nicht ausgehen. Doch sollen die Russen nicht
aus allen Schlachten Lorbeere heimgebracht haben. Nein, der Türke wehrt
sich um seine Haut, und die Engländer sind auch hier in dem Spiel.
So
standen die Sachen im August des Jahres 1810, als der letzte Bogen
dieses Kalenders gedruckt wurde. Wie es übers Jahr um diese Zeit
aussehen wird, will der Hausfreund für sich behalten, damit die Leute
das Vergnügen haben es selber zu erleben. Sonst könnt er's so gut
voraussagen, als das Wetter. |