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E verhexte Burst   
(Das Hexlein)

Autograph aus dem Nachlass von F. W. Hitzig mit Transkription
 

 

   



E verhexte Burst


     
     
Und wo ni uffem Schniid-Stuehl siz
     
für Baßeltang, u Liechtspö schnitz,

So chunt die Hex im gele Hueth

Und frogt mi fre
ÿ: "Haut's Meßer guet?

     
Und seit mer frei no guete Tag!

Und wo ni lueg u wo ni sag:
     
's chönt beßer s
ÿ, u große dank,

So wird mer 's Herz uf eimol chrank.


Und uf, u. furt enanderno
     
Und wo ni lueg, ischs nü
me do,
     
Und wo ni rüef: Du Hexli, he!
     
So gits mer scho ke Antwort me.


Und sider schmekt mer 's Eße nit
     
Stell u
me was de hesch u witt,
     
Und we
n en anders schlofe cha
     
So höri alli Stunde schla.
   
     
Und was i schaff des grothet nit
     
Und alli Schritt u alli Tritt,
     
So chunt mer ebe das Hexli für

Und was i schwäz isch z' hinterfür.

   

 
S'isch wohr es hett e Gsichtli gha

's verlueget si en Engel dra
     
Und 's seit mit some freie Mueth
     
So lieb u süß: Haut's Meßer gut?
   

Und leider ha nis ghört u gse
     
Und sellemol u nüme meh
     
Dort ischs an Hag u Hurst verbe
ÿ,
     
Und wiiters über Stok u Stei.


Wer spöchtet mer mi Hexli us?

Wer zeigt mer siner Muter Huus?

I lauf no was i lauffe cha,
     
Wer weiß, se trif is doch no a.


I lauf no alli dörfer us
     
I such u frog vo Huus zu Huus,
     
Und wird mer nit mi Hexli chund

So wird i ebe nüme g'sund.

   

 

Diese Version des Gedichts "Das Hexlein" findet sich im Nachlaß
von Hebels bestem und lebenslangen Freund Friedrich Wilhelm Hitzig.

Eine zeitliche Einordnung ist leider nicht möglich, aber es ist anzunehmen, dass dies eine "Vorab-Version"
 darstellt, die er Hitzig vor der Veröffentlichung der Erstauflage 1803 zukommen ließ.

 Bemerkenswert ist insbesondere, dass Hebel hier die lautgetreueste Adaption des Alemannischen gelingt,
das im vorderen und mittleren Wiesental - von Lörrach bis Hausen - gesprochen wird.

Diese Lauttreue wird erzielt insbesondere durch die Verwendung von
 -  'ii' statt 'ie' (Schniid-, wiiters);
 -  'ue' [gesprochen u-e, nicht ü] (Stuehl, Mueth, guete, lueg)
 -  'ß' statt 'ss' (Baßeltang [hier besonders passend, da das 'a' wie 'aa' gesprochen wird], Meßer, beßer, Eße)
- das Weglassen einzelner Endbuchstaben - 'Liechtspö' statt '-spöhn'; 'ke' statt 'kei'
-  andererseits verwendet er durchgehend 'und', da im Wiesental das 'd' nicht gänzlich abgeschliffen war,
er schreibt zwar, wie in nahezu allen handschriftlichen Texten, innerhalb der Verse ū = kleines 'u' mit Makron
 (wobei er üblicherweise einen Punkt anfügt, der hier fast immer fehlt), aber gemeint ist natürlich das 'und'
wie an den Satzanfängen
- Dazu gehört ebenfalls die Trennung von 'wo ni' statt 'woni und 'ha nis' statt 'hanis',
die jeweils durch die kurze Pause den Vokal hervorhebt.

Bei den gedruckten Fassungen der Al. Gedichte glich Hebel dann die Schreibung einerseits
stärker an die schriftsprachlichen Formen an (z. Bsp. durch Streichen des 'e' in der 'ue'-Kombination,
andererseits wiederum betonte er die gängigen mundartlichen Formen durch z. Bsp. Weglassen des
End-'d' ('un' statt 'und').

 

Ein Vergleich der Hitzig-Version mit der Fassung der 1.-Auflage

 

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