Ein Vergleich der Erstauflage von 1803
mit der von Hebel geänderten Version ab der 3. Auflage 1806

 
  zurück zur
Gedicht-
übersicht

1803 erschien die Erstauflage der Alemannischen Gedichte, sie wurden in der 2. Auflage 1804 unverändert gedruckt.
1806 erschien die von Hebel korrigierte und veränderte 3. Auflage, die wiederum der 4. und den folgenden Auflagen als Druckvorlage diente.
(Siehe auch die Vorworte Hebels zu den einzelnen Auflagen, insbesondere zur 4.)

Das Internet bietet nun die einmalige Gelegenheit, die Unterschiede der beiden Versionen in einer "Paralleldarstellung"
schnell und übersichtlich deutlich zu machen.
 
    1. + 2.  Auflage,  1803 + 1804

 

Der Carfunkel

Wo der Aetti    Tuback schnätzlet, se lueget en d'Marei
fründlig und bittwis a: „Verze lis näumis, o Aetti,
weisch so wieder, wie necht, wo's Chüngi her welle vertschlofe!"
Drüber rucke 's Chüngi, unds Anne Bäbi und d'Marei
mit de Chunklen ans Licht, und spanne d' Saiten, und striche
mittem Schwärtli 's Rad, und zupfen enander am Ermel.
Und der Jobbi nimmt e Hampfle Liechtspöhn, und setzt si
nebene Liechtstock hi, und seit: „Für das willi sorge." 
Aber der Hans Jerg lit e lange Weg überen Ofe,
lueget aben und denkt: „Do obe höri's am beste, 
und bi niemes im Weg." Druf, wo der Aetti si Tuback
gschnitte het, und 's Pfifli gfüllt, se chunnt er an Liechtspoh ,
und hebt 's Pfifli   unter, und trinkt in gierige Züge,
bis es brennt, druf drukt er 's Füür mit de Fingeren abe,
und macht 's Deckeli zu. „Se willi denn näumis verzehle,"
seit er, und sizt nieder, „doch müender ordeli still sy,
aß i nit verstuun, ebs us isch; und du dört obe,
pack di vom Ofen abe! Hesch wieder niene ke Platz g'wüßt?
Ischs der z'wohl, und g'lust's di wieder no nem Carfunkel?

Numme ken, wie sell ein gsi isch, woni im Sinn ha:
's isch e Plätzli näume , 's goht weder Ege no Pflug druf,
Hurst an Hurst scho hundert Johr und giftigi Chrüter,
's singt kei Trostle drinn, ke  Summervögeli bsuecht sie,
breiti Dosche hüete dört e zeichnete Chörper.
's wär ke ungschickt Bürschli gsi, sel seit me, doch het er
zitli 's Wirthshus g'liebt, und über Bibel und Gsangbuch
sin em d'Charte gsi am Samstig z'Nacht und am Sunntig.
Flueche het er chönne, ne Hex im rueßige Chemi
hätt sie bsegnet und bettet, und d'Sternen am Himmel hen zittert.
's het e mol im grüene Rock e borstige Jäger
zug'luegt, wie sie spiele. Mit unerhörte Flüeche
het der Michel Stich um Stich und Büeßli verlohre.
Du vertlaufsch mer nit!" seit für si selber der Grünrock;
d'Wirthene hets    ghört, und denkt: „Was gilts, 's isch e Werber!"
's isch ke Werber gsi, der werdets besser erfahre,
wenn der Michel g'wibet het, und 's Güetli verlumpet.
Was het 's Stroßwirths Tochter denkt? Sie het em us Liebi
Hand und Jowort ge, doch nit us Liebi zum Michel, 
nei  zu Vater und Muetter, es isch ihr Willen und Wunsch gsi.
Sellen Oben ischs in schwere Gidanke vertschlofe,
selli Mittnacht hets e schwere bidütseme Traum gha.
's isch em gsi, es chömm vo Staufe füren an d'Landstroß; 
an der Landstroß goht e Chapeziner und bettet.
Schenket mer au ne Helgli, Her Pater, wen der so gut sy!
Bini nit   Bruut? 's cha sy, 's het gueti Bidütig."
Landsem schüttlet si Chopf der Pater, und unter der Chutte
lengt er e Hampfle    Helge. Do zieh der selber ein use!"
Seits, und wo nes zieht, se lengt's in schmutzigi Charte.
Hesch echt 's Eckstei-Aß? 's bidütet e rothe Carfunkel;
s isch ke gute Schick!" - Jo weger", seit es, das hani."
Wieder seit der Pater: „Weisch was, o Brütli, zieh' anderst!
Hesch echt siebe Chrütz?" - Jo weger", seit es und süfzget. -
Tröst di Gott, zieh anderst, 's cha sy die dritti isch besser!
Hesch e blutig Herz? Jo weger!" seits und lot's falle. -
Jez zieh no ne mol, 's cha sy, di Heilige chunnt no!"
Ischs der Schuflebueb?" - I weiß nit, bschauet en selber!"
Jo de hesch en! Tröst di Gott! Er schuflet di abe."
So het's im Kätterli traumt, und so hets selle mol gschlofe.
Stroßwirths Tochter, was hesch denkt, und hesch mer en doch g'no?
Jo, es het io müeßen und gseit:
Ins Here Gotts Name!
No de siebe Chrützen und hinterem blutige Herze
chunnt mi Heilige, wills der Her, und schuflet mi abe."

Z'erst hätt's möge go. Wohl mengmol het zwor der Michel
wieder gspielt und trunken, und gfluecht, und 's Kätterli ploget.
Mengmol isch er in si gange, wenn 's en mit Thräne
bittet het, und bette. Ne mol se seit er:
Jez willi
mit dee akkordieren, und d'Charte willi verflueche:
Soll mit der T..... hole, so bald i eini me a rühr!
Aber ins Wirthshus gangi, und 's Wirthshus chani nit mide.
Grums und hül, so lang de witt, ich cha der nit helfe!"
Het er 's Erst nit gehalte, sen isch er im Andere treu gsi.
Woner ins Wirthshus chunnt, se sitzt mi borstige Grünrock
hinterm Tisch, selb dritt, und müschlet d'Charten, und rüeft em:
Bisch   e Cammerad, se chumm, se wemmer eis mache!"
Ich nit," seit der Michel, Bas Margreth, leng mer e Schöpli!"
Du nit?" seit der Grün, Chumm numme, bis de di Schoppe
trunke hesch, und 's goht um nüt, 's isch ebe für Churzwil!"
He", denkt bynem selber der Michel, wenn es um nüt goht,
sel isch io nit g'spielt," und setzt si richtig zum Grünrock.
's chunnt e Chnab ans Fenster mit lockiger Stirnen, und rüeft em:
Meister Michel, uffe Wort! Der Stroßewirth schickt mi."
Schik en wieder," seit er, ich weiß scho, was er würd welle.
Wer spielt us? und was isch Trumpf? und gstoche das Eckstei!"
Druf und druf! Z'letzt seit der Grünrock:
Los, de spielsch glückli!
Wemmer umme Chrützer mache?" - Sell isch iez eithue,"
denkt der Michel,
„Gspielt isch gspielt, und Mintwege!" seit er.
Chömmet," rüeft der Chnab, und pöpperlet wieder am Fenster,
Nummen uf en einzig Wörtli!" - Loß mi ung'heit iez!
Chrütz im Baum, und Schufle no! Und no ne mol Schufle!"
Und so gohts vom Chrützer bis endli uffe Dublone.

Wo sie ufstöhn, seit der Grünrock:
Michel, i cha di
iez nit zahle! Nimm mi Ring, 's cha sy er isch mehr werth!"
                
                
's dritmol chlopfts am Fenster:
O Michel, chömmet, wil's Zit isch!"
Loß en schwetze, seit der Grünrock, wenn er nit goh will!
Nimm du do mi Fingerring, und wenn de ke Chrützer
Geld deheim, und niene hesch, es cha der nit fehle.
Wenn der Ring am Finger steckt, und wenn de in Sack lengsch
alli Tag emol, se hesch e bairische Thaler.
Nummen an kem Fyrtig, sel wotti der    selber nit rothe.
Chasch mi witers bruche, so rüef mer nummen! I hör di.
Heißi nit Vizli Buzli, und hani d'Ohre nit bymer?

Sieder briegget d'Frau deheim im einseme Stübli,
und list in der Bibel und im verrißene Bettbuch, 
und der Michel chunnt und schändet:
Findi di wieder 
an dim ewige Betten und dunderschießige Hüle?
Lueg do, was i gunne ha, ne rothe Charfunkel!" 
's Kätterli verschrickt:
O Jesis," seit es, was siehni!
s' isch ke guete Schick!" - und sinkt dernieder in Ohmacht.
Wärsch doch nümme verwacht, wie menge bittere Chummer
hättsch verschlofen, armi Frau, wo diner no wartet!

Jez wirds tägli schlimmer. Uf alle Merte flankiert er,
goht uf iedi Chülbi, und wo me ne Wirthshus bitrittet,
z'nacht um Zwölfi, Vormittag und z'oben um Vieri,
sitzt der Michel do, und müschlet trüglichi Charte.
's Chind verwildert, 's Güetli schwindet, Acker um Acker
chunnt an Stab und d'Frau vergoht in bittere Thräne.
Goht er öbbe heim, gits schnödi Reden und Antwort.
Chunnsch du Lump?" Und so und so. — Mit trunkene Lippe
fluecht der Michel, schlacht si Frau. Jez muß er zum Pfarrer,
iez vor Oberamt, und mittem Haschierer im Thurn zu.
Goht er schlimm, se chunnt er ärger, wennem der Vizli
Buzli wieder d'Ohre striicht, und Gallen ins Blut mischt.

So währts siebe Johr. Emol se bringt en der Buzli
wieder usem Thurn, und
Allo göhn mer ins Wirthshus,
eb de heim chunnsch mit de Streiche, wo sie der ge hen!
Was der d'Frau zum Willkumm präglet, wird di nit brenne.
Los, de duursch mi, wenn i dra denk, 's möcht ein versprenge,
wie's der goht, und wie der d'Frau di Lebe verbittret.
So ne Ma, wie du, wo 's Tags si Thaler verthue cha,
glückli bisch im Spiele; doch no nem leidige Sprüchwort,
mittem Wibe hesch's nit troffe, chani der sage.
Wärsch ellei, wie hättsch's so gut, und lebtisch so rüeihig!
's pin'get di, me sieht ders a, und d'Odere schwelle.
Trink e Schlückli Brentewi, er chüeltder    di Jast ab!" 

Aber d'Frau deheim, mit z'semegschlagene Hände 
sizt sie uffem Bank, und luegt dur Thränen an Himmel,  
Siebe Johr und siebe Chrütz!" so schluchzget sie endli,
's wird mer redli wohr, und Gott im Himmel wells ende!"
Seits und nimmt e Buch und betet   Todesgidanke.
Drüber schnellt der Michel d'Thür uf, und fürchterli schnauzt er:
Hülsch au wieder? Du heschs nöthig, falschi Canali!
Sur-Chrut choch mer!" 's Kätterli seit: 's isch niene ke Füür meh."
Sur-Chrut willi! Lueg, ich dreih der 's Messer im Lib um." -
Lieber hüt, as morn. De bringsch mi untere Bode
ei Weg wie der ander, und 's Bübli hesch mer scho g'mordet." -
Di soll der Dunder unds Wetter in Erds-Boden abe verschlage!"
seit's und zu kt, und sinnlos trümmlet 's Kätterli nieder:
O mi bluetig Herz," so stöhnts no lisli im Falle,
Chumm, o Schuflebueb, do hesch mi, schufle mi abe!"
Jez der Michel furt, vom schnelle Schrecken ergriffe,
lauft ins Feld, der Bode schwankt, und 's raßlet im Nußbaum.
Vizli Buzli roth mer du!" So rüeft er. Der Buzli,
hinterem Nußbaum stoht er, und chunnt, und frogt en:
Was fehlt der?"
D' Käth'ri hani verstoche, iez roth mer, was i soll mache!" -
Isch das alles?" seit der Buzli. Weger de chasch ein
doch verschrecken, aß me meint, was Wunder passiert seig!
Närsch, iez chasch im Land nit bleibe, 's möcht e Verdruß ge.
Isch nit dört der Rhi? Und chumm, ich will di bigleite,
's stoht e Schiff am Gstad!" - Jez stige sie ehnen im Sunggäu
frisch ans Land, und quer dur's Feld. Im einseme Wirthshus
brennt e Liecht.
Mer wen doch luege, wer no do in isch,"
seit der Grün,
wer weiß, do chasch der d' Grille vertribe!"

Aber im Wirthshus sitze no spoti nächtligi Gselle,
und 's goht vornen a mit Banketieren und Spiele.
Chrütz isch Trumpf! Und no ne mol! Und chönnetder die do?
Gstoche die! und no ne Trumpf! Und - gstoche das Herzli!"
's warnet scho uf Zwölfi. O will mit lockiger Stirne
iez ke Chnab erschine? Nei weger! Michel, es endet!
O, wie spielsch so fölli ungschickt? G'stoche das Herzli,
lengt em tief in d' Seel, und alli mol, wenn er e Stich macht,
wiederholts der Buzli, und wirft im Michel e Blick zu.
Drüber warnts uf Zwölfi. Mit alliwil schlechtere Charte
spielt er allwill schlechter, und zahlt afange mit Chride.
's schlacht scho Zwölfi us. Mit alliwil schlechtere Charte
spielt er alliwil schlechter, und zahlt afange mit Chride.

's schlacht e Viertel uf Eis. Jez lengt er mit g'ringletem Finger
frisch in Sack:
Wer wechslet no ne bairische Thaler?"
Schlechti Münz, Her Michel! Er lengt in glasige Scherbe,
thut e Schrei, und luegt mit Gruus und Schrecke der Grün a.
Aber der Buzli leert si Brenntewi-Gläsli und schmazget:
Michel, chumm iez furt, der Wirth würd wellen ins Bett goh!
's chömme hüt viel Gäst, sie hen e lustige Fyrtig.
Isch nit Ludwigstag, der fünfezwenzigst Augusti?
Dreih am Ring, so lang de witt, de bringsch en nit abe!"
O, wie het der Michel g'lost - e lustige Fyrtig;
O wie het er d'Füeß am Tischbei unte verchlammert!
's hilft nit lang, und thut nit gut. Mit ängstlichem Bebe,
stoht er uf, und seit ke Wort, und goht mittem Buzli,
vornen a der Grün, und an de Ferse der Michel,
wie ne Chalb im Metzger folgt zur bluetige Schlachtbank.
Oebbe ne Büchseschuß vom Wirthshus stellt en der Buzli.
Michel, seit er, lueg es stoht kei Sternli am Himmel!
Lueg, der Himmel hangt voll Wetter über und über!
's goht kei Luft, es schwankt kei Nast, es rührt si ke Läubli,
und du bisch mer aus so still! De wirsch doch nit bette,
   machsch der öbbe d' Uerthe ? Gell 's Leben isch der verleidet?
Wie de meinsch! Di Wahl isch schlecht, i muß ders bikenne.
Se, do hesch e Messer! I ha's am Blotzemer Mert g'chauft!
Hau der d' Gurgle selber ab, se chost's di ke Trinkgeld!"

So verzehlt der Aetti, und mit engbrüstigem Othem
seit iez d'Muetter: „Bisch bal ferig? Mach mer die Meidli
nit so z'förche, 's sin doch nummen erdichtete Mährli!" -
„Jo, i bi io ferig!" erwiedert der Aetti, „dört lit er
mit sim Ring im Dorneghürst, wo d' Trostle nit singe."
Aber d' Marei seit: „O Muetter, wer wird em denn förche!
Denksch, i merk nit, was er meint, und was er will sage?
Jo, der Vizli Buzli, das isch die bösi Versuchung
Lokt sie nit, und führt sie nit in Sünden und Elend,
wenn e Mensch nit bete mag, und folgt nit, und schafft nüt!
Und der lockig Chnab isch gueti Warnig im Gwisse.
O, i chenn mi Aetti wohl, und sine Gidanke!"

 

3.  und die folgende Auflagen,  1806 ff

 

Der Carfunkel

Wo der Aetti si Tuback schnätzlet, se lueget en d'Marei
fründlig und bittwis a: „Verzehlis näumis, o Aetti,
weisch so wieder, wie necht, wo's Chüngi her welle vertschlofe!"
Drüber rucke 's Chüngi, und's Anne Bäbi und d'Marei
mit de Chunklen ans Licht, und spanne d'Saiten, und striche
mittem Schwärtli 's Rad, und zupfen enander am Ermel.
Und der Jobbi nimmt e Hampfle Liechtspöhn, und setzt si
nebene Liechtstock hi, und seit: „Das willi verrichte." 
Aber der Hans Jerg lit e lange Weg überen Ofe,
lueget aben und denkt: „Do obe höri's am beste, 
und bi niemes im Weg." Druf, wo der Aetti si Tuback
gschnitte het, und 's Pfifli gfüllt, se chunnt er an Liechtspohn,
und hebt 's Pfifli drunter, und trinkt in gierige Züge,
bis es brennt. Druf drukt er 's Füür mit de Fingeren abe,
und macht 's Deckeli zu. „Se willi denn näumis verzehle,"
seit er, und sizt nieder, „doch müender ordeli still sy,
aß i nit verstuun, ebs us isch, und du dört obe,
pack di vom Ofen abe! Hesch wieder niene ke Platz g'wüßt?
Ischs der z'wohl, und g'lust's di wieder no nem Carfunkel?

Numme ken, wie sell ein gsi isch, woni im Sinn ha:
's isch e Plätzli näumen, es goht nit Ege no Pflug druf,
Hurst an Hurst scho hundert Johr und giftigi Chrüter,
's singt kei Trostle drinn, kei Summervögeli bsuecht sie,
breiti Dosche hüete dört e zeichnete Chörper.
's wär ke ungschickt Bürschli gsi, sel seit me, doch seig er
zitlich ins Wirthshus g'wandlet, und über Bibel und Gsangbuch
sin em d'Charte gsi am Samstig z'oben und -- Sunntig.
Flueche het er chönne, ne Hex im rueßige Chemi
hätt sie bsegnet und bettet, und d'Sternen am Himmel hen zittert.
's het e mol im grüene Rock e borstige Jäger
zug'luegt, wie sie spiele. Mit unerhörte Flüeche
het der Michel Stich um Stich und Büeßli verlohre.
,Du vertlaufsch mer nit!' seit für si selber der Grünrock;
d'Wirthene hets no ghört, und denkt: ,Ischs öbbe ne Werber!'
's isch ke Werber gsi, der werdets besser erfahre,
wenn der Michel g'wibet het, und 's Güetli verlumpet.
Was het 's Stroßwirths Tochter denkt? Sie het em us Liebi
Hand und Jowort ge, doch nit us Liebi zum Michel, 
nei, zu Vater und Muetter, es isch ihr Willen und Wunsch gsi.
Sellen Oben ischs in schwere Gidanke vertschlofe,
selli Mittnacht hets e schwere bidütseme Traum gha.
's isch em gsi, es chömm vo Staufe füren an d'Landstroß; 
an der Landstroß goht e Chapeziner und bettet.
,Schenket mer au ne Helgli, Her Pater, went der so gut sy!
Bini nit e Bruut? 's cha sy, 's het gueti Bidütig.'
Landsem schüttlet si Chopf der Pater, und unter der Chutte
lengt er e Hampfle voll Helge. ,Do zieh der selber ein use!'
Seits, und wo nes zieht, se lengt's in schmutzigi Charte.
,Hesch echt 's Eckstei-As? 's bidütet e rothe Carfunkel;
's isch ke gute Schick'. - ,Jo weger
', seit es, ,das hani.'
Wieder seit der Pater: ,Se zieh denn anderst, o Brütli!
Hesch echt siebe Chrütz?' - ,Jo weger', seit es und süfzget. -
,Tröst di Gott, zieh anderst! Es chönne noch besseri drinn sy.
Hesch e blutig Herz?' ,Jo weger!' seits und erschrickt drob. -

,Jez zieh no ne mol, 's cha sy, di Heilige chunnt no!
Ischs der Schuflebueb?' - ,Es wird wol, bschauet en selber!'
,Jo de hesch en! Tröst di Gott! Er schuflet di abe.'
So hets im Kätterli traumt, und so hets selle mol gschlofe.
Stroßwirths Tochter, was hesch denkt, und hesch mer en doch g'no?
Jo, es het io müeßen und gseit: ,Ins Here Gotts Name!
No de siebe Chrützen und hinterem blutige Herze
chunnt mi Heilige, wills der Her, und schuflet mi abe.'

Z'erst hätt's möge go. Zwor mengmol het no der Michel
gspielt und trunke, bis gnug, und gfluecht, und 's Kätterli ploget.
Mengmol isch er in si gange, wenn 's en mit Thräne
bittet het, und bette. Ne mol se seit er: ,Jez willi
mit der akkordieren, und d'Charte willi verflueche.
Soll mit der T..... hole, so bald i eini me a'rühr!
Aber ins Wirthshus gangi, sel willi, sel chani nit mide.
Grums und hül, so lang 's der g'falt, ich cha der nit helfe!'
Het er 's Erst nit gehalte, sen isch er im Andere treu gsi.
Woner ins Wirthshus chunnt, se sitzt mi borstige Grünrock
hinterm Tisch, selb dritt, und müschlet d'Charten, und rüeft em:
,Bisch mer e Cammerad, se chumm, se wemmer eis mache!'
,Ich nit', seit der Michel, ,Bas Margreth, leng mer e Schöppli!'
,Du nit?' seit der Grün. ,Chumm numme, bis de di Schoppe
trunke hesch, und 's goht um nüt, mer mache für Churzwil!'
,He,' denkt bynem selber der Michel, ,wenn es um nüt goht,
sel isch io nit g'spielt', und setzt si nebene Grünrock.
's chunnt e Chnab ans Fenster mit lockiger Stirnen, und rüeft em:
,Meister Michel, uf e Wort! Der Stroße-Wirth schickt mi.'
,Schik en wieder', seit er, ,ich weiß scho, was er im Chopf het!
Wer spielt us, und was isch Trumpf, und gstoche das Eckstei!'
Druf und druf! Z'letzt seit der Grün: ,Was bisch du ne Glückschind!
Möchtsch nit umme Chrützer mache?' - Sell isch iez eithue,
denkt der Michel, gspielt isch gspielt, und seit: ,Es isch eithue!'
,Chömmet', rüeft der Chnab, und pöpperlet wieder am Fenster,
,Nummen uf en einzig Wörtli!' - ,Loß mi ung'heit iez!
Chrütz im Baum, und Schufle no, und no ne mol Schufle!'
Und so gohts vom Chrützer bis endli zu der Dublone.

Wo sie ufstöhn, seit der Grünrock: ,Michel, i cha di
iez nit zahle. Magsch derfür mi Fingerring bhalte,
bis i en wieder lös. Es sin verborgeni Chräfte
in dem rothe Carfunkel. O lueg doch, wie ner ein a'blizt!'

's dritmol chlopfts am Fenster: ,O Michel, chömmet, wil's Zit isch!'
,Loß en schwetze', seit der Grünrock, ,wenn er nit goh will!
Nimm du do mi Fingerring, und wenn de ke Chrützer
Geld deheim, und niene hesch, es cha der nit fehle.
Wenn der Ring am Finger steckt, und wenn de in Sack lengsch
alli Tag emol, se hesch e bairische Thaler.
Nummen an kem Fyrtig, i wott der das selber nit rothe.
Chasch mi witers bruche, so rüef mer nummen! I hör di.
Heißi nit Vizli Buzli, und hani d'Ohre nit bymer?'

Sieder briegget d'Frau deheim im einseme Stübli,
und list in der Bibel und im verrißene Betbuch
und der Michel chunnt und schändet: ,Findi di wieder 
an dim ewige Betten und dunderschießige Hüle?
Lueg do, was i gunne ha, ne rothe Charfunkel!
's Kätterli verschrickt: ,O Jesis', seit es, ,was siehni!
s' isch ke guete Schick!' - und sinkt dernieder in Ohmacht.
Wärsch doch nümme verwacht, wie menge bittere Chummer
hättsch verschlofen, armi Frau, wo diner no wartet!

Jez wirds tägli schlimmer. Uf alle Merte flankiert er,
alli Chülbene bsucht er, und wo me ne Wirthshus bitrittet,
z'nacht um Zwölfi, Vormittag und z'oben um Vieri,
sitzt der Michel dört, und müschlet trüglichi Charte.
's Chind verwildert, 's Güetli schwindet, Acker um Acker
chunnt an Stab und d'Frau vergoht in bittere Thräne.
Goht er öbbe heim, gits schnödi Reden und Antwort:
,Chunnsch du Lump?' Und so und so. — Mit trunkene Lippe
fluecht der Michel, schlacht si Frau. Jez muß er zum Pfarer,
iez vor Oberamt, und mittem Haschierer im Thurn zu.
Goht er schlimm, se chunnt er ärger, wennem der Vizli
Buzli wieder d'Ohre striicht, und Gallen ins Blut mischt.

So währts siebe Johr. Emol se bringt en der Buzli
wieder usem Thurn, und ,Allo göhn mer ins Wirthshus,
eb de heim chunnsch mit de Streiche, wo sie der ge hen!
Was der d'Frau zum Willkumm g'chocht het, wird di nit brenne.
Los, de duursch mi, wenn i dra denk, 's möcht mi versprenge,
wie's der goht, und wie der d'Frau di Lebe verbittret.
So ne Ma, wie du, wo 's Tags si Thaler verthue cha,
glückli bisch im Spiele, doch no nem leidige Sprüchwort,
mittem Wibe hesch's nit troffe, chani der sage.
Wärsch ellei, wie hättsch's so gut, und lebtisch so rüeihig!
's pin'get di, me sieht ders a, und d'Odere schwelle.
Trink e Schlückli Brenz, er chüelt der öbbe di Jast ab!

Aber d'Frau deheim, mit z'semegschlagene Hände 
sizt sie uffem Bank, und luegt dur Thränen an Himmel,  
,Siebe Johr und siebe Chrütz!' so schluchzget sie endli,
,'s wird mer redli wohr, und Gott im Himmel wells ende!'
Seits und nimmt e Buch und betet in Todesgidanke.
Drüber schnellt der Michel d'Thür uf, und fürchterli schnauzt er:
,Hülsch au wieder? Du heschs nöthig, falschi Canali!
Sur-Chrut choch mer!' 's Kätterli seit: ,'s isch niene ke Füür
meh.'
,Sur-Chrut willi!
Lueg, ich dreih der 's Messer im Lib um.' -
,Lieber hüt, as morn. De bringsch mi untere Bode
ei Weg wie der ander, und 's Bübli hesch mer scho g'mordet.' -
,Di soll der Dunder unds Wetter in Erdsboden abe verschlage!'
Seit's und zuckt, und sinnlos schwanket 's Kätterli nieder.
,O mi bluetig Herz', so stöhnts no lisli, wo's umfallt.
,Chumm, o Schuflebueb, do hesch mi, schufle mi abe!'
Jez der Michel furt, vom schnelle Schrecken ergriffe,
lauft ins Feld, der Bode schwankt, und 's raßlet im Nußbaum.
,Vizli Buzli roth mer du!' So rüeft er. Der Buzli,
hinterem Nußbaum stoht er, und chunnt, und frogt en: ,Was fehlt der?'
,D'Kätheri hani verstoche, iez roth mer, was i soll mache!' -
,Isch das alles?' seit der Buzli. ,Weger de chasch ein
doch verschrecken, aß me meint, was Wunder passiert seig!
Närsch, iez chasch im Land nit blibe, 's möcht e Verdruß ge.
Isch nit dört der Rhi? Und chumm, ich will di bigleite,
's stoht e Schiff am Gstad!' - Jez stige sie ehnen im Sunggäu
frisch ans Land, und quer dur's Feld. Im einseme Wirthshus
brennt e Licht. ,Mer wen doch luege, wer no do in isch',
seit der Grün, ,wer weiß, do chasch der d' Grille vertribe!'

Aber im Wirthshus sitze no spoti nächtligi Gselle,
und 's goht vornen a mit Banketieren und Spiele.
,Chrütz isch Trumpf! Und no ne mol! Und chönnetder die do?
Gstoche die! und no ne Trumpf! Und - gstoche das Herzli!'
's isch scho halber Zwölfi. Will echt mit lockiger Stirne
iez ke Chnab erschine? Nei weger! Michel, es endet!
O, wie spielsch so söllich ungschickt? G'stoche das Herzli,
lengt em tief in d'Seel, und alli mol, wenn er e Stich macht,
wiederholts der Grün, und wirft im Michel e Blick zu.
Drüber warnts uf Zwölfi. Mit alliwil schlechtere Charte
spielt er allwill schlechter, und zahlt afange mit Chride.
Druf hets Zwölfi gschlage. -----                              
----------   
                                  ----- Jez lengt er mit g'ringletem Finger
frisch in Sack: ,Wer wechslet no ne bairische Thaler?'
Schlechti Münz, Her Michel! Er lengt in glasige Scherbe,
thut e Schrei, und luegt mit Gruus und Schrecke der Grün a.
Aber der Buzli leert si Brenntewi-Gläsli und schmazget:
,Michel, chumm iez furt, der Wirth würd wellen ins Bett goh!
's chömme hüt viel Gäst, sie hen e lustige Fyrtig.
Isch nit Ludwigstag, der fünfezwenzigst Augusti?
Dreih am Ring, so lang de witt, de bringsch en nit abe!'
O, wie het der Michel g'lost - e lustige Fyrtig;
O wie het er d'Füeß am Tischbei unte verchlammert!
's hilft nit lang, und thut nit gut. Mit ängstlichem Bebe,
stoht er uf, und seit ke Wort, und göhn mit enander,
vornen a der Grün, und an de Ferse der Michel,
wie ne Chalb im Metzger folgt zur bluetige Schlachtbank.
Oebbe ne Büchseschuß vom Wirthshus stellt en der Buzli.
,Michel', seit er, ,lueg es stoht kei Sternli am Himmel!
Lueg, der Himmel hangt voll Wetter über und über!
's goht kei Luft, es schwankt kei Nast, es rührt si ke Läubli,
und du bisch mer aus so still
. I glaub, de witt bette,
oder machsch der -- d' Uerthen und isch der 's Lebe ---- verleidet?
Wie de meinsch! Di Wahl isch schlecht, i muß ders bikenne.
Se, do hesch e Messer! I ha's am Blotzemer Mert g'chauft!

Hau der
d'Gurgele selber ab, se chost's di ke Trinkgeld!' "

So het der Aetti verzehlt, und mit engbrüstigem Othem
seit
druf d'Muetter: „Bisch bal ferig? Mach mer die Meidli
nit so z'förche, 's sin doch nummen erdichtete Mährli!" -
„Jo, i bi io ferig!" erwiedert der Aetti, „dört lit er
mit sim Ring im Dorne Ghürst, wo d'Trostle nit singe."
Aber
d'Marei seit: „O Muetter, wer wird em denn förche!
Denksch, i merk nit, was er meint, und was er will sage?
Jo, der Vizli Buzli, das isch die bösi Versuchung.
Lokt sie nit, und führt sie nit in Sünden und Elend,
wenn e Mensch nit
bette mag, und folgt nit, und schafft nüt!
Und der lockig Chnab isch gueti Warnig im Gwisse.

O, i chenn mi Aetti wohl, und sine Gidanke!"

 

       
     Der Text links folgt dem in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe vorhandenen und digitalisierten Exemplar der 1. Auflage von 1803.
Der Text rechts folgt dem für diese Website auch sonst verwendeten Referenzwerk: Johann Peter Hebel, Poetische Werke, Winkler Weltliteratur, München 1961
(Diese folgt weitestgehend der 5. Ausgabe(!), erschienen 1820 bei H. R. Sauerländer in Arau).

Alle Unterschiede der beiden Texte - Änderungen, Hinzufügungen und Weglassungen wurden links gelb hinterlegt, rechts (soweit möglich und sinnvoll) rot dargestellt.

 

 
zurück zur
Gedicht-
übersicht
 

nach oben