Anmerkungen zu den Ungedruckten Papieren - Konvolut 3

BLB Krhe Signatur K 3393 (alt H93) - Joh. P. Hebel   Ungedrucktes.   Varia   Nr. 1 - 44
 

 zurück


Das Konvolut 3 der "Ungedruckten Papiere" stellt sich dar als eine Lose-Blatt-Sammlung von 113 Blättern mit
 ca. 150 beschriebenen Seiten (der Rest sind leere Blätter/Seiten). Sie enthalten ca. 100 Texte = Abschnitte,
 die sich teilweise über mehrere Seiten erstrecken und in den meisten Fällen nur 1 Thema ansprechen.
Die Blätter sind - nicht von Hebel, sondern der BLB Krhe - gedacht vermutlich als "Kapitel" - von 1 - 44  (augenscheinlich in nicht-chronologischer Folge) zusammengestellt worden. Dies ist verm. dem Gedanken geschuldet, jeweils die Seiten und Blätter, die aufeinander folgend beschrieben
wurden und "papiermäßig" zusammengehören, unter einer Nummer einzureihen, unabhängig davon, ob die Texte einen inhaltlichen Bezug zueinander haben.


 Das Konvolut steht seit einigen Jahren als Digitalisat bei der BLB Karlsruhe online zur Verfügung.

Überaus erstaunlich erscheint mir die Tatsache, dass diese Textsammlung von der kompletten (professionellen) Hebelforschung, aber auch von allen Hebelkennern der letzten fast 200 Jahre nahezu komplett ignoriert und ausgeblendet wurde - und sie bisher kaum jemand gelesen hat. Denkbar wäre, dass bei der Zuordnung der Texte Längin seine Finger im Spiel hatte, da bei ihm aus dem 3. Konvolut keine Texte abgedruckt sind.

Dabei ist sie eine Fundgrube hoch interessanter, ein weites Themenfeld abdeckender Texte, Stichpunkte und Stichworte. Sie enthält Beispiele (und Schätze) Hebelschen Denkens und zeigt - ähnlich wie die "Allgemeinen Betrachtungen" das große Spektrum seiner Interessen.

Die Blätter fanden sich in Hebels Nachlass, der nach seinem Tod in seiner Karlsruher Wohnung aufgenommen wurde, bildeten jedoch keine geschlossene bzw. einheitliche Sammlung. Der unterschiedliche Duktus der Handschrift zeigt - neben der Verwendung höchst unterschiedlichen Papiers, bei einigen Texten die Angabe der Jahreszahl und/oder Nummern, dass die Blätter - abgesehen von den inhaltlich zusammengehörenden - unabhängig voneinander in einem Zeitraum von ca. 1790 bis ca. 1820 entstanden sind.

Hebel hat sie ev. als eine Art Lose-Blatt-Tagebuch oder Zettelkasten - heute würde man ev. von einer "To-Do-Liste" sprechen - in das/den er viele ihm bemerkenswert erscheinende Themen eingetragen hat. Es lässt sich denken, obwohl eine direkte Zuordnung nur in Einzelfällen möglich ist, dass die Texte diversen Zwecken diente: private Notizen, Unterrichtsvorbereitungen, Quellen und Entwürfe für Kalendergeschichten, Memos für noch zu bearbeitende Themen für Predigten oder seine Tätigkeiten als Abgeordneter und kirchlicher Würdenträger.

Es lässt sich trefflich darüber spekulieren, ob die Sammlung, die sicher bei weitem nicht vollständig überliefert ist - nicht eigentlich zu den "Allgemeinen Betrachtungen" gehöre - oder umgekehrt?

Die gesamte Sammlung enthält viele leere Seiten, was darauf schließen lässt, dass der Text in mehreren Etappen verfasst, daher unsortiert war und ev. deshalb im Karlsruher Konvolut bei der Zusammenfassung nicht in der 'richtigen' Reihenfolge zusammengestellt wurde.

Die Texte hat Hebel sicher nur zu seinem persönlichen Gebrauch geschrieben, weder an eine Veröffentlichung, noch an ein Versenden in Briefen in dieser Form war gedacht, allenfalls als Entwürfe für geplante Schriften. Deshalb wird er vermutlich weder um das Schriftbild noch um die Rechtschreibung besonders besorgt gewesen sein, was fast zwangsläufig dazu führt (und was bei der deutschen Kurrentschrift quasi "systemimmanent" ist), dass einzelne Worte nicht bzw. nur schwer lesbar sind. Bemerkenswert ebenfalls, daß die meisten Texte/Abschnitte keine Titel tragen, deshalb wurden sie in dieser Website mit den Textanfängen oder summarischen Zusammenfassungen in die Verzweigungsseite eingestellt.

Bei den beiden Zusammenstellungen "Allgemeine Betrachtungen" und "Ungedruckte Papiere - Varia 1 - 44" - wer immer sie aus dem Nachlass Hebels vorgenommen hat - fällt auf, dass die 'Varia' wesentlich schwieriger zu lesen und zu transkribieren sind - Zufall oder Absicht? Es bleiben viele Buchstaben und Wörter unklar, selbst und insbesondere bei den lateinischen Texten, die Hebel - wie immer - in lat. Schrift schrieb.

Besonderheiten der Rechtschreibung in den Autographen - in der Transkription nach heutiger Praxis wiedergegeben um eine bessere durchgängige Lesbarkeit zu erzielen:
- die Verdoppelung 'nn' und 'mm' mittels Reduplikationsstrich (von Hebel allerdings nicht durchwegs praktiziert)
- die Endungen 'lich', 'len' und 'en' werden bei Hebel sehr oft durch Ligaturen ersetzt, ebenso in vielen Fällen
das 'nicht' - für diese gibt es in den Computerschriften keine adäquaten Lösungen
- ergänzt wurden die nicht gesetzten Tremata (Umlaut-Punkte) bei Ä, Ö, Ü; ebenso bei den kleinen Umlauten
die einzelnen Punkte darüber ˙ - ȧ, ȯ, u̇ - durch die üblichen Tremata ersetzt *
- H. schreibt das 'y' (Minuskel) praktisch immer mit Trema: ÿ ; (Y (Majuskel) kommen in diesen Texten nicht vor)
- ū. = und: Hebel schreibt 'und' fast immer abgekürzt sowie das 'u' konsequent mit Makron (Überstrich) - zum Glück, sonst wäre die Handschrift wegen der Ähnlichkeit von e, n, r & u fast nicht zu transkribieren

Beibehalten wurden:
- das fehlende Dehnungs-h: z. Bsp. 'fart' statt 'fahrt' (von ihm uneinheitlich gehandhabt)
- das in bestimmten Wörtern seinerzeit (aber heute nicht mehr) übliche Dehnungs-h: 'mahlen' statt 'malen'
oder 'wahren' statt 'waren'
- nicht konsistent ist auch der Gebrauch von i, I statt j, J - iene, ieder, ia, Iahr; es ist aber nicht so,
daß er j, J grundsätzlich ausschließt
- die uneinheitliche Verwendung von s, ss, ß
- die Vokalverdoppelung unterbleibt schon mal: 'par' statt 'paar', 'Hörsal' statt 'Hörsaal'
- in einigen Fällen der Verzicht auf das 'ck' - z. Bsp. 'Schiksal'
- Fremdwörter auf '-ieren' schreibt er ohne Dehnungs-'e' = 'iren'; aber auch bei deutschen Wörtern verzichtet
er häufig auf das Dehnungs-'e' = befridigt, Begirde, verliren; letzteres taucht aber auch schon mal (quasi
überdehnt) mit 'e' + 'h' auf: 'verliehren'
- die 'th'-Schreibung der Kurrentschrift: 'Thätigkeit' statt 'Tätigkeit' (für viele Wörter um 1900 abgeschafft)
- sämtliche sonstigen Rechtschreibvarianten Hebels (z. B. 'Palläste' statt 'Paläste'; sowie eventuelle Flüchtigkeitsfehler, etc.
- die inkonsistente Anwendung der Groß- und Kleinschreibung
- bei manchen Blättern wurden die von ihm gestrichenen Worte oder Sätze - sofern trotzdem lesbar - in
gestrichener Form belassen
 
 
zurück

nach oben