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AuferstehungsGeschichte

Joh. 20, V. 2. - 15.
Johannes der schuldlose Schoos iünger Jesu, erzählt, wie die Leidensgeschichte, so auch das Benehmen der Jünger bei seiner Auferstehung, mit so kunstloser Einfalt mit so ausführlicher Umständlichkeit in Dingen, die uns unbedeutend scheinen, bei denen aber er, weil er dabei war, gern verweilte, mit so viel Natur, daß auch der entschlossenste Zweifler in Versuchung gerathen muß - wenigstens einige Augenblicke lang zu glauben.

V. 2 - 8. Der andre Jünger (Joh. selbst.) der Jesum am meisten liebte, ist auch bei der Nachricht, daß das Grab offen und leer sey, der ungedultigste, der sich am meisten interessirt - lauft Petro zuvor, komt ans Grab, bükt hinein, sieht die Linnen, u. steigt - nicht hinab. Wer sollte es von dem sanften zärtlichen Mann erwarten, daß er sich allein und zuerst in ein Gewölbe wagte, wo ein Todter (immerhin sein bester Freund) gelegen hatte, wo er vielleicht noch in einer Ecke lag, wo vielleicht Trug u. List der Feinde im Spiel war.
Petrus kommt nach u. sieht - der rasche, kühne Petrus, überall der vorderste, ist auch hier Petrus. Er steigt ohne Bedenken hinab, will sehen, wie er sich in den Gerichtshof drang, um zu sehen, wie er sich in die Wellen des Meeres warf um zu fühlen.
Und nun erst, als Johannes sieht, daß alles sicher sey, geht auch er hinein.
So wagt es ein schüchterner, ein bedenklicher, ein zärtlicher nicht etwas Todtes zu berühren, oder an einen, ihm verdächtigen Orr zu gehen, oder eine, ihm unbekante Speise auf Moses Zureden zu kosten. Es muß zuerst ein kühnerer ihm mit seinem Beispiel voran gehen, ihm die Furcht benehmen, Muth und Entschlossenheit bei ihm wecken.
Gleicherweise scheint mir in dem Betragen der Maria ungekünstelte Natur hervor zu blicken.

V. 11. Wie ein Kind, das einen geliebten Gegenstand an dem Ort, wo es ihn sonst anzutreffen gewohnt war, nicht mehr findet - es bricht in Thränen aus, schaut nach dem leeren Platz, oder was sonst die Ursache seiner Thränen ist, einmal um das andere zurück, als ob es das vermisste sehen müste, als ob es den geliebten Gegenstand mit dem wehmüthigen Blick zurükzaubern als ob es das Auge zu neuen Thränen stärken wollte. - So steht die weiche weibliche Seele am Grabe und weint - bückt sich wieder u. sieht & hinein.

>V. 14, 15. So sieht sie sich um, als ob ihr iemand helfen müsste, so drängt sich, indem sie den vermeinten Gärtner sieht, ihr Anliegen aus der Brust: "HErr hast du ihn weggenommen"? ehe sie ihm sagen konte, warum sie weine, oder wen sie suche, als ob alle Welt sich interessiren u. die Ursache ihrer Thränen wissen müste.

V. 16. Wie wir in einem starken Affekt, besonders in grosser Betrübnis u. Angst auf Gegenstände um uns her keine Aufmerksamkeit verwenden, oder nur schwache Eindrüke fast ohne Bewusstseyn von ihnen empfinden, oft selbst in der Grosse des Kummers u. der Angst die gegenwärtige Rettung nicht einmal bemerken, so sieht Maria Jesum an, u. kennt ihn nicht, redet mit ihm, u. kennt ihn nicht. Es war ihr nicht darum zu thun, zu wissen, wen sie vor sich habe, sie will nur wissen, ob er den Geliebten, aus dem Grab wohin sie augenbliklich zurückschaut, weggenommen habe.
Und Jesus ruft ihr: Maria! u. sie wird aufmerksam, kehrt sich wieder um, fasst ihn ins Gesicht es ist Jesus: ein Wort, ein Schrey: Rabbuni! ist alles, was sie aus der gedrängten Brust hervor bringen kan.
Ist es anders, als wenn wir an einem Freund ohngefär vorbeigehen, an den wir nicht gedachten, dessen Gegenwart so nahe, uns nicht wahrscheinlich, nicht möglich schien, dessen Gestalt sich, seit wir ihn das lezte mal sahen, verändert hat. Wir sehen ihn flüchtig an, und gehen an ihm vorbei. Erst wenn er uns mit Namen nachruft, schauen wir zurück und betrachten ihn aufmerksamer. Die Seele macht in unbegreiflicher Geschwindigkeit den Schluß: Dieser Mensch kennt mich, folglich muß ich ihn auch kennen, wenn ich ihn genauer betrachte. Der Ton seiner Stimme weckt vielleicht schon das Bild in der Seele. Kurz wir kennen ihn u. nennen seinen Namen.
So erkennt Maria den Herrn, ruft Rabbuni,

V. 17. u. will ihm im ersten Gefühl der Herzens Erleichterung und Freude um den Hals fallen, oder zu Füssen stürzen, u. seine Knie umarmen.
Johannes sagt zwar das nicht. Aber Jesus sagt es in den Worten: Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren  pp.  Jesus will nur nicht angerührt seyn. Und wie gegründete Ursachen konte er nicht haben? Konte nicht der Affekt der Maria zu ausschweiffend werden? Konte sie nicht durch ihr Benehmen Aufsehen erregen u. Leute herbey ziehen, denen er sich nicht wollte offenbaren? Noch schien sie im ersten Ausbruch des Affekts nicht an das Ausserordentliche des ganzen Auftritts zu gedenken; aber hätte sie nicht im Augenblik der Umarmung der Gedanke mit Schrecken und Entsetzen befallen müssen: Wen umarme ich da? Er ist ia gestorben, er ist tod. wie steht er denn vor mir? Wie gefärlich konte ihr erst der Übergang aus Betrübnis u. Angst zur Freude, u. aus dem höchsten Gefühl der Freude u. des Entzükens, zum höchsten Grad des Schrekens werden.
Und wie natürlich die Erklärung Jesu: Ich bin noch nicht  pp  Unmöglich können die Worte heissen: Umarme mich nicht eher, als bis ich  pp  Entweder haben sie keinen Sinn, oder den ganz natürlichen: Mässige deinen Affekt. Es ist ia noch Zeit, ich bin noch da. Ich bin noch nicht aufgefahren, u. fahre noch nicht auf.

In Verbind. mit 1 Cor. 15, 13. 42. 43. 44.
Die Auferstehung Jesu ein Unterpfand und Vorbild der unsrigen.
I. Ein Unterpfand, daß wir auferstehen werden.
II. Ein Vorbild, wie wir auferstehen werden.

Materialien zum 1sten Thl.
Wir hätten weiter keine Ursache zu grosser Betrübnis, wenn uns, (nur die Unsterblichkeit der Seele vorbehalten.) keine Hofnung zur Widerbelebung des Körpers gemacht würde. Unser, der Seele, Schiksal wäre nicht bejammernswürdig. Denn der Körper war doch nur der geringere, schwächere, vergängliche Theil unsers Wesens. In ihm hatten unsre Krankheiten u. Schmerzen, u. selbst der Tod seinen Grund. Er wars, der so oft die freie Wirksamkeit der Seele hinderte, ihre Heiterkeit trübte, ihre Freuden verbitterte. Er wars dessen Pflege uns so viel Sorgen, Arbeiten und Aufwand kostete; er wollte immer, gespeiset, getränket, gekleidet u. geschmückt seyn. Was war es Kummer, wenn die Seele diese Bürde auf immer abwürfe? Auch sein Schiksal wäre nicht traurig oder ungerecht. Er war Erde aus Erde - was kan er bessers als in die Erde zurük kehren u. Erde werden Die Natur gab uns ihn von der Erde umsonst. Die Natur nährte ihn 50. 60. 70. Jahre von der Erde umsonst. Was konnte sie billigers fordern, als daß wir ihn, wenn er uns nicht mehr brauchbar ist, der Erde zurükgeben, ihr die Schuld heimzahlen, das lang genossene Kapital ohne Zinsen?
Indessen war er doch 50. 60, 70. Jahre lang der treue Gefährte des Geistes, theilte mit ihm unverdrossen Liebes u. Leides. Und wer trent sich gern auf immer von dem steten, treuen Gefährten des Lebens? Zudem war er dem Geist, neben manchen Leiden, auch die Quelle mancher Freuden. Durch ihn empfand der Geist das Wohlgefühl der Gesundheit u. Stärke. Wir sahen so viel schönes durch dieses Auge, hörten so viel angenehmes durch dieses Ohr. Er kam so oft der Seele zu Hülfe; nur durch ihn realisirte sie ihre Gedanken u. Entwürfe. Selbst seine Mängel und Bedürfnisse mussten ihre Vollkommenheiten ausbilden, indem sie die Denk u. Erfindungskraft derselben in steter Übung u. Thätigkeit erhielten.
Desto angenehmer u. trostreicher also die Hofnung, daß auch er wider belebt, wieder mit der Seele vereiniget soll werden.
Und diese Hofnung gründet sich auf die Auferstehung Jesu.

1 Cor. 15, 12. - 20. Jesus ist auferstanden.
Also ist Auferstehung möglich u. wahrscheinlich, es mögen nun der grübelnden Vernunft noch so viele Bedenklichkeiten u. Schwierigkeiten einfallen. Sie mögen immer hin ihr unauflöslich scheinen. Genug. Es hat einer die Probe gemacht, u. den schweren Beweis durch die That geführt. Und eben dieser eine ist es, der uns schon vorher seine u. unsre Auferstehung angekündet, u. gesagt hat, daß es, wie ihm, so auch uns ergehen werde.
Sinke also immerhin in die Erde mein Leib. Du sinkest in eine sichere ruhige Zuflucht, bis die Stunde der Trennung vorüber ist. Wie der unbewehrte Landbewohner bei heran.nahender Kriegesgefahr seine Kostbarkeiten in die Erde vergrabt, um sie dort am sichersten wider zu finden, wie der Akersman die zarten Pflanzen des Sommers, bei heran nahendem Winter unter die Erde birgt, um sie dem widerkehrenden Frühling am sichersten aufzubewahren, so wirst du der sorgfältigen Pflegerin Natur in die Erde zurückgegeben, kehrst in deine Heimath zurük, bis der Frühling anbricht den kein Winter mehr endiget.

Materialien zum 2ten Theil.
Und noch um so viel angenehmer ist diese Hofnung, da der widerbelebte Körper frei sein wird von allem, was ihn vorher lästig, u. hinfällig  pp  machen u. die Vollkommenheit des Geistes stören konte.
So erstand Jesus. Mit einem verherrlichten Körper.
So werden wir auch erwachen.

Phil. 3, 21.
Was für ein Unterschied zwischen dem ietzigen u. dem zukünftigen verherrlichten Körper sey lehrt.

 Paul. 1. Cor 15, 42. 43. 44.
I, Es wird gesäet verweslich, u. — unverweslich:
2, Es wird gesäet in Schwachheit. Hätten wir zu erwarten, daß der Körper wieder mit den nämlichen Schwachheiten, Krankheiten, Gebrechen  p auferstehen würde, wie mancher würde den seinigen nicht wider verlangen. Aber nein - Er wird auferstehn in Kraft.
3. Es wird gesäet in Unehre. Schmükt den Leichnam mit dem schönsten Gewand, legt ihn in silbernen Sarg, die ganze Gemeinde begleite ihn. Der Prediger lobe ihn — Und doch mag ihn niemand mehr anrühren. Das ist keine Ehre. Man eilt, ihn aus dem Haus zu schaffen. Das ist keine Ehre. Man verschliesset ihn in einen engen Sarg, in ein finsteres Loch, schaufelt Erde u. Steine über ihn hinab. Das ist keine Ehre. Man lässt ihn ligen u. geht fort, schaut nimmer mehr nach ihm zurük, denkt nimmer an ihn. Keine Ehre. Aber es wird auferstehen in Herrlichkeit. Das seidene Sterbekleid wird zurük bleiben, u. der auferstandene wird seiner zur Verherrlichung nicht mehr bedürfen. Die Erblassten werden einander wieder sehen u. anrühren u. umarmen mögen, und sich nicht ob einander entsetzen.
4, Es wird gesäet ein natürlicher Leib, der Leib des Erdenbewohners. Und wird auferstehen ein geistiger Leib, wie er sich in den Himmel schikt.

 

 

 

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