zurück |
Auferstehung |
|
Sei der Glaube, daß wir in der Auferstehung den nämlichen Körper wiederbekommen sollen, der uns jetzt kleidet, in der Bibel gegründet oder nicht, so deucht mir doch wenigstens eine physische Wahrheit, die am öftersten als Einwendung gegen ihn gebraucht wird, gerade für ihn zu sein, wenigstens ihm einen recht erträglichen Sinn zu geben. «Nie», sagt man, «ist ja der Körper der nämliche; unaufhörlich gehen ihm alte Teile ab und setzen sich neue an die Stelle derselben an. Höchstens nach zehn Jahren ist von allen Teilen, die ich jetzt zu meinem Körper rechne, keiner mehr mein. Was abgeht, fällt der Natur heim und wird in ihrem Schoß zu neuen Formen verarbeitet, so wie zuletzt der ganze Körper der Natur heimfällt und in seine Teile auf gelöset wird, die in einer neuen Zusammensetzung wieder Teile eines andern Körpers werden. Wollte jeder in der Auferstehung wieder Anspruch machen nur auf das, was zu einer gewissen Zeit zu seinem Körper gehörte, so würde der Streit der sieben Brüder, die ein Weib hatten, nichts sein gegen den unauflöslichen Prozeß derer, die alle jene Teile mit gleichem Recht als die ihrigen ansprechen würden. Wollte gar jeder wieder in seinem Körper vereinigen, was jemals sein Körper war, - welch ein Widerspruch, welch ein Monstrum müßte der neue Engelskörper sein!» Alles wahr, antworte ich. Und doch, wenn schon unser Körper unaufhörlich sich wandelt, spricht jeder, ohne sich durch die Behauptung der Physiker irremachen zu lassen, und der Physiker selbst von seinem Körper, den er noch im sechzigsten Jahre hat, als von dem nämlichen, den er jederzeit hatte. «Vor zwanzig Jahren», sagt er, «hab' ich dieses Bein gebrochen; dieses Muttermal hab' ich mit auf die Welt gebracht.» Wäre dieses auch nur simpler Sprachgebrauch, und die Schrift redete irgendwo von Auferstehung des nämlichen Körpers oder begünstigte wenigstens die Redensart, so wäre sie schon dadurch vor dem Vorwurf einer behaupteten oder begünstigten Ungereimtheit gesichert, da sie sich vernünftigerweise nach dem Sprachgebrauch richten mußte und in der Lehre von der Auferstehung so wenig auf die Gesetze der stets umschaffenden Natur als in den Stellen, wo von Bewegung himmlischer Körper die Rede ist, auf das Kopernikanische System Rücksicht nehmen konnte. Sie sagte dem Sprachgebrauch nach nur so viel: Du wirst in der Auferstehung den nämlichen Körper wiederbekommen, den du jetzt hast, wie du jetzt den nämlichen Arm hast, den du vor zwanzig Jahren entzweibrachst. Doch es ist auch nicht einmal bloß unschicklich gewählter Sprachgebrauch, den Körper, wenn er auch nicht mehr aus den nämlichen Teilen besteht, doch noch den nämlichen zu nennen. Die Finger, die du jetzt hast, spielen denn doch noch mit der nämlichen Geläufigkeit die Arie, die sie vor zehn Jahren auf dem Klavier spielten; die Nase hat noch dieselbe Beugung, denselben Höcker; die vernarbte Wunde sticht noch, wie sie vor zehn Jahren stach. Kurz: Lage, Verbindung, Mischung der Bestandteile des Körpers, Gestalt, Fertigkeit und Eigenschaften desselben leiden unter dem steten Wechsellauf der Teile so wenig, daß sie eine gewisse Identität des Körpers als solches darstellen. So werden wir auch einst den nämlichen Körper wiederempfangen, das hieße, eine Hülle, die aus ähnlichen Bestandteilen nach dem Plan und Gesetz gebildet ist, wenn auch gleich nicht die nämlichen Erdteilchen, die die Natur diesen Sommer in der Organisation einer Bohne vereinigte und die heute, als ich sie aß, in einen pars mei animalisiert wurde, wieder an dem nämlichen Ort werden zu finden sein, wo die Natur sie jetzt zur Erhaltung des Körpers anbringt. Aber - sag' ich auch wieder -, und dieser Einwurf deucht mir von ganz anderem Gehalt zu sein: der künftige Körper soll verklärt sein, und läßt er sich so verklären, daß er nicht auch an Gestalt, an Lage, Verbindung und Mischung der Bestandteile, an Fertigkeiten und Eigenschaften ein anderer werde? Freilich, wenn wir unter Verklärung nur eine schönere, blendende Farbe verstehen wollen, so wird es Gott ein leichtes sein, so viele, bis jetzt noch gebundene Lichtmaterie aus den Körpern zu entwickeln, als zur Hervorbringung eines solchen Phänomens nötig sein wird. Aber traun, die Verklärung ist etwas anderes. Jedes Geschöpf der Erde hat, wie es der Weisheit des Schöpfers angemessen ist, gerade die Einrichtung seiner Maschine erhalten, die zu dem Endzwecke, warum es lebt, erforderlich war. Die Eiche, bestimmt, jahrhundertelang eine Welt von Geschöpfen zu beherbergen und zu nähren und im großen Umfange des Stammes und der Äste dem Sturme zu trotzen, schlägt ihre Wurzeln so stark und so tief und so ausgebreitet, daß sie auch einen solchen Baum zu nähren und festzuhalten imstande sind. Die Anziehungsgefäße des Nußbaums, der uns mit ölichten Früchten versehen soll, sind so beschaffen, daß sie die Teile der allgemeinen Masse nicht anziehen können, welche in den Kirschbaum übergehen, dessen wässeriche Frucht nur kühlen und erquicken soll. Der Fisch, zum Bewohner des Wasser bestimmt, hat seine Flossen wie der Vogel seine Fittiche, das Eichhorn seine Krallen. So hat auch der Körper des Menschen jetzt gerade die Einrichtung, die zu seinem Zweck erforderlich ist, die er haben muß, damit die Seele in ihm die Fertigkeiten erwerbe, die sie, solange sie ihn bewohnt, ihrer Bestimmung nach erwerben soll. Da es uns z. B. jetzt so wenig etwas angeht, was für Würmer in den Eingeweiden der Infusionstierchen sich nähren, als was für Geschöpfe die Berge des Mondes abweiden, so ist auch unser natürliches Sehorgan weder Mikroskop noch Tubus genug, um eines oder das andere zu bemerken. Es reicht gerade auf den Grad von Nähe und Ferne und sieht gerade unter dem Winkel, der zu unserer Bestimmung hier erforderlich ist. Sowenig wir aber in der Zukunft ohne Bestimmung und Geschäft vegetieren werden, so wenig wird unser Geschäft und unsere Lage dort wieder die nämliche sein, die sie hier war; sonst hätte uns der Schöpfer ohne weitere Umstände hier lassen können. Aber wird dann auch der Körper, der uns kleiden soll, noch der nämliche sein können? Sei dort unser Geschäft, welches es will, - wenn wir in einen neuen Körper gekleidet werden, so wird er für dasselbe eingerichtet und modifiziert sein. In dem nämlichen Verhältnis, wie dort die Gegenstände, an denen wir höhere Vernunft und Tugend üben sollen, anders und geistiger sein werden, in dem nämlichen wird auch der Körper anders und vollkommener, d. h. er wird verklärt, aber eben darum nicht der nämliche sein. Es war also der Mühe wert nachzusehen, ob uns denn die Bibel zur Wiederbesitznehmung des alten Körpers Hoffnung mache; und siehe, da sagt uns wenigstens Paulus: Es wird gesäet ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistlicher Leib. |
||
zurück | ||