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Etwas zur Befestigung des Glaubens an die göttliche Wahrheit und Güte bey den Schicksalen unglücklicher Gottesverehrer und Menschenfreunde.

 

GOtt, der du uns zur Weisheit und Tugend berufen, u. die Freuden der Unsterblichkeit zur Vergeltung eines frommen, menschenfreundlichen Lebens aufgestellt hast, du siehst die Schwierigkeiten u. Hinderniße, die unsern Gang zur Vollkommenheit aufhalten, die Versuchungen, die uns so gern von unsern Pflichten weglocken, u. die drückenden Gefühle des Gegenwärtigen, die sich in unserm Herzen so nahe neben die Hoffnung des Künftigen drängen. Du siehst es nicht nur; es ist dein Wille, o Vater! daß wir durch freywilligen edlen Kampf gegen das Böse des Himmels würdiger werden daß durch Leiden das Verlangen nach dir und deinem Heile geschärft, u. nach allen Erfahrungen des unangenehmem der Genuß deiner Freuden uns einst lieber und süßer werde. O laß uns nicht durch ungedultige Klagen gegen deine Führungen sündigen, u. nicht durch Sünden unsers Weges verfehlen! Du legest Lasten auf, aber du hilfst auch. Laß uns durch Entschlossenheit zum Guten, wenn wir versucht werden durch Kraft vom Himmel, wenn wir für den Himmel arbeiten, durch Aufrichtung im Leiden und Freudigkeit im Sterben den Trost dieser Wahrheit erfahren. Einst, wenn uns der Tod die Bürde abgenommen hat, unter der wir zur Ewigkeit wallen, dann wird deine Wahrheit und Güte, gerechtfertiget gegen alle Ungedult und Klage unsere Bewunderung seyn, u. Dank für deine Führungen, die uns so sicher zum Ziele brachten, u. Dank für die Freuden, die uns am Ziele erwarten, dich o weiser liebender Vatter ehren. Schenke uns auch unter unsrer jetzigen Andacht den Geist der Freudigkeit u. des Trostes, u. laß uns durch dein Wort u. durch deine Verheissungen gestärkt, wandeln den guten Weg der Tugend u. Seeligkeit. V. U. etc.

Text: Apost. Geschichte 5. 30. 31.

Der GOtt unserer Vätter hat JEsum auferwecket, welchen ihr erwürget habt, u. an das Holz gehänget. Den hat Gott durch seine rechte Hand erhöhet zu einem Fürsten und Heiland, zu geben Israel Buße und Vergebung der Sünden.
Der Schaupatz der menschlichen Schicksale stellt am A. Z. unter seinen steten Abwechslungen oft sehr unerwartete u. unbegreifliche Erscheinungen unter die Augen, Begebenheiten u. Verwickelungen im einzelnen und großen, denen wir, wenn wir sie auch für das nehmen, was sie sind, doch ihren Gang zu einem guten Ende, u. ihr reines Zusammenstimmen mit den wohlthätigen Absichten der Vorsehung nicht errathen können, Begebenheiten u. Verwickelungen, welchen den, der sie voreilig schon für Entwicklung halten wollte, von Zweifel in Zweifel zu führen, in immer tieferes Staunen zu versenken, u. am Ende in seinem ganzen Glauben u. Hoffen irre zu machen, mit allen seinen Grundsätzen zu entzweien im Stande wären.
Es sind zwey verwandte Bilder dieser Art die wenn sie auch seltener in ihren ganzen Stärken erscheinen, doch nach der längsten Reihe von frohem Ansichten wieder kommen, u. so oft sie vor unserm Blicke vorübergehen, ein trauriges Gefühl in der Seele zurück lassen. Es ist die menschenfreundliche unverdrossene Tugend, wenn sie für ihre Mühe und Aufopferungen fast kein Dank u. kein Glück unter der Sonne belohnt, u. die leidende, oft noch unter dem Druck des Schicksals von menschlicher Bosheit gepeinigte, gottergebene Unschuld, wenn sie kein Mensch auf Erden zu unterstützen, kein Engel vom Himmel zu trösten, kein GOtt in seinem Reiche zu bemerken scheint.
Gerne fragt sich bey diesem Anblick der ungedultige Mensch: Wie kann GOtt das sehen und änderts nicht? Wie kann der Allmächtige dulden in seiner Schöpfung, was ich schwaches Geschöpf von Erde verbessern würde, wenn seine Macht mir zu Gebotte stünde? Mit welcher unbegreiflichen Ruhe läßt der Gütige und Weise in seinem Reiche bauen und zerstören, menschenfreundlich pflanzen, u. feindselig zertretten, u. alles zum Bösen wie zum Guten seinen ungehinderten Gang gehen? Und doch sollen wir an eine Vorsehung glauben, die alles wohl führt, u. durch fromme Thätigkeit, u. stille Gedult uns ihres Segens werth machen?
Wo ist Gerechtigkeit - so denkt dann gerne der Leichtsinnige - in den Schicksalen der Menschen? Wo schwebt der Preis, der die Tugend krönen, wo das Schwerdt, das den Frevler strafen soll? So denkt er, und eilt zu einer Sünde.
Es sey gerne zugestanden, der abstechende Unterschied, der die Tugend und die Bosheit voneinander entfernt, ist oft ins unkenntliche verwischt in den Schicksalen der Menschen, wenn ihr nicht mitten durch den äussern Schein der Dinge, ungestört durch die Thränen der Wehmuth an dem Auge des Guten, u. durch den Freudengesang auf der Lippe des Bösen in den Sitz der innern Empfindungen eindringen könnet, die euch weder der eine noch der andere von den Dächern verkündiget - und das Schicksal eines Menschen, des Glücklichen wie des Unglücklichen ist ein seltsames Gewebe, und auf welcher Seite ihr es betrachtet, nicht frey von Verwirrungen, wenn ihr den fortlaufenden Gang der Dinge nicht in eine weite Ferne hinaus, nicht über das Grab hinweg bis in die Ewigkeit zu verfolgen im Stande seyd, wo sich das verworrenste in Ordnung auflösen, u. alles getrennte und zerrissene in Harmonie vereinigen muß.
Aber auch hierinn ist uns JEsus CHristus durch sein Schicksal von GOtt gemacht zur Weisheit. Hat je ein Verehrer GOttes u. Freund der Menschen mit reiner reger Liebe gewirket u. gehofft, so lange sein Tag dauerte, u. bis in die letzte sinkende Dämmerung hinaus, so heißt sein Name JEsus. Und hat je ein Freund und Wohlthäter seines Geschlechts die edelste Saat auf einen steinigten Acker ausgestreut, u. wo er guten Weitzen aussäte, Unkraut u. Dornen aufsprossen gesehen, die noch mit seinem eigenen Blute sich färbten, u. für alle seine Aufopferungen den Undank seiner Zeitgenossen mit sich ins frühe Grab genommen, so ist es er. "Aber den JEsum, sagt unser Text, den ihr erwürget habt, u: an das Kreutz gehängt, den hat der GOtt unserer Vätter auferweckt, u. durch seine rechte Hand erhöhet zu einem Fürsten und Heiland, um Israel durch Bekehrung u. Vergebung der Sünden zu beglücken."
Lasset uns also auch hier aufsehen auf ihn, den Anfänger und Vollender unsers Glaubens, u. durch sein Beispiel ermuntert, u. durch sein Schicksal getröstet, so wie er; lauffen mit Gedult in dem Kampf der uns verordnet ist!
Der Menschenfreund arbeitet einer Ungewissen fernen Erndte entgegen, u. der Verehrer GOttes geht unter seiner Last mit stiller Gedult zum Grabe; aber die göttliche Wahrheit und Güte rechtfertiget sich schon itzt an den Gefühlen, die seine Grundsätze u. seine Thaten begleiten, u. einst in dem unausbleiblichen Segen seiner Arbeit u. dem frohen Ausgang seiner Schicksale.
Werfet einen Blick auf eure allgemeinsten Erfahrungen. Sie belehren euch, daß wir sehr unsicher schliessen, wenn wir von den nemlichen äussern Umständen auch die nemlichen innern Eindrücke bey allen Menschen ohne Rücksicht auf ihre Grundsätze, Stimmung, Denkungsart und Verhältnisse voraussetzen. In seiner ganzen sichtbaren Schöpfung hat GOtt nach dem Maas und der Wahl der Gaben, die er seinen Geschöpfen mittheilen wollte, die Stärke ihrer Bedürfnisse u. die Richtung ihrer Wünsche, nach den Schwierigkeiten u. Gefahren, unter welche sie sollten versetzt werden, die Fähigkeit auszuweichen, entgegen zu gehen u. zu dulden, nach dem Druck, den sie empfinden sollten, die Reitzbarkeit u. Stärke ihrer Gefühle in ein weises, schonendes Verhältniß gesetzt. Wo der Weise weniger gewähren wollte, da hat der Erbarmende auch weniger und leisere Wünsche angeregt; wo seine Hand schwerere Lasten auflegt, da versagt sie auch festere Kraft zum tragen nicht, u. läßt unter der zunehmend druckenden Bürde Muth und Kraft u. Ausdaurung sich stärken. Sehet auf unglückliche Menschen, denen ein widriges Schicksal schon an der Wiege zur Seite stand, u. fast bis zum letzten Schritt des Lebens nur allzugetreuer Gefährte bleibt. Sie sollten, meine wir, erliegen unter ihrer Last. Aber ein wohlthätiges Wesen gab dem Kinde das Unvermögen, sein Elend zu verstehen, dem Jüngling den leichten Sinn, es zu vergessen, dem Manne Muth es zu tragen, u. dem Greisen die Erleichterung es nicht mehr zu fühlen. Oder laßt dem Pilger, der noch immer glücklich genug, und doch nie an dem Ziel seiner Wünsche, unter frohen Hofnungen die steile Bahn des Leben hinauf stieg, laßt ihm auf der erreichten Höhe desselben, wenn er nun am jenseitigen Abhang hin zum Grabe schaut, noch jene lebhaften Gefühle, u. jene heissen regellosen Wünschen, die ihn einst wie Flügel emportrugen, so würde die nemliche Stimmung, die ihn dort zum frohen Geschöpfe machte, ihn itzt zum unglücklichsten Wesen umschaffen. Er sähe vielleicht keine Möglichkeit mehr vor sich, seine Wünsche zu erreichen, u. doch auch keine Möglichkeit sich ihres Dranges zu entladen. Aber die nemlichen Jahre u. Erfahrungen, die seinen Verstand über den Wert der menschlichen Hofnung ernsthaft belehrt haben, die haben auch seine Einbildungskraft abgekühlt u. seine Wünsche gemäßiget. Er läßt den Pilgerstab am Grabe fallen, ohne vielleicht gefunden zu haben, was er einst hastig suchte; aber seine Gefühle haben sich einverstanden, mit seinen Erfahrungen, u. er stirbt beruhigt, u. ausgesöhnt mit seinen Schicksalen.
So hat jedes Alter, u. so hat jeder Stand jede Lage des Lebens, jede Art zu empfinden zu denken u. zu handeln, neben ihrem eigenthümlichen Ungemach auch ihren eigenthümlichen Frieden, u. in jede Wunde fließt aus einer freundlichen Hand Balsam, der sie heilt, wenn er auch schmerzt, oder wohl thut, wenn er nicht heilen kann.
Diese milde Schonung u. diese wohlthätige Vergütung, die dem Ungemach durch alle Verhältnisse des Lebens, u. durch die weite Schöpfung bis zu den vernunftlosen Wesen hinabfolgt, hat der Ewige da am wenigsten vergessen noch verfehlt, wo er der menschenfreundlichen Tugend ein grosses mühevolles Geschäft auflegte, u. die schuldlose Rechtschaffenheit auf dornichtem Pfade wandeln hieß, aber den Preis, den ihr Menschen u. Engel zuerkennen, erst in eine ferne Ewigkeit hinaus verlegte. Von aussen sehen wir Schwierigkeiten sich häuffen, Gefahren drohen, Stürme ausbrechen, aber in dem Herzen, das noch unter Undank u. Verfolgung für das Wohl der Menschen fühlend u. rege bleibt, u. unter dem Unbestand u. Wechsel der irrdischen Dinge für die Ewigkeit wirket u. hoffet, in dem Herzen wohnet unentreißbare Ruhe.
Es sind gewisse Neigungen, Grundsätze u. Wünsche die es einem Menschen vorzüglich schwer machen, den Unmuth getäuschter Hofnungen u. verfehlter Zwecke, den Unbestand der zeitlichen Dinge, u. alle Prüfungen eines ungünstigen Schicksals zu ertragen, unweise Anhänglichkeit an die Erde u. ihre täuschenden Güter, ungemäsigter Hand nach ihren Freuden, geheimer Eigennutz, der auch bei dem edelsten Scheine seinen Vortheil allein oder zuerst berechnet, u. eine unselige Zweifelsucht, welche mit jenen Zerstreuungen des Geistes dem Glauben an GOtt u. an Vorsehung, an Unsterblichkeit u. Vergeltung seine wohlthätige Stärke raubt. Aber bemerket, wie alles was zusammen wirken soll, sich natürlich findet, u. was sich nicht vertragen kann, von selber scheidet. Gerade unter jene unfruchtbare stechende Dornen verirrt sich auch diese stille friedliche Tugend u. diese edle thätige Menschenliebe nicht, Sie ist eine zarte duftende Blume, die nur da aufkeimet u. glücklich gedeihet, wo die edle grünende unverwelkliche Palme, innere Geistes u. Herzensreligion, mit ihren wohlthätige Zweigen Schatten u. Schutz verbreite.
Diese stille friedliche Tugend u. diese edle thätige Menschenliebe hat nie auf die Aufmerksamkeit der Menschen zuerst gerechnet, nie um ihren Dank vornemlich gearbeitet. Sie läßt die Hand mit der sie gutmüthig gab, nicht zögernd offen, um zwiefach zu nehmen; sie sucht ihren Trost nicht ausser sich auf der Erde. In ihr selbst liegen Ermunterungen u. Freuden, die alles was Menschen durch Dank u. Belohnung geben können, auf den geringem Werth einer zufälligen Beilage herabsetzen. In dem Herzen des Frommen wohnet sein Frieden. Hinauf zu GOtt strebt sein freier frommer Sinn, zu ihm dessen Auge keine gute That in der verborgensten Hütte der Erde verrichtet, zu ferne liegt, zu ihm dessen Zeugniß u. Beifall auch für das kleinste, was arme Menschenkraft vermag, für jede fromme Thräne, für jedes herzliche gutgemeinte Wollen, für jeden menschenfreundlichen Wunsch Dank u. Belohnung ist. Er entbehret, aber nur das, worauf er nicht gerechnet hat; er verliert, aber nichts, woran die Ruhe und der Trost seines Lebens unzertrennlich haftete. Er leidet auch, fühlt tief die Wunden, die das Schicksal seinem Herzen schlägt, schaut in trübe Tage der Zukunft hinaus; aber mit Dank u. Vertrauen nimmt er Glück u. Unglück, Armuth u. Reichthum, Leben u. Tod aus den Händen seines Vatters, den er kennt. Von dem Himmel kommt sein Trost. Hinaus in die Ewigkeit dehnt sich sein düsterer Blick, und erheitert sich wieder in ihrem fernen milden Schimmer, wo für alles irrdische Wirken und Dulden Vergeltung in gerechtem Mase, für härtere Kämpfe süssere Ruhe, für schwerere Siege glänzendere Kronen warten.
In diesem großen freien Himmelssinne, in dieser unzerstörbaren Geistesruhe, wandelte einst JEsus CHristus durch ein wohlthätiges Leben, dem schmerzhaftesten Tode, der ihm gleichsam von dem ersten Schritte an blutig vor den Augen lag, unter allen Prüfungen mit Entschlossenheit entgegen; der ärmste u. verkannteste unter allen die vom Weibe gebohren sind, u. doch der Zufriedenste; angefeindet wie keiner, u. sanftmüthig ohne gleichen; verfolgt von den Schmähungen u. dem Fluch seiner Widersacher, u. nie zum Wohlthun u. Segen verdrossen. Als eine empörte Rotte Zurüstungen zu seiner Marter u. zu seinem Tode machte, weihete er sich durch Gebet und frohe Hoffnung zum Leben ein, und als sie in seinem herannahenden Todeskampf über ihn ausriefen: er hat GOtt vertraut, der helfe ihm! stralte heller als nie die Überzeugung in seiner Seele auf, daß er auf dem blutigen Todeswege zum Vatter gehe. Seine Freunde weinten, und seine Feinde schrien Wehe! über sein Haupt. Aber den innern Frieden dieses Gerechten, Freuden so rein und so groß, wie sie aus dem Bewußtseyn seiner Thaten flössen, Tröstungen im Leiden wie sie seine Überzeugungen begleiteten, die hatte noch kein Pharisäer an den Ecken der Gassen, kein Ältester im Rath, der seinen Tod beschloß, kein Pilatus auf dem gefürchteten Richterstuhl, und kein Herodes auf dem beneideten Königsthron empfunden. So hat sich die göttliche Wahrheit u. Güte an seiner Seele gerechtfertigt.
Lasset also auch uns meine Freunde! vor keiner Mühe u. keiner Gefahr zurückbeben, die uns auf dem Wege der Tugend fernher entgegen kommt. Es erwartet euch auf dem nemlichen Wege eine Unterstützung, die ihr auf jedem andern, u. keiner führt unter Rosen zum Grabe, vergeblich suchen würdet. Es wird sich auf ihm der Umfang eurer Pflichten, es werden sich vielleicht Gefahren u. Leiden mit jedem Schritte größer u. wichtiger vor euren Augen ausdehnen. Aber das Gefühl für Tugend, die Neigung zu allem was gut und edel ist, die Kraft auch das schwerste zu bestehen, das lohnende Bewußtseyn besser, zum Guten fähiger, würdiger zu seyn, das Vertrauen auf GOtt, die Freude seines Beyfalls, der Trost der Unsterblichkeit wird sich in dem nemlichen aufwiegenden Verhältniß in eurer Seele erhöhen. Jeder Schritt auf dem guten Wege wird eure Füße stärken, jeder errungene Sieg euch Muth u. Zuversicht u. Kraft zu einem neuen ehrenvollen Kampfe gewähren.
Die Erfahrung, daß auch den Besten seine Tugend nicht vor Leiden schützt, müße euch eine große Wahrheit fühlbar u. wichtig machen. Es gibt kein Mittel in eines Menschen Kraft, sich von den allgemeinen Gesetzen der Natur u. von dem Rechte, das Wechsel u. Unbestand über der Erde ausübet, frey zu kaufen. Das Los der Sterblichen ohne Unterschied, nennet sie wie ihr wollt, ist überall, wenn schon in ungleichem Maße, aus Freude u. Leid, Genießen u. Entbehren, Finden u. Verliehren gemischt. Lasset uns also, wenn sich die Umstände nie ganz, und oft so gar nicht nach unsern Wünschen schmiegen, desto lieber jene Gesinnungen annehmen u. bewahren, die uns auch das schwerste mit Muth ertragen lehren, uns innere unabhängige Ruhe verschaffen, u. am Ende unsere ausgewandelten Lebensbahn, wenn der letzte Seufzer verstummet, und die letzte Thräne zerrinnet, reine ewige ununterbrochene Wonne verbürgen.
 GOttesglauben u. Trost der Unsterblichkeit ist es, was den Menschenfreund zu guten Thaten stärkt, u. unter verfolgenden Leiden tröstend zum Grabe begleitet, u. sein Glauben täuscht ihn nicht. Denn GOttes Wahrheit und Güte rechtfertiget sich einst ganz in dem unausbleiblichen Segen seiner Thaten, und dem frohen Ausgang seiner Schicksale.
Wer das Gute verrichtet, damit auch dieses Gute mehr gethan sey, damit auch seine That und seines Lebens Kraft in dem grossen Zusammenhang der Dinge mitwirke an ihrem Orte, um hier Thorheit u. Bosheit u. Elend zu hindern, u. dort Menschenglück u. Friede u. Freude zu befördern; wem eines Menschen aufgeheiterter Blick, u. die Freudenthränen in dem Auge eines Getrösteten, u. der späte Dank eines Glücklichen, der vielleicht erst in der Ewigkeit seinen Wohlthäter findet, süsse Belohnung ist, dem entgeht auch der frohe Segen seiner Thaten nicht. Keine That verfehlt ihrer Folgen. In dem großen Wirkungskreise, wo so mancherley Kräfte gegen einander streben, u. so mancherley nicht zu berechnende Umstände sich nach allen Richtungen aneinander reihen, mag wohl ihre Entwicklung lange gehemmt werden, u. unter unabläßigen Schwierigkeiten langsam Ganges sich fortwirken, und die Reihe ihrer stillen Folgen in dem rauschenden Strom des allgemeinen Lebens und Wirkens sich unkennbar verlieren. Aber ihre Folgen verfehlt sie nicht. Geschieht doch auch nichts böses umsonst. Und wer gesteht diese traurige Wahrheit lieber zu als, wer jene frohere verkennt? Hie u. da, spät oder frühe wird ein Mensch dadurch betrübt, ein Unschuldiger geärgert, ein Leichtsinniger verführt, ein Boshafter bestärkt, etwas Gutes aufgehalten, etwas Schlimmes befördert, u. wenn alles fehlt, der Stifter einer kleinern Übelthat zu einer größern vorbereitet. Wie sollte denn das Gute nur, wie sollte die ganze Lebensmühe eines Menschenfreundes unter den Augen der Vorsehung verlohren, oder unbrauchbar in ihren schaffenden Händen seyn! Nein, GOtt nimmt jede, auch die kleinste Steuer zum Menschenwohl aus gutem Herzen gereicht, mit Wohlgefallen an, und verschmäht sie nicht. Aber wohl wir in seiner Hand etwas anders daraus, als es in den Händen des schwachen Geschöpfes von Erde war. Wohl enthüllet sich ihr segnendes Wirken auf eine andere Art, in einem andern Maße, an einem andern Ort, zu einer andern Zeit, oft erst alsdann, wann der fromme Thäter schon lange unter den Todten schlummert.
Sehet auch hier zurück auf den grösten Wohlthäter, dessen die Erde sieh freuet, auf JEsum. Groß u. schwer war die Ausführung seines Vorsatzes die Menschen aus dem tiefern Elende zu retten, wohin Unwissenheit und Irrthum u. Sünde sie geworfen hatte. Aber unauslöschlich war sein Eifer das große Werk zu vollenden, aushaltend schwerlich; wahr u. schön u. belebend seine Lehren, seine Ermahnungen und Tröstungen; zahllos u. um theure Preise zu Stande gebracht seine Wohlthaten. Kein Tag vergieng, an dem er nicht unter Freude oder Thränen, unter Hofnung oder Seufzern, in der lieben traulichen Gesellschaft seiner Freunde, oder in dem harten Kampfe mit seinen Feinden dem grossen Ziele näher rückte. Und doch als ihn die Nähe seines frühen Grabes umschattete, schien alles, was er in einem kurzen, aber thatenreichen Leben für Menschenglück gelehrt u. gethan hatte, nach seiner eigenen Vergleichung einem unbemerkten den Stürmen preisgegebenen Senfkorne gleich. Aber mit dem Blute seines Herzens befeuchtet, hat sich sein Keim entfaltet, u. seine Zweige haben sich stille u. unzerstörbar über die Erde verbreitet, u. wo sie geschont u. gepflegt werden, da blühet noch itzt aus ihnen Friede u. Freude u. Segen auf. Er war weder in Jerusalem noch in Galliläa mehr gesehen; aber Israel fand in seinem Namen Buße u. Vergebung der Sünden.
So enthüllet unter GOttes Leitung die Zukunft, was die Gegenwart verbarg, u. den Segen, den der müde Arbeiter am Wege des Grabes vergeblich zu schauen wünscht, zeiget ihm in reicherer Fülle die Ewigkeit.
Die Ewigkeit, wo sein Schicksal sich froh entwickelt! Wir stehen hier an dem Rande unserer menschlichen Erfahrungen. Aber den einen unserer Brüder, JEsum den einst verkannten Menschenfreund u. stillen Dulder, "den sie erwürget haben, u. an ein Holz gehänget, hat ihn nicht GOtt auferwecket u. durch seine rechte Hand erhöhet zu einem Heiland u. Fürsten" - ihn der dazu erschienen war; um alles was die Vernunft trostreiches von dem Schöpfer ahndet, u. was die Offenbarung großes und wunderbares von ihm erwarten heißt, durch sein menschliches Leben sichtbar darzustellen, u. durch sein menschliches Schicksal zu verbürgen; ihn, der in allen Dingen seinen Brüdern gleich werden wollte, u. sie einst sich gleich zu machen, wenn er durch Thaten u. Leiden seine Herrlichkeit errungen hätte, der mit dem süßen Tröste von seinen Leben sich losriß: Ich gehe hin, aber ich komme wieder; ich will euch zu mir nehmen, auf daß ihr seyd, wo ich bin. Ihr sollt meine Herrlichkeit sehen, die mir der Vater beschieden hat. Einst getödtet, jetzt lebt er. Einst der verachteste und unwertheste, im blutbespritzten Staub der Erde niedergebeugt, sitzet er jetzt, der erstgebohrne seiner Brüder, auf dem Throne seiner Herrlichkeit, u. ist geehret von GOtt, dem er vertraute, und angebetet von den Engeln, die seinen Tod betrauerten, u. vernimmt vom Aufgang bis zum Niedergang das Gebet u. Flehen vieler Tausende, die seinen Namen bekennen, u. macht es ihnen in dem Troste, womit er ihre Herzen beruhiget, u. in der Kraft, womit er sie durch den Kampf zum Siege führet, fühlbar, daß er lebe, u. mit der hohen Wonne, seelig zu machen, für seine Todesleiden getröstet sey. So groß u. herrlich hat sich GOttes Wahrheit u. Treue an der Vollendung seines Schicksals gerechtfertiget.
Mit ihm wandelt der Trost u. die Hoffnung der guten Menschenheit zu Grabe; mit ihm kehrt sie, verklärt wie er, in das Leben zurück, u. windet sich mit ihm in die Unsterblichkeit auf. Wo er ist, soll sein Diener auch seyn. "Wenn ich erhöhet bin, von der Erde, will ich sie alle zu mir ziehen."
Solchen Trost gewähret uns, christliche Zuhörer, der Glaube an GOtt und an die Verheißungen JEsu CHristi bis zum gänzlichen Aufschluß über den Segen unsrer Thaten, u. das Ende unsrer Leiden. Was wir Gutes thun, ist GOtt gethan, u. seine Hand führet uns durch die Wolke der Prüfung, die nur disseits des Grabes sich ausdehnt, dem Leben im Glänze der Unsterblichkeit entgegen. Fühlen wir es also, daß dieses Weilen im Lande der Unvollkommenheit zu kurz, unser Schicksal selbst am Grabe seinem Anfang noch zu nahe, unser Blick auf GOttes Werk u. seine fernen Absichten noch zu schwach und ungeübt sey, als daß die Summe aller Widerwärtigkeiten und Leiden, die uns Zufriedenheit u. Hoffnung u. selbst die Tugend erschweren könnten uns zu einer Klage gegen GOtt, zu einem Mißtrauen in die feste ewige Wahrheit seiner Verheißung, u. zur Mutlosigkeit im Guten berechtiget? Lasset uns also, so lange wir hier noch weillen, statt über GOttes Wege ungeduldig und vermessen zu urtheilcn, sie lieber durch stille Gedult, u. unverrücktes Vertrauen ehren. Hinter der menschlichen Thorheit, an der unser Auge finster weilet, wirkt göttliche Weisheit in verborgener Stille; hinter der menschlichen Bosheit bereitet göttliche Güte unerwartete Wohlthaten. Die Menschen werden verschwinden, ihr Werk wird sich zerstöhren; aber GOttes Gnade u. Wahrheit wird hervortretten, u. ewig bestehen. Noch hier auf dem niedrigen Standpunkt, u. während des schwindenden Augenblicks unsers irdischen Daseyns wollen wir seinen großen Plan, der von Ewigkeit zu Ewigkeit reicht, und Erde und Himmel umfaßt, u. die Angelegenheit der Erde u. des Himmels mit einander verwebt, hier wollen wir ihn nicht überschauen, u. keinen einzelnen Faden in seinem verschlungenen Gang durch das Ganze verfolgen. Lieber laßt uns jeder zu seiner Zeit u. an seinem Orte gutes wirken für seine Absichten, u. an den Segen unsrer Thaten glauben - nicht verzagen, wenn wir wenig Früchte unsrer Mühe u. unsers Schweißes gedeihen sehen. Eure Liebe u. eure Tugend - habt sie nur - wir euer Daseyn auf er Erde überleben. Nicht ihr, nicht eure Zeitgenossen erst haben die Bäume gepflanzt, die euch itzt Frucht u. Kühlung geben; nicht sie haben das Land das einst öde lag, in grüne Auen und saatenreiche Felder umgeschaffen; nicht sie haben erst Warheit u. Weisheit in ihrem verborgenen Heiligthum aufgespürt, u. GOtteserkenntniß vom Himmel herabgeholt, u. Menschlichkeit u. müde Sitten unter die Menschen zurückgebracht; nicht sie haben erst die Verhältnisse der menschlichen Gesellschaft abgemessen u. geordnet, u. durch alle Verhältnisse Leben, Wirksamkeit, Ordnung u. Glück verbreitet. Oder hätten sie es? Wohl so folgt auf schwache Menschenthat naher großer Segen. Oder ist eure Bildung, euere Weisheit euer Wohlstand u. Glück die vereinigte Wirkung weggestorbener Geschlechte u. verschwundener Jahrhunderte, haben tausende u. aber tausende jeder sein Scherflein dazu beigetragen, ohne zu wissen, wann und wo, u. wem er nützen würde, so wird auch euer menschenfreundlicher Eifer, euer Rath, euer Beispiel, euere Mühe, euer Opfer jedes an seinem Ort u. in seinem Maße noch fortwirken und wohlthun, wenn euch lange das Grab zum Troste unsrer irdischen Mühen die große Verheissung gethan, und. selber die Bahn durch Leiden zur Freude eröffnet hat. Noch ist es nicht erschienen was wir seyn werden; wie wissen aber, wenn es erscheinen wird, daß wir ihn sehen, u. so, wie sein Geist in uns wohnte u. wirkte, selig seyn werden, wie er es ist.

Amen.

 

 

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