zurück Keren Happuch, Jephthas Tochter Richter Kap. 11, V. 30 - 40.
     

Nicht leicht wird ein geneigtes Mitglied der Theologischen Gesellschaft die Geschichte der Tochter Jephtha lesen, es trete dann das unglückliche Geschöpf in allen Reizen einer schönen Jugend und einer edlen Natur vor seine Phantasie.

Berger, in der praktischen Einleitung in das Alte Testament, bedauert, daß uns die Geschichte ihren Namen nicht aufbewahrt habe, wiewohl man ihr in der Geschwindigkeit jeden andern leihen kann, z. B. Keren Happuch, und wenn der weichherzige Bruder Walt in dem herrlichen Buch der Flegeljahre sich bekanntlich in Unbekannte, zwar zum Teil aus Koburg, zum Teil aber auch aus dem Buch der Richter, verliebt, so kann man sich ohngefähr vorstellen, in welche.

Aber besser wäre es getan, wenn wir die Unglückliche noch retten könnten, und es dürfte sich vielleicht die Mühe lohnen, die Akten noch einmal durchzugehen.

Bekanntlich ist hier die Hauptstelle Buch der Richter Kap. 11, V. 31., und bekanntlich kommt alles darauf an, ob die letzte Silbe in dem Zeitwort Haalithihu das Verhältnis des Akkusativs oder des Dativs bezeichne. Im ersten Fall hieße es richtig: «ich will es, nämlich was mir zuerst aus meiner Haustüre entgegenkommt, opfern, ein Brandopfer.»

Im zweiten Fall hieße es: «ich will ihm, nämlich Jehova, opfern ein Brandopfer.»

In diesem Fall hat das Gelübde zwei Teile:

1. Ich will das, was mir zuerst entgegenkommt, Jehova heiligen, d. h. dem Tempel weihn.

2. Ich will Jehova außerdem ein Brandopfer bringen. - Nun ist nicht zu leugnen, daß in der Regel und fast ohne Ausnahme die Suffixsilben hinter den Zeitwörtern den Akkusativ bezeichnen, und also die Übersetzung: «Ich will es opfern», die natürliche und dem Sprachgebrauch angemessen seie.

Aber doch auch nicht zu leugnen, daß eine solche Silbe ein und das andere Mal den Dativus bezeichne,
 z. B.
Nethathanj, du hast mir gegeben, Jos. 15, V. 19., und namentlich im Buch der Richter
Kap. 21, V. 22:
chonnunu otham, wo die Worte gar keine andere Bedeutung zulassen.

So gewiß aber und anerkannt es ist, wenn eine Stelle, in der gewöhnlichen Konstruktion genommen, ganz und gar keinen grammatikalischen Sinn mehr gibt, daß alsdann die ungewöhnliche, aus der sich ein ganz natürlicher Sinn heraushebt, die richtige seie, so wenig ist es gewiß, wenn die nämliche Stelle nach dem gewöhnlichen und ungewöhnlichen Sprachgebrauch einen grammatikalischen Sinn anbietet, daß darum notwendig und unbezweifelbar die gewöhnliche allemal die richtige sein müsse.

Aber allerdings können alsdann nur noch äußere Gründe entscheiden, und allerdings müssen diese sehr schwer und durchgreifend sein, wenn sie für die Ausnahme des Sprachgebrauchs entscheiden sollen.

Hier kommt nun zuvörderst alles darauf an, ob Jephtha psychologisch oder moralisch der Mann sein konnte, der imstande war, das Gelübde eines Menschenopfers zu tun oder irgendein Gelübde durch Kindesmord zu befriedigen.

Allerdings, sagen die Freunde des Verbrennungsprozesses und schließen also:

Jephtha, als uneheliches Kind aus des Vaters Hause verstoßen, ward ein Räuberhauptmann. Ergo hat man sich in ihm nichts anders als einen rohen, unwissenden Barbar vorzustellen. Ergo liegt es gar nicht außer seinem Charakter, solch ein Gelübde zu tun und zu halten.

Das gibt nun die andere Partie gutmütig zu und denkt nicht einmal an den kleinen Vorteil dabei, daß einem unwissenden Barbaren ein kleiner Verstoß gegen den gewöhnlichen Sprachgebrauch auch zu verzeihen wäre, sondern sie sagen: der Hohepriester würde es nicht zugegeben haben und ähnliches, was wenig Stich hält, statt wie die Beröenser in der Schrift zu forschen, ob es sich auch also verhalte.

Nein, es verhält sich nicht also, und von dem wenigen, was uns die Schrift von Jephtha erhalten hat, ist, wenn wir keinen Krebsschluß von seinem Gelübde auf seinen Charakter machen wollen, alles entschieden für ihn und für den Dativus quaestionis. Denn

1. War Jephtha kein Räuber in dem Sinn, wie das Wort genommen wird und genommen werden muß, um seiner Reputation zu schaden. Wer Jephthas Metier einen Namen geben will, muß wenigstens vorsichtig sein und einen solchen wählen, der den Begriffen des damaligen Zeitalters angemessen ist und auf den Sohn des Isai auch paßt, der das nämliche Metier im großen trieb und Hebr. 11, V. 32. neben Jephtha genannt wird. Auf alle Fälle beweist Davids Beispiel, daß man das, was beide waren, sein kann, ohne deswegen ein roher Barbar zu sein.

2. Jephtha war wenigstens noch ein rechtgläubiger Israelite. Denn er führt Jehovas Krieg; so erwartet er auch von Jehova, seinem Gott, den Sieg und tut nicht etwa einem kananäischen Götzen, keinem Moloch, sondern Jehova sein Gelübde.

3. Gibt Jephtha den Ältesten von Gilead V. 7 - 10. doch eine gar feine Audienz:

«Seid ihr nicht die nämlichen, die mich aus meines Vaters Hause vertrieben haben? Warum kommt ihr nun in eurer Not zu mir?»

«Eben darum kommen wir (nämlich es gutzumachen, oder weil wir in der Not sind), und komm mit uns und führe den Krieg gegen die Söhne Ammons und sei unser Oberhaupt!»

«Wenn ich mit euch gehe, den Krieg zu führen gegen die Söhne Ammons, und Jehova gibt mir über sie den Sieg, werde ich alsdann euer Oberhaupt sein?»

Er ging mit ihnen, und sie setzten ihn über sich zum Feldherren und zum Oberhaupt.

Man weiß fast nichts hierüber zu sagen, was nicht von selbst in die Augen springt, aber lauter Gutes für Jephtha, z. B. daß die Männer von Gilead, die seinen Charakter besser als wir kennen müssen, und namentlich ihre Abgeordneten an ihn doch ein großes Vertrauen gegen den schwer beleidigten Mann an den Tag legen und daß gegen einen Mann wie Jephtha das größte Vertrauen nicht zu groß war; er vergißt nicht, was er sich selbst schuldig ist. Er will nicht dafür angesehen sein, daß er den Männern von Gilead für seine Begnadigung noch Dank schuldig seie. «Seid ihr nicht meine Feinde? Warum denn kommt ihr in eurer Not zu mir?» Aber geneigt, zu helfen und womöglich das Vaterland, dessen Rechte ihm entrissen waren, und die nämlichen, die sie ihm entrissen hatten, zu retten, begnügt er sich mit dieser kleinsten und leichtesten Genugtuung und geht mit. Kennt die Theologische Gesellschaft ein schöneres Beispiel zu dem evangelischen Gebot: «So dein Feind zu dir käme und spräche, es ist mir leid, so sollst du ihm vergeben?»

Oder könnte ein Aristides in dem nämlichen Fall sich würdiger benehmen? Es ist nicht zu leugnen und auf alle Fälle verzeihlich, daß auch die Hoffnung, seine eigene Lage zu verbessern, auf seine Entschließung einwirkte. «Wenn ich mit euch gehe, werde ich dann euer Oberhaupt sein?» Aber auf alle Fälle ward die Herrschaft ihm angeboten; nicht er war es, der sie eigennützig zur Bedingung machte.

4. Man könnte erwarten, daß nun Jephtha unverzüglich sich an die Spitze des Gileaditischen Landsturms stellen und die Angriffe gegen seine Feinde beginnen würde.

Aber nein, unerwartet geht er nach Mizpa, «und Jephtha redete alle seine Worte zu Mizpa vor Jehova». Einverstanden kann dieses nichts anders heißen, als er trug die ganze Verhandlung dem Priester vor und verschaffte ihr durch seine Genehmigung Rechtskraft, und es ergibt sich daraus nichts Geringeres, als daß Jephtha ein besonnener Mann müsse gewesen sein, und daß der unwissende Barbar die Mosaische Verfassung und ihre Form doch so ziemlich kannte und sie entweder als rechtschaffener Israelite in Ehren hielt oder doch als ein kluger Mann beobachtete.

5. Aber auch jetzt noch greift Jephtha den Feind nicht an. Vielmehr legt hier die Bibel zwischen seine Ernennung zum Feldherren und zwischen die Schlacht noch eine Erscheinung ein, die in der ganzen Geschichte der übrigen Feldherren von Israel kein gleiches Beispiel mehr hat. Jephtha ist es, der zur gütlichen Beseitigung der Fehde noch einen Versuch macht und eine diplomatische Unterhandlung mit dem Feind eröffnet. Jephtha setzt in einer historischen Deduktion die Grundlosigkeit der ammonitischen Ansprüche und die Rechte Israels an das angesprochene Land auseinander und reinigt sich und sein Land von aller Schuld an diesem Krieg. Eine schöne Beurkundung nicht nur seiner guten Bekanntschaft mit der Geschichte und den Rechten Israels, sondern auch eines rechtlichen, gemäßigten und friedlichen Charakters. Nur sie ist die Basis, auf welcher des Sieges Ruhm eines Helden unvergänglich ruht. Erst nach einem fruchtlosen Versuch zum Frieden und zur Schonung des Menschen- und Bürgerbluts greift der Feldherr an das Schwert und schlägt die Söhne Ammons von Aroer bis Minith zwanzig Städte und bis nach Abel Keramin oder, wie Luther sagt, bis an den Plan der Weinberge, eine große Schlacht.

6. Aber auch ein zartfühlender Mensch und Vater muß Jephtha gewesen sein, wenn diese feine und schöne Seite des Charakters anders sich darin beurkundet, daß er seiner Tochter das gesprochene Wort und ihr Schicksal nur leise und andeutend zu verstehen gibt, ohne es auszusprechen. «Meine Tochter, wie beugest du mich! Denn ich habe meinen Mund gegen Jehova aufgetan und kann es nicht zurücknehmen», und die Antwort und das Benehmen der Tochter spricht eine Kindesliebe aus und deutet auf eine Erziehung und einen Charakter hin, den man unter den Familien der Räuberbanden wohl schwerlich suchen wird. Sich scheuend, die Räuberin der Gewissensruhe ihres Vaters zu werden oder durch Bitten und kindliche Tränen das Herz ihm schwer zu machen oder auch nur durch einen Schein von Vorwurf oder Ausweichung ihn zu betrüben, willigt sie in sein Gelübde ein, welches es auch seie, und findet, was gegen allen Verdacht einer Apathie oder schafsmäßigen Dummheit schützen muß, den hinreichenden Ersatz für jede Aufopferung entweder in dem Ruhm ihres Vaters oder in dem Siege Israels. «Tue mir mein Vater, wie es aus deinem Munde gegangen ist, nachdem der Herr dich gerächet hat an deinem Feind.» Ein Benehmen, ich möchte sagen einer edlen Römerin würdig, wenn ich wüßte, daß eine Fürstentochter Israels damit mehr geehrt würde, als sie es durch sich selbst sein kann.

Es ist zwar möglich, daß wir in diesen Worten nicht mehr den Jephtha und seine Tochter, sondern nur noch den Schriftsteller hören, der weiter nichts sagen will und nichts zu sagen hat, als Jephtha habe seiner Tochter ihr Schicksal angekündigt und sie habe sich ihrem Schicksal unterworfen. Allein so steht's da, so habe der Vater gesprochen und so wiederum die Jungfrau, und wenn wir den historischen Boden verlassen wollen, so ist freilich vieles andere auch möglich, z. B. daß die Ammoniter gar nicht im Lande waren.

7. Die Bibel gibt uns im 12. Kapitel zwar noch einen Beitrag zur Geschichte, aber kaum mehr zur Charakteristik des Jephtha, seinen Sieg über Ephraim. Da ist er auch hier wieder nicht der angreifende Teil. Er führt auch hier einen Not- und Verteidigungskrieg und mißbraucht den Sieg zu keinen Eroberungen. Die Heimatsprobe aber durch Schiboleth hat zu sehr das Gepräge eines Mutwillens auf dem Vorposten, als daß man annehmen könnte, was doch der Text nicht sagt, daß der Feldherr den Befehl dazu erteilt oder auch nur Wohlgefallen daran gefunden hätte.

Mit solchen Strahlen einer schönen Glorie geht der Feldherr von Gilead, eine kurze Erscheinung, an uns vorüber; ein großmütiger und besonnener Mann, ein rechtgläubiger Israelite, wohl vertraut mit den Gesetzen und Rechten Jehovas, seines Gottes, siegreich in der Schlacht, aber geneigter zum Frieden, ein zärtlicher Vater und für eine edle Erziehung und Behandlung durch die Liebe und Folgsamkeit seiner Tochter schmerzlich belohnt.

Doch ehe ich den Schluß präzipitiere, will ich, zwar mit Umgehung alles bekannten und schon oft wiederholten Räsonnements über diesen Gegenstand, nur noch zwei Bedenklichkeiten anführen und beleuchten, die mich bisher wohl begleitet haben. Die erste: Was ist dabei gewonnen, den Jephtha auf einmal zu einem unbesonnenen Mann umprägen zu wollen, da doch selbst das Gelübde, das erste, was ihm aus seiner Türe begegnete, zum Leibeigentum des Tempels zu weihen, zumal von dem Vater eines einzigen Kindes ausgesprochen, schon die größte Unbesonnenheit war? Antwort: Nein, es war die kleinste. Die größte wäre das Gelübde des Brandopfers gewesen. Nun ist es aber vor Gott und Menschen billig und recht, einem sonst verständigen und besonnenen Mann, wenn er von zwei Übereilungen eine notwendig muß begangen haben, lieber die kleinste als die größte zuzutrauen, lieber diejenige, bei welcher er als ein verständiger und gesetzter Mann noch bestehen kann, als die, welche ihn wirklich zum unwissendsten Barbaren und sinnlosesten Fanatiker umstempeln mußte. So viel ist dabei gewonnen. Erheblicher aber, und vielleicht am allererheblichsten ist die zweite Bedenklichkeit; wenn der Gebrauch einer ungewöhnlichen, ja man kann sagen, einer höchst seltenen Konstruktion, einen solchen Mißverstand nicht nur veranlassen kann, sondern fast notwendig herbeiführen muß, wie derjenige wäre, wenn der Verfasser des Buchs der Richter den Gedanken, Jephtha habe seine Tochter dem Tempeldienst gewidmet, so ausdrückte, daß man glauben könnte und fast müßte, er habe sie zum Brandopfer gebracht, so seie dem Sprechenden oder Schreibenden zuzutrauen, daß er in solchem Fall den ohnehin ungewöhnlichen Ausdruck sorgfältig vermeiden und sich des unmißdeutbaren, d. h. des gewöhnlichen, bedienen werde, wonach der unsrige statt Haalithihu würde gesagt haben Hoellthi lo. Es ist fast wahr. Aber ich könnte schon im allgemeinen sagen, der Gebrauch einer ungewöhnlichen und man darf fast sagen einer fehlerhaften Sprachweise sei allemal ein Versehen, aber gerade wenn es der Schriftsteller begeht, seie er sich dessen nicht bewußt, sonst wäre es keines, und er könne also auch an Möglichkeit eines Mißverstandes nicht denken, den er veranlaßt. Aber wie, wenn der unsrige diese Vorsicht, die wir künstliche Hebräer, aber Fremdlinge seiner Zeit und seiner Heimat, ihm zumuten, gar nicht einmal nötig gehabt hätte? Wie, wenn von seinen Zeitgenossen es gar keinen hätte einfallen können, ihn zu mißverstehen, weil es ihnen gar nicht möglich war, an so etwas zu denken, zumal wenn die Sprachweise, die den Dativus mit dem Akkusativus verwechselt - es geschieht ja noch heutzutage selbst von den gebildetesten Menschen - vielleicht gar die übliche und bekannteste war? Je unglaublicher und unbegreiflicher wenigstens dasjenige wäre, was ein Schriftsteller oder jeder vernünftige Mann zu sagen scheinen kann, desto unbesorgter darf er sein, daß man ihn so verstehen werde und müsse, wie er's meint, und wenn heutzutage in mehr als einer Gegend von Deutschland ein reicher und edeldenkender Mann einer armen Verwandten sagte oder schriebe: Ich will für deine Bedürfnisse sorgen und dich auf den Winter ein Schwein schlachten lassen, oder wie die Stellung in der Bibel es mit sich bringt: Ich will dich schlachten lassen ein Schwein, so würden sie den Mißgriff vielleicht bemerken, vielleicht darüber lächeln, aber alles andere eher, als der Obrigkeit eine Anzeige tun, daß sie in Gefahr des Todes seie, und es gehörte nur ein Fremdling aus einem späten Zeitalter dazu, der den Verdacht eines Verwandtenmordes auf ihn werfen möchte.

Sollte man nicht so etwas auch in unserer Stelle mit Grund annehmen können und sogar notgedrungen annehmen müssen, da auch selbst die Bibel, die doch gut Hebräisch versteht, kein leises Wort der Mißbilligung über ein schreckliches Gelübde und seine Vollziehung ausspricht? Sie richtet sonst laut und ernst jede Untat, jeden Frevel an der Verfassung und dem Gesetz. «Das Land ist entweiht. Es ist ein Greuel in Israel geschehen.» Sie bringt damit Niederlagen und andere Unglücksfälle in Verbindung, die sich oft erst nach einem Menschenalter ereignen. Ihre Detestationen hallen noch im Neuen Testament und namentlich in dem Brief an die Hebräer wider. Nur nach dem abscheulichsten aller Verbrechen gegen Natur und Gesetz, nach Kindesmord, zur Ehre Gottes auf israelitischem Grund und Boden verübt, kräht kein Hahn, und namentlich der Brief an die Hebräer führt den Jephtha unter den Helden auf, die durch den Glauben Königreiche bezwungen, Gerechtigkeit gewirkt und die Verheißung empfangen haben. Und Jephtha hätte diesen Greuel doch verübt, und die Bibel wüßte es und gestünde noch, daß sie es wisse? Doch ich will der Theologischen Gesellschaft keine Zumutung machen.

Es ist allerdings schon vieles geschehen, was niemand begreift. Ich begnüge mich, wann sie sich überzeugen will, daß wir gar keine Ursache haben, den Jephtha für etwas anders als für einen besonnenen, mit den Gesetzen und Rechten Israels bekannten, edlen Fürsten und Feldherrn zu halten, und daß das Verbrechen, welches in dem Wort Haalithihu liegen soll, von einem solchen Manne begangen und das Stillschweigen der Bibel hiezu eine ganz und gar unerklärbare und beispiellose Erscheinung seie, viel unerklärbarer und beispielloser als der Gebrauch eines Suffixes bei dem Zeitwort in einer andern Verbindung als des Akkusativs. Ich aber meines Orts gestehe, wenn ich eine Hermeneutik der Bibel zu schreiben hätte, daß ich vielleicht drei bis vier neue Grundsätze, aber diesen einen gewiß hineinstiften würde, daß, wenn eine grammatikalische Regel, deren Unterbau ohnehin schon durch ein paar Ausnahmen gleich als durch Steinpholaden benagt wird, nicht nur das Leben einer Jungfrau, sondern auch die ganze Reputation eines biedern und achtungswerten Mannes aufs Spiel setzt, so gelte die Ausnahme.

 

 

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