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Juden u. Pilatus.
Der Jude zeigt sich hier so ganz als
Jude, wie ers noch heut ist, daß die jetzigen Juden eine lebendige Kopie
dieses Gemähides seyn müsten, wenn nicht das Gemähide selber Kopie des
jüdischen Charakters wäre. In der nicht zu befridigenden Rachsucht, in dem
Pochen, wo Sie den Vortheil in der Hand zu haben glauben, in dem
verstekten Drohen: Lässest du diesen los pp in dem ganzen
ungerechten Verfahren, in dem ungezämten Muthwillen, in dem Spottr: Er hat
andern geholfen pp in der argwöhnischen Vorsicht mit der sie
das Grab versiegeln, sieht u. hört man unverkennbar den Juden.
In dem Pilatus den Römer - so gut der Charakter eines Römers in dem
Charakter eines schwachen Mannes sichtbar werden kan. Denn woraus liesse
sich sein verschiedenes widersprechendes Betragen erklären? Warum nimt er
sich des Verfolgten so an? Will er nur die Juden schikanieren? Oder ists
Gerechtigkeits Liebe? Und doch lässt er ihn geiseln. Vielleicht in der
Hofnung den Haß seiner Feinde damit zu besänftigen. Und zulezt opfert er
ihn auf. Fürchtete er sich vor den Juden? Ein Römischer Landpfleger? Warum
schlug er nicht Rom vor? Hatte er vielleicht etwas einzubüssen, wenn er
das Synedrium vor den Kopf stiesse?
v. 6 "Sie wichen zurück und fielen zu
Boden."
Die Wirkung von dem edlen Muth Jesu Christi auf die rohen Kriegsknechte u.
Häscher war ein wenig stark und unerwartet, wenn sie natürlich war. Und
ein Wunder hier zu suchen geht nicht an, da es nichts genutzt hätte, auch
wirklich nichts genutzt hat. Jesus wollte den Händen der Wache nicht
entgehen sondern sich gefangen nehmen lassen freywillig.
v. 8. Suchet ihr mich, so lasset diese
gehen. Wie schicket sich diese Rede Jesu zu dem vorhergehenden. Man denkt
sich die Wache betäubt oder betroffen, auf der Erde ligend oder wieder
aufgerafft. Kein Wort daß die Jünger in Anfechtung waren.
Versuch einer andern Übersetzung.
απηλον ειζ τα οπισω,
nicht rükwärts, sondern auf die Hinterseite Jesu, (wo die
Jünger waren.) Dieser schien ihnen schon der Mann nicht zu seyn, den sie
fest nehmen sollten. Es war ihnen ohne Zweifel sehr wichtig gemacht, wie
sie des Menschen sich mit Vorsicht u. List bemächtigen müsten. Auf alle
Fälle wollten sie sehen, wer noch dahinten im Dunkeln sey.
Και επεσαν Χαμαι,
die Jünger nemlich als die Wache kam, entweder aus Furcht
u. Schrecken oder aus Klugheit, sich zu verbergen.
Jezt fragt Jesus noch ein mal, wen suchet ihr? und
erklärt ihnen: suchet ihr mich so lasset diese gehen.
Einwendungen.
I, es ist allerdings eine harte Auslassung des Nominativs in
επεσαν Χαμαι
wenn die Jünger sollen gemeint seyn. Allein
die Dunkelheit läge nicht in dieser Stelle sondern in der Zweideutigkeit
des οπισω
vorher. Hat sich Johannes die Hinterseite in Ansehung Jesu
dabey gedacht, und denkt man sichs so mit ihm, so ist es so natürlich, daß
das επεσαν
nur auf die Jünger gehen könne, daß es nicht
nöthig war sie zu nennen. Überdis ist es den bibl. Schriftstellern
gewöhnlich sich auf längst vorhergegangene Nomina zu beziehen, ohne sie
wider neuerdings zu nennen.
2, Es ist nicht wahrscheinlich daß Petrus in dem nemlichen Augenblik sich
aufgerafft u. der Wache mit dem Schwerdt sich widersetzt haben sollte, wie
v. 10. erzählt wird allein
a, geschah es auch nicht im nemlichen Nu.
Nach der Scene die Joh. erzählt muß der Auftritt mit Judas erst geschehen
seyn. Matth 26, 48 - 50. Unterdessen hatte Petrus einige Zeit sich zu
erholen.
b, That er den Angriff in dem nemlichen Augenblick, da an Jesum Hand
gelegt wurde, u. es ist begreiflich! u. dem Charakter Petri gemäs, daß er,
der zur eigenen Vertheidigung in der ersten Überraschung keinen Muth
hatte, u. von der Zaghaftigkeit der übrigen mit ergriffen wurde, iezt in
dem Augenblik wo er Jesum in den Händen seiner Feinde sah, aus Liebe zu
ihm, u. in der Erinnerung seines Versprechens, alle eigene Gefahr vergaß
u. von raschem Muth belebt, das Schwerdt zur Vertheidigung Jesu zog. - Mag
endlich nicht auch dieser Umstand einen Unterschied machen, daß er
vielleicht den Feinden, die das erstemal auf ihn losgiengen iezt auf dem
Rüken war. Wenigstens ist diese Situation die natürlichste und die
Wundevon der Art, daß sie eben so wohl oder noch eher durch einen Hieb von
hinten her als von vorne zu erklären ist.
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