XXXXX   Allgemeine Betrachtungen
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TEXT 69

       

 

Überall auf der ganzen Erde findet man Wesen, welche eine geistige und eine sinnliche Natur haben, und deswegen Menschen genannt werden, da sie sonst ohne einen Körper zu haben Engel wären, wie sie ohne Vernunft zu besitzen, zu den elenden Thieren gehörten. Unstreitig aber ist die Vernunft das erhabenste Geschenk des gütigen Schöpfers, da der Mensch durch die Vernunft im Stande ist, über seine Bestimmung nachzudenken und Gott ähnlich zu werden zu suchen. Allein dieienigen begehen einen großen Fehler, welche nur eine Kraft der Stiele aus zu bilden suchen obgleich sie viele haben unter welche auch der Geschmack gehört weil dem Menschen das Schöne, z. B. eine Iliade* oder eine schöne Gegend mit einem schlängelnden Bach an welchem Lämmer weiden besser gefallen, als eine schlechte. So ist z. B. eine Straße, welche von einer Stadt auf ein benachbartes Dorf führt, wenn sie auch noch so gut ist, aber keine Bäume hat, nicht halb so schön, als wenn sie mit Platanus oder andern Bäumen besezt werden. Zudem ist eine schattenreiche Alle im Sommer auch für den Wanderer angenehmer. Hat man vollends auch Äpfel oder andere Obstbäume gewählt, so kann man auch noch einen hübschen Gewinn aus dem Verkauf des Ertrages erlösen. Dieses alles macht mich wünschen, daß der neue Weg nach Welmins** doch so bald als möglich mit Bäumen besezt werde, worin mir gewiß viele n. auch beipflichten werden.

Wir verdanken unsrer väterlichen Obrigkeit eine neue Straße, die den Absatz unsrer Erzeugnisse befördert, und die Zufuhr unsrer Bedürfniße erleichtert. Schon ist auf ihr der erste Erndtewagen unter frohen Bewillkommnungen in die Stadt gezogen. Schon ist der erste Frachtwagen mit den Erzeugnißen unsrer geschicklichen und betriebsamen Mitbürger auf ihr in das Ausland gegangen. Ich gehöre nicht zu den Undankbaren die man nie befridigen kann. Aber ich bekenne mich gerne zu den Frohsinnigen, die das Nüzliche mit dem Schönen gepaart wünschen, wenn ich dem hochedlen Rath bescheiden die Bitte vortrage, diese neue Straße  noch mit einfachen Baumreihen einfassen zu lassen. Ich fürchte weder den Verlust der Zweckhaftigkeit noch des Aufwandes den die Erfüllung dieses Wunsches verursachen könnten. Es ist war, die Straße wird dadurch nicht sicherer noch dauerhafter. Die Bäume schützen den Wanderer wenig vor Regen und Sturm. Selbst der Schatten den sie auf die Straße herab werfen könnten, dürfte v. wenig Bedeutung seyn. Aber verschönern würde doch die E[rfüllung] m[eines] Wunsches die Umgebung unserer geliebten Vaterstadt, und wer huldigt nicht gerne ieder Schönheit. In ganz Deutschl. werden die Ldstraßen*** Bäumen besezt. Die Baumbekleidungen könnten nicht so allgemein seyn, wenn sie nicht allgemein gefielen, sie könnten nicht allgemein gefallen wenn sie nicht schön wären.

Oder sollte die Besorgniß eines großen Aufwandes gegen meinen Vorschlag sprechen. Unsre Baumschule strozt vor iungen Bäumen, unsere gutgehaltenen Waldungen bieten die erforderliche Anzahl von Stüzpfählen für das erste Bedürfniß, und unsre öffentlichen Cassen öffentlichen Cassen Einkünfte sind so weise verwaltet, unsere Stadtkasse befindet sich in in einem so guten Zustand, daß selbst der erforderliche Arbeitslohn und die Kosten der Unterhaltung nur in so fern in Betracht kommen kann, als dadurch einigen Äermeren unserer Mitbürger eine neue Gelegenheit zur Vermehrung ihres Handverdienstes eröffnet wird, und ein Theil des öffentlichen Geldes aus der Stadtkasse wohlthätig in den Umlauf zurückfließt.

Erfüllen die ehrwürdig. Väter des Raths meine Bitte und erlauben Sie mir als dann, noch einen 2ten Vorschlag daß die neue Straße, zum Andenken an unsern allgemein geschäzten Mitbürger, der den ersten Frachtwagen auf ihr abgesendet hat, mit dem Namen Rohmannstraße beehrt werde.

       

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* Iliade = Heldengedicht über den Krieg der Griechen gegen Ilion (Troja)

** so entziffert, aber unsicher - ein Ort gleichen oder ähnlichen Namens ist
 nicht zu finden.

*** so abgekürzt im Autograph

 

 

 
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      Transkription nach dem Autograph (Digitalisat der BLB Karlsruhe S. 232 - 236).

 

Das Jahr ist unbekannt, der Schrift des Originals nach
dürfte der Text nach 1820 entstanden sein.