XXXXX   Allgemeine Betrachtungen
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TEXT 68

       

 

Das Eisen ist unter allen Metallen das Mindest geachteste, und doch steht mir die allgemeine Erfahrung zur Seite, wenn ich es unter allen für das unentbehrlichste halte.

Wir pflegen den Werth der Dinge nach ihrer inneren Güte - nach ihrer äußeren Schönheit - und fast zulezt nach ihren Möglichkeiten zu beurtheilen.

In der ersten Hinsicht dürfte es schwer seyn, unter den Metallen eine Rangordnung aufzustellen. Es ist alles gut, was die Firma der Natur hat. Es gibt kein besseres Gold, als das Gold, kein besseres Blei als das Blei, und das Silber ist nicht besser als das Zinn, es ist nur zu andern Zwecken gut.

Nicht ebenso verhalten sich die Metalle, wenn wir auf ihre äußere Schönheit sehen da geben wir genau dem glänzenden Gold und dem blinkenden Silber den Vorzug, und ihr Glanz hat wirklich etwas so mildes und angenehmes, was kein mit ihnen verwandtes Erzeugniß der unterirdischen Gänge hat. Zwischen der Schönheit des Kupfers und Zinnes schwankt der unsichere Geschmack. Aber niemand wird dem matten Blei vor ihnen den Vorzug einräumen.

Zufällig scheint die Seltenheit oder die Menge, die Leichtigkeit oder die Schwierigkeit zu dem Besitz dieser Bergschätze zu gelangen, ihnen die nemliche Ordnung an zu weisen, welche sie nach der Stuffung ihrer Schönheit einnehmen, und die Zinnerne oder Kupferne - die silberne oder goldene Schuhschnalle ist eine zimlich sichere Maßleiter für den Reichthum dessen, der sie trägt, oder wenigstens für seiner Eitelkeit etwas zu Schrilles er nicht ist.

Mag man sich nun noch wundern, daß das Eisen die wenigsten Augen auf sich zieht, und niemand in seinem Besitz sich glücklich fühlt. Es glänzt nicht, es zeichnet sich durch keine gefällige Farbe aus, und die natur spendet es mit so freigebiger Hand, daß man wenig Silber bedarf, um viel Eisen zu besitzen, und doch ist es, so bald von der Brauchbarkeit die Rede wird, das Unentbehrlichste unter allen Metallen.

Schaut euch in euren eigenen Wohnungen um. Hier erblickt ihr ein Messer, da eine Schere. Das Schloß verwahrt euren Thüren, euren Behälter der Schlüssel öffnet sie. Eisen begegnet allen euren Blicken.

Begleitet mich in die Werkstätten der Handwerker und Künstler. Der Hammer, die Säge die Feile, fast alle ihre unentbehrlichen Werkzeuge gehören dem Eisen an.

Ich wende meine Augen weg von den Schwerdern und Feuergewehren - wie wohl der Krieg, dem sie dienen, auch ein nothwendiges Übel geworden ist - weg von den blutigen Schlachtfeldern und von den Verherungen die er zurück läßt, zu euch grünende Wiesen im Thal, zu euch goldenen Saaten im Felde, zu euch Freude spendenden Weinbergen! Der Akerbau ist die erste und sicherste Grundlage aller menschlichen und geselligen Bildung, er der Nährer und Pflanzer aller Wissenschaften und Künste.

Wohlthätig und vermittelnd, und beiden gleich befreundet, steht er zwischen der Natur und der Kunst. Jene bietet ihm, er bietet dieser die freundliche, die brüderliche Hand. Aber denkt auch, wenn ihr es vermöget der Akerbau wird in seinem Gefolge den Wohlstand des Landmanns, ganzer Ortschaften und Länder, ohne Eisen, das heißt, ohne Pflugscharen, ohne die Sense, ohne die Sichel, ohne alle iene Werkzeuge, die ihr täglich in den Händen der ackerbauenden Volksclasse erblickt! Oder wollt ihr sie in den Buden der Gold und Silberarbeiter oder in den Werkstätten der Künstler schmieden und Zinn gießen haben. Kein anders Metall verbindet mit der Härte, die ieden Widerstand beseitigt, iene Geschmeidigkeit die sich in alle Formen schmiegt, welche die Erfahrung als die Zweckmäßigste verlangt.

Laß denn o Wesen, in dessen Hand der Erball und das Weltall ligt, laß die Gold und Silbergänge sich schließen, aber halte die Schächte offen, die das Eisen zu Tage fördern! Laß alle goldenen und silbernen Ringe - wir bedürfen ihrer nicht - laß alles kupferne und Zinngeräthe verschwinden - wir können uns helfen. - Aber nie fehle dem Brachfeld die Pflugschar, nie der Ernte die Sichel!

       

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      Transkription nach dem Autograph (Digitalisat der BLB Karlsruhe S. 224 - 230).

 

Das Jahr ist unbekannt, der Schrift des Originals nach
dürfte der Text nach 1820 entstanden sein.