XXXXX   Allgemeine Betrachtungen
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TEXT 48

       

VIII )

[1] Sind öffentliche Almosenanstalten oder ist die unmittelbare Auszahlung zweckmäßiger.

       
I.    Gründe für a,
         
1,   Der Privatmann kennt die Würdigen und Unwürdigen nicht genug.

2.   Auch unter den Würdigen kennt man nicht genug das Verhältniß
      der Dürftigkeit.
Folge: Blinder Will Ehrlichkeit in der Austheilung: der freche Bettler erhälts,
         der bescheidene verlierts und darbt.

3,   Die Nothwendigkeit von Haus zu Haus sammeln verzehrt die Zeit zur Arbeit.

4.   Verdächtiges Gesindel zieht sich in den Ort und schleicht in die Häuser.

       
II.   Für b.
         
1.   Ich kann mein Geld verwenden wie ich will.

2.   Wohlthätigkeit ist eine Pflicht des Menschen. Durch Abgabe an die
      obrigkeitliche Anstalt gewinnt sie das Ansehen einer Auflage und
      wird zur kalten herzlosen Pflicht des Bürgers.

3.   Moralität gewinnt. Der Arme und der Reiche sind in einem unmittelbaren
      Verhältniß des Gebens und Nehmens. Sanfte Gefühle werden genährt und
      befriedigt. Theilnehmung dank Liebe. - Warum wollt ihr die Menschen,
      beide durch Schiksale schon getrennt, noch weiter auseinanderrücken.

         

2.
Schädliche Folgen der Spielsucht.

       
A.   Erlaubtes Spiel:   Zur Abspannung und Erheiterung des Gemüths.
                                 Unterhaltung in gemischten Gesellschaften.

B.   Schädliche Folgen, wenn Selbstbeherrschung fehlt.

         
1,   Zeit Verlust, Nacht Verlust

2.   Einmischung in unwürdige Sittenverderbende Gesellschaft.

3.   Heftige Leidenschaft   Furcht   Hofnung, Begierde, Aerger   Neid

4.   Verführung zum Betrug   Anlas zum Streit.

5.   Im Glück, Versuchung zum Verschwenden.
      Im Unglück. Verlegenheit, Muth, Schulden   unredliche Mittel Geld
      zu erwerben, Flucht, Verzweiflung, Selbmord*

Resultat. Zerstörung der Gesundheit und der Moralität   Zerrüttung des
             Wohlstandes   Verlust der öffentlichen Achtung.

         

3.
De mortuis et absentibus nil nisi bene.
*

         
1    Es ist ungerecht böses von ihnen sagen, die sie können sich nicht
      vertheidigen.

2.   es verrathet Feigheit und Nidrigkeit.

3.   Es verrathet Mangel an zartem Menschengefühl. In der Brust edler
      Menschen führt Trennung und Tod alle Fehden aus. Sie vergessen
      gerne das Böse, und gedenken nur noch des Guten.

4.   Es ist grausam. Alles was der Scheidende zurück lassen kann ist guter
      Name, freundliches Andenken. Habt ihr ihm diese geraubt, ist ihm
      alles geraubt.

         

4.
Der Muselmann in Carlsruhe.

 
 
   

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VIII = Hebels interne Nummer

[1] = vermutlich fehlt hier Punkt '1'

* De mortuis et absentibus nil nisi bene. (lat.) =
Von Verstorbenen und Abwesenden ist nur in guter Weise zu sprechen.
 
Das Zitat wird Chilon von Sparta zugeschrieben. Er war 556/555 v. Chr. Ephor in Sparta.
Chilon gilt (nach Platon) als einer der 7 Weisen des antiken Griechenland.

 

 

 
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      Transkription nach dem Autograph (Digitalisat der BLB Karlsruhe S. 156 - 159).