Wie
der Zundelfrieder eines Tages aus dem Zuchthaus entwich, und glücklich
über die Grenzen kam (1811)
Eines Tages, als der Frieder den Weg aus dem Zuchthaus allein gefunden
hatte, und dachte: „Ich will so früh den Zuchtmeister nicht wecken", und
als schon auf allen Straßen Steckbriefe voranflogen, gelangte er abends
noch unbeschrieen an ein Städtlein an der Grenze. Als ihn hier die
Schildwache anhalten wollte, wer er sei, und wie er hieße, und was er im
Schilde führe; „könnt Ihr Polnisch?" fragte herzhaft der Frieder die
Schildwache. Die Schildwache sagt: „Ausländisch kann ich ein wenig, ja!
Aber Polnisches bin ich noch nicht darunter gewahr worden." „Wenn das
ist", sagte der Frieder, „so werden wir uns schlecht gegeneinander
explizieren können." Ob kein Offizier oder Wachtmeister am Tor sei? Die
Schildwache holt den Torwächter, es sei ein Polak an dem Schlagbaum, gegen
den sie sich schlecht explizieren könne. Der Torwächter kam zwar,
entschuldigte sich aber zum voraus, viel Polnisch verstehe er auch nicht.
„Es geht hiezuland nicht stark ab", sagte er, und es wird im ganzen
Städtel schwerlich jemand sein, der kapabel wäre, es zu dolmetschen."
„Wenn ich das wüßte", sagte der Frieder, und schaute auf die Uhr, die er
unterwegs noch an einem Nagel gefunden hatte, „so wollte ich ja lieber
noch ein paar Stunden zustrecken bis in die nächste Stadt. Um neun Uhr
kömmt der Mond." Der Torhüter sagte: „Es wäre unter diesen Umständen fast
am besten, wenn Ihr gerade durchpassiertet, ohne Euch aufzuhalten, das
Städtel ist ja nicht groß", und war froh, daß er seiner los ward. Also kam
der Frieder glücklich durch das Tor hinein. Im Städtlein hielt er sich
nicht länger auf, als nötig war, einer Gans, die sich auf der Gasse
verspätet hatte, ein paar gute Lehren zu geben. „In euch Gänse", sagte er,
„ist keine Zucht zu bringen. Ihr gehört, wenn's Abend ist, ins Haus oder
unter gute Aufsicht." Und so packte er sie mit sicherm Griff am Hals, und
mir nichts dir nichts unter den Mantel, den er ebenfalls unterwegs von
einem Unbekannten geliehen hatte. Als er aber an das andere Tor gelangte,
und auch hier dem Landfrieden nicht traute, drei Schritte von dem
Schilderhaus, als sich inwendig der Söldner rührte, schrie der Frieder mit
herzhafter Stimme: „Wer da!" der Söldner antwortete in aller
Gutmütigkeit: „Gut Freund!" Also kam der Frieder glücklich wieder
zum Städtlein hinaus, und über die Grenzen.
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