Der
Lehrjunge (1812)
Eines Tags
wurde in Rheinfelden ein junger Mensch wegen eines verübten Diebstahls an
den Pranger gestellt, an das Halseisen, und ein fremder wohlgekleideter
Mensch blieb die ganze Zeit unter den Zuschauern stehen und verwandte kein
Auge von ihm. Als aber der Dieb nach einer Stunde herabgelassen wurde von
seinem Ehrenposten, und zum Andenken noch 20 Prügel bekommen sollte, trat
der Fremde zu dem Hatschier, drückte ihm einen Kleinen Taler in die Hand,
und sagte: „Setzt ihm die Prügel ein wenig kräftig auf, Herr
Haltunsfest! Gebt ihm die besten die Ihr aufbringen könnt"; und der Hatschier mochte schlagen, so stark er wollte, so rief der Fremde immer:
„Besser! Noch besser!" und den jungen Menschen auf der Schranne
fragte er bisweilen mit höhnischem Lachen: „Wie tut's Bürschlein? Wie
schmeckt's?"
Als aber der Dieb zur Stadt war hinausgejagt worden, ging ihm der
Fremde von weitem nach, und als er ihn erreicht hatte auf dem Weg nach
Degerfelden, sagte er zu ihm:
„Kennst
du mich noch Gutschick?'' Der junge Mensch sagte: „Euch werde ich so bald
nicht vergessen. Aber sagt mir doch, warum habt Ihr an meiner Schmach eine
solche Schadenfreude gehabt, und an dem Paß, den mir der Hatschier mit dem
Weidenstumpen geschrieben hat, so ich doch Euch nicht bestohlen, auch mein
Leben lang sonst nicht beleidiget habe." Der Fremde sagte: „Zur Warnung,
weil du deine Sache so einfältig angelegt hattest, daß es notwendig
herauskommen mußte. Wer unser Metier treiben will, ich bin der
Zundelfrieder", sagte er, und er war's auch - „wer unser Metier treiben
will, der muß sein Geschäft mit List anfangen, und mit Vorsicht zu Ende
bringen. Wenn du aber zu mir in die Lehre gehen willst, denn an Verstand
scheint es dir nicht zu fehlen, und eine Warnung hast du jetzt, und so
will ich mich deiner annehmen, und etwas Rechtes aus dir machen." Also
nahm er den jungen Menschen als Lehrjungen an, und als es bald darauf
unsicher am Rhein wurde nahm er ihn
mit sich in die spanischen Niederlande. |