Warme Winter (1808)
Der warme Winter von dem Jahr 1806 auf das Jahr 1807
hat viel Verwunderung erregt, und den armen Leuten wohlgetan; und der und
jener, der jetzt noch fröhlich in den Knabenschuhen herumspringt, wird in
sechzig Jahren einmal als alter Mann auf den Ofenbank sitzen, und seinen
Enkeln erzählen, daß er auch einmal gewesen sei, wie sie, und daß man Anno
6, als der Franzos in Polen war, zwischen Weihnacht und Neujahr Erdbeeren
gegessen und Veielein gebrochen habe. Solche Zeiten sind selten, aber
nicht unerhört, und man zählt in den alten Chroniken seit 700 Jahren 28
dergleichen Jahrgänge.
Im Jahr 1289, wo man von uns noch nichts wußte, war es so warm, daß die
Jungfrauen um Weihnacht und am Dreikönigtag Kränze von Veilchen,
Kornblumen und andern trugen.
Im Jahr 1420 war der Winter und das Frühjahr so gelind, daß im März die
Bäume schon verblüheten. Im April hatte man schon zeitige Kirschen, und
der Weinstock blühte. Im Mai gab es schon ziemliche Traubenbeerlein. Davon
konnten wir im Frühjahr 1807 nichts rühmen.
Im Winter 1538 konnten sich auch die Mädchen und Knaben im Grünen küssen,
wenn's nur mit Ehren geschehen ist; denn die Wärme war so außerordentlich,
daß um Weihnacht alle Blumen blühten.
Im ersten Monat des Jahrs 1572 schlugen die Bäume aus, und im Februar
brüteten die Vögel.
Im Jahr 1585 stand am Ostertag das Korn in den Ähren.
Im Jahr 1617 und 1659 waren schon im Jänner die Lerchen und die Trosteln
lustig.
Im Jahr 1722 hörte man im Jänner schon wieder auf, die Stuben einzuheizen.
Der letzte, ungewöhnlich warme Winter, war im Jahr 1748.
Summa, es ist
besser, wenn am St. Stephanstag die Bäume treiben, als wenn am
St.
Johannistag Eiszapfen daran hängen.
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