Die nasse Schlittenfahrt
(1814)
Der Hausfreund hat viel
gute Freunde am Rhein auf und ab, zwischen Friedlingen und Andernach, unter
andern ein paar lose. Einer davon versteht sich gut darauf, Kissen und Säcke
auszustopfen, um weich darauf zu sitzen, und man darf ihn rekommandieren. Zwei
andere gute Freunde von ihm, sagten zueinander an einem schönen kalten
Wintertag: „Wollen wir nicht auf dem Schlitten fahren?" - „Wohin?" — „Zum
Theodor." Sie nannten ihn nur mit dem Vornamen. Theodor heißt er mit dem
Vornamen. Also spannten sie den Rappen an den Rennschlitten, und legten einen
Sack voll Spreu darauf, der Länge nach, um weicher zu sitzen. Als sie bei dem
guten Freund angelangt waren, wurde lustig getrunken - der Wein lag ihm nie
überzwerch im Faß - Schliengener, Böllinger, Steinenstatter Vierundachtziger,
Achtziger, Vierundsiebenziger. Beim Vierundsiebenziger blieben sie sitzen, bis
der Abendstern über dem Wasgau funkelte, und die Bettglocken laut wurden in den
Dörfern. Als die Bettglocken laut wurden, sagte einer von ihnen: „Jetzt will
ich anspannen, unser Weg ist der weiteste." Der Theodor sagte: „Wahrscheinlich
auch der krümmste. Hüst um! Dort links ist die Stubentür." Denn der Gast
taumelte nach der Türe eines Milchschranks, in der Meinung, es sei die
Stubentür. Als sie auf dem Schlitten noch eins genommen hatten, zu Sankt
Johannes' Segen, und ungefähr an die Tannen gekommen waren, wurde es beiden naß
zwischen den Beinen. Der vordere dachte: „Soll mir etwas passiert sein, oder
ist mein Kamerad dahinten nicht wasserfest?" Der andere dachte: „Schmelzen die
Spreu im Spreuersack, oder ist meinem Kameraden etwas passiert?" „Gevatter",
stammelte endlich der Vordere, „es scheint mir, Ihr habt's Euch kommod gemacht.
Ich hätt Euch wohl ein paar Minuten lang das Leitseil halten mögen." -
„Gevatter", erwiderte der andere, „mir kommt's vor, Ihr solltet nicht mehr
saufen, als Ihr bei Euch behalten könnt." Während sie aber so Wortwechsel
treiben, und jeder die Schuld auf den andern warf, wurden sie immer nässer, und
der Sack unter ihnen gab immer mehr nach, bis sie auf dem harten Brette saßen.
„Mordsapperment, Ihr schwemmt mich noch über den Schlitten hinunter", fuhr der
zweite fort. -„Oder Ihr mich", erwiderte der erste. „Wenn ich nicht dasäße, wie
einer der zwischen den zwei Buckeln eines Trampeltiers reitet, ich läge schon
lange auf dem Boden, und die Stiefel sind mir bereits mitsamt den Füßen
angefroren am Schlittenkufen." - „Drum eben", erwiderte der erste. „Woher
kommt's, daß Euch das Wasser an den Beinen herabläuft?" Als sie aber halbsteif
nach Hause gekommen waren, und die Spreu aus dem Sacke ausleeren wollten, schoß
etwas ganz anderes als Spreu heraus. Da sagte der eine: „Ich glaube gar der
Schalk der Theodor, hat uns den Sack mit Schnee angefüllt. Drum sind wir so naß
geworden." Der andere sagte: „Es kömmt mir auch so vor." — Es war auch so. |