Das Konsistorium „concludirt" -
Das Mitglied
J. G. Hertzberg schreibt am 11. 1. 1807:    
 

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Directorial Bemerkungen die den disseitigen Land Kalender zu gebende bessere Einrichtung betr.

Es ist eine alte Klage, daß unser Land Kalender das nicht sey, was ein wohleingerichteter Land Kalender seyn soll. Ein solcher Kalender soll das Volck belehren, während es blos angenehm unterhalten und belustiget zu werden glaubt. Die Aufsäze und Nachrichten, die dem eigentlichen Kalender angefügt werden, sollen unter dem Landvolck herrschende irrige Vorstellungen berichtigen, ihm zunächst interessante u. nüzliche Kenntnisse allmählig verbreiten und demselben, besonders für die Winter Abende eine unterhaltende lecture gewähren. Die Materie muß daher mit Kenntniß des Volcks und mit Rücksichtsnahme auf dessen Geistesbedürfniß und Fassungsgabe und Eigenheiten gewählt, das Belehrende mit dem Angenehmen gemischt u. das Gesagte in einer populairen und gemeinfaßlichen in der s. g. Volckssprache gesagt werden. Daß unser Landkalender, von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, einer großen Vervollkommenung empfänglich sey, ist klar. Diese Vervollkommenung hatte man auch schon seit vielen Jahren im Auge; man constituirte eine Kalender Deputation und vertheilte die Beiträge; der Erfolg entsprach aber der Absicht nicht. Die Beiträge wurden weder der Qualität noch der Quantität nach gehörig und gewöhnlich zu spet geliefert, so, daß das Ganze dem Hl.[Herzoglichen] K[Kammer]Rath Jägerschmidt auf den Schultern liegen blieb, dem das Zeugniß nicht versagt werden kann, daß er auch hier sein Mögliches zur Beförderung des Interesse des Gymnasiums gethan habe, Es ist nicht zu bezweifeln, daß unserm LandCalender ein allgemein anerkannter Vorzug vor dem Heer seiner Collegen, die ihm selbst in seinem Vaterland einen Theil seiner Kundschaft bisher wegschnappten, gegeben werden kann und es ist gewiß, daß ihm dieser Vorzug gegeben werden müsse, wenn er fortkommen und sein Absaz dem Gymnasium gedeihlich werden solle, denn an eine zwangsweise Einführung, selbst in den neu angefallenen Ortschaften, ist nicht zu denken. Wir müssen uns empfehlen und beliebt machen, wenn wir bestehen und fortkommen wollen. Zu dem Ende kam eine zweckmäsigere Einrichtung des Kalenders ohnlängst wieder zur Sprache. Die hierbei von Hl. K[irchen]R. Hebel gemachten und durch dessen Gutachten weiter veranlaßten Bemerkungen und Vorschläge sind im wesentlichen folgende

1. man gebe dem Kalender einen einladenden, ein allgemeineres Interesse erregenden Nahmen

2. man lasse den Plan der Stadt Karlsruhe künftig hinweg

3. man behalte den wieder aufgenommenen rothen Druck bei

4. man nehme 12 Monats Vignette und einen oder 2 Holz Abdrucke auf

5. man drucke die Monate wieder hinter einander auf 6 Blätter

6. man füge die Jahrmärckte dem Kalender in alphabetischer Ordnung wieder an

7. man gebe ihm eine größere Bogenzahl und

8. einen eigenen, dazu geeigneten Redacteur

9. man fördere seinen Druck so, daß er im Sommer schon erscheinen und sich bekannt machen könne


Die Realisierung dieser Vorschlage und Wünsche kann, meiner Einsicht nach, keinen Anstand finden und der Erfolg, ein dem Lande mehr Ehre machender, dem großen Haufen nützlicher u. angenehmerer und dem Gymnasium einträglicherer Volcks Kalender scheint mir des Versuchs werth zu seyn; nur sollte

ad 1) ein, nicht allzu sehr ins comische fallender Titel gewählt werden und

ad 4. u. 7. muß der Bedacht zugleich dahin genommen werden, daß der Preiß des Kalenders nicht
über 5, wenigstens nicht höher als auf 6 xr [Kreuzer] steige, auf welchem Preiß dermalen auch die Kalender im Würtembergischen mit dem allda eingeführten Stempfel stehen sollen,

ad 5 und 6 muß ich noch ins besondere bemerken.

Der Druck der Monate hinter einander oder auf 6. Blättern wird deswegen gewünscht, weil es in den meisten Kalendern so gehalten werde, der Druck des Rothen dabei gewinnen und alsdann die Aufsäze im Zusammenhang fortlaufen könnten. Die Anzeige der Jahrmärckte nach Monaten soll Unzufriedenheit erregt haben weil man nun erst wissen müsse, in welchen Monat ein Jahrmarckt falle, ehe man ihn suchen oder wenigstens leicht finden könne, weil jezt mehrere Orts Nahmen so oft gedruckt werden müssen, als [wie] viel Jahrmärckte jeder Ort habe und Anhangsweise wünscht der Gymnasien Verlag dieselbe drucken lassen zu dürfen, weil alsdann auch diese Anzeige von allen Kalendern die liegen bleiben, fürs künftige Jahr aufbehalten und sodann wieder benuzt werden könnte.

Daß der Kalender mehr Glück machen werde, wenn seine Redaction Einem Mann und zwar einem Mann, der sich zum Volckschriftsteller legitimirt hat, übertragen würde, ist nicht zu bezweifeln und eben so wenig, daß Hl. KR. Hebel der Mann dazu sey. Ich trage daher darauf an, daß derselbe ersucht werde, sich dieser Redaction zu unterziehen. Ob demselben vor der Hand nur im allgemeinen ein billiges Honorarium oder sogleich ein bestimmtes, das dermalen in 11 f. p. Bogen bestehen und mit dem Steigen des reinen Ertrags in der Folge erhöhet werden könnte, angeboten und zugesichert werden sollte, muß ich denen überlassen, die ihn genauer kennen, als ich. Mit diesem Auftrag kann zugleich die Resolution über obige Vorschläge zu verbinden, zugleich aber dem Hl KR. Hebel bemercklich zu machen daß man ihm übrigens die ganze innere Einrichtung des Kalenders lediglich überlasse, nur aber wünsche, daß der Titel nicht ins allzu comische falle, daß der Preiß desselben höchstens auf 6 xr komme und daß auf gemeinnüzige technologische und auf Landes Cultur Beziehung habende Erfindungen und Verordnungen, desgl. auch der neueste Post Tarif eingerückt werden möchte — daß er sich ins besondere demnächst mit Hl. KR. Jägerschmidt über das erforderliche Papier, weil solches in Kurzem bestellt werden müsse, über den wahrscheinlich festzusezenden Kalender Preis und über die Holz Abdrücke, als die von ihm, als redacteur angegeben werden rnüsten, besprechen und von dem hiernach vorlaufig entworfenen Plan über die Einrichtung des Kalenders im Großen möglichst bald die Anzeige anher machen möchte, damit sofort das nöthige Papier bestellt und mit dem großh. G[eheimen]Raths Collegio über alle diese, in Ansehung des Land Kalenders zu machenden Aenderungen die gebührende Communicatum geflogen werden könne. Endlich dürfte demselben auch noch zu erkennen zu geben seyn, daß, falls er die Betrachtungen über die Welt Körper nicht ebenfalls selbst sollte übernehmen wollen, man den HR. u. Prof. Böckmann auffordern werde, auf Sonderung des Gelehrtern von dem gemein interessanten und faßlichen und auf größere Popularität in der Fassung künftig mehr Rücksicht zu nehmen. Von dem was an Hl. KR. Hebel ergehet, wird Hl. KR. Jägerschmidt mit dem Anfügen Mittheilung zu thun seyn, daß auf eine zwangsweise Einführung des disseitigen Land Kalenders in den angefallenen Ritterschaftlichen Orten nicht zu rechnen und mehr nicht als etwa eine Kalender Sperre gegen den Reutlinger Würtembergischen Kalender auf den Fall duchzusezen seyn werde, wenn Würtemberg gegen den disseitigen Kalender sperren sollte.


Hertzberg

 

 

 
 
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