Zufolge einem Verehrlichen Auftrag lege ich zu meinem
Gutachten vom 18. Februar d. J. über eine vorteilhaftere Einrichtung des
Calenders meine durch des Herrn Kammerrath Jägerschmids Bemerkungen
veranlassten weitern Gedanken einer hohem Prüfung in Bescheidenheit vor.
Meine Wünsche und Vorschläge in dem Gutachten giengen
zwar einzig dahin, dass unser Calender zuerst und vorzüglich, dem
Publikum, für welches er bestimmt ist, angenehmer und interessanter
gemacht, und dadurch eine willigere, folglich reichere und für den Fond
erspriesslichere Abnahme erzielt werden möchte, zweitens und nebenbey,
dass derselbe auch ausser seinem Zwang-Bezirk, in und ausser dem
Curstaat Beyfall finden, und mit den dort eingeführten Calendern ebenso
in Concurrenz kommen möchte, wie iene ausländischen innerhalb seines
Zwangbezirkes mit ihm, da der Verlagsfond durch die blos passive
Concurrenz im Land den sichtbaren Nachtheil hat, wenn derselbe nicht
auch durch einen aktiven im Ausland wieder ersetzt werden kann.
Meine Voraussetzung, dass diese beiden Zwecke bis iezt
noch in das lange Register frommer Wünsche gehören möchten, gründete
sich theils auf die bey Eröffnung der Jetzigen Calendercommission von
dem damaligen preiswürdigen Direktorio mündlich gegebene (vielleicht
auch in die Akten aufgenommene) Aeusserung, dass der Calender in der
Concurrenz mit so vielen fremden von Jahr zu Jahr weniger Beyfall und zu
merklichem Nachtheil des Fonds geringern Absatz finde, theils auf die
Besorgniss, dass die neuern Jahrgänge des Calenders seit iener Zeit dem
Uebel noch nicht abgeholfen, vielmehr in einigen Hinsichten dasselbe
vermehrt haben möchten, wenn nicht Erfahrungen für das Gegentheil
bewiesen.
Aus den Bemerkungen des Herrn Kammerrath Jägerschmid
hingegen scheint zu erhellen, dass entweder iene eine Zeit lang
verspürte Abneigung für den Landescalender und Vorliebe für ausländische
nur zufällig veranlasst, folglich auch vorübergehend war, oder dass die
neuern Veränderungen in dem Calender oder der Inhalt und Ton unserer
Aufsätze dem mehriährigen Missvergnügen des Volks wirklich abgeholfen
haben, - indem bemeldte auf Erfahrung gestützte Bemerkungen deutlich
aussprechen, 1) dass in den Oberlanden der Landeskalender überall willig
angenommen werde, und nur neben diesem die in Basel herauskommenden
gehalten werden. 2) dass nach zweckmässigen Vorkehrungen seit 1798 auch
im Unterland ein stärkerer Absatz erzielt werde, und 3) blos durch
Missverstand einer Verordnung vom 21. Merz 1805 fremde Calender daselbst
wieder einen stärkeren Absatz gefunden haben.
Unter diesen befriedigenden Umständen, und da man ohne
Noth auf keinen Gewinn durch Calenderhandel im Ausland wird spekuliren
wollen, scheinen die Vorschläge meines Gutachtens vom 18. Februar
grossentheils ganz überflüssig, und kein dringender Grund vorhanden zu
seyn, von der Zeit und Kosten ersparenden Einrichtung des Calenders, wie
er dermalen aussieht, abzuweichen.
Aber es ist eine erfreuliche Arbeit, etwas beizutragen,
dass auch das Gute noch besser, und das Gefällige noch gefälliger, und
wo möglich das Einträgliche noch einträglicher werde, und der in den
Bemerkungen etc. enthaltene und mit den Vorschlägen und Wünschen des
Gutachtens vom 18. Februar dem ersten Anschein nach ganz
übereinstimmende Rath neben einem ganz wohlfeilen Calender für 3 Kreuzer
allenfalls die Ausgabe eines historischen mit Aushängschild und
Holzschnitten gezierten a 8 Kreuzer zu versuchen, wäre für diese Absicht
eine willkommene Erscheinung, wenn nicht derselbe durch manche
umsichtige und von Erfahrungen abgeleitete Besorgniss wieder
eingeschränkt würde, nach welchen ein Theil der zur Sprache gebrachten
Vorschläge nicht nöthig, ein anderer und das Ganze in verschiedener
Rücksicht nicht rathsam und die Gleichstellung unseres Calenders mit dem
hinkenden Botten an Fülle und Ausstattung zu gleichem Preis nicht einmal
ausführbar zu seyn scheint.
1.) Nicht nöthig wird allerdings die Widereinführung des
Rothen, des übrigen alten Calenderscherwenzels, und die Rücksicht auf
manche andere empfehlende Eigenschaft des Calenders, wenn bey der
allmähligen Veränderung desselben bis zu seiner ietzigen Gestalt das
Schweigen des Volks (falls alles schweigt, was man hier nicht hört) und
die willige Annahme als tröstlicher Beweis kann angesehen werden, die
Ansichten des Volks seyen über diese Gegenstände in neuern Zeiten
wirklich vernünftiger geworden. Allein dies scheint doch nicht so
entschieden, dass nicht noch an die Möglichkeit gedacht werden könnte,
iene scheinbare Zufriedenheit sey nur ungünstige Gleichgültigkeit gegen
den Calender und lange Gewohnheit, ihn alle Jahre verändert, wenn auch
nicht immer vervollkommnet zu erhalten. Mir wenigstens scheint aus allen
Erfahrungen nur soviel zu erhellen, dass das Volk den Calender, den es
haben muss, — schwarz etc. auch annimmt, wenn es ihn roth etc. nicht
haben kann. Aber wenn einmal der nemliche Calender in zweierley Ausgabe
mit und ohne Roth ausgelegt würde, so ist nicht wohl zu zweifeln, dass
fast jeder Käufer auf dem Lande zuerst nach dem rothen greifen würde,
nicht blos aus der kindischen Freude an der Farbe, sondern aus einem
bessern Grund. Seinem Auge, mit dem er nicht so leicht, wie geübte
Leser, eine ganze Seite mit einem Blick überschauen, und was er suchte,
aufhaschen kann, erleichtert das Rothe, wenn es zweckmässig angebracht
und vertheilt wird, die schnelle Uebersicht seiner Monatstafel, und das
augenblickliche Finden der Gegenstände, nach denen er am öftesten sucht.
Ebenso, wenn der nemliche Calender, oder die heilige
Genoveva mit bemerkbar besserm Papir und Druck, und mit geringerm zum
nemlichen Preis ausgeboten würde, ist wieder nicht zu zweifeln, dass
alle Käufer ohne Ausnahme das Bessere wählen wurden. Endlich wenn wieder
der nemliche in zwey Ausgaben mit und ohne Aspekten, Nativitäten etc.
vorgelegt würde, ist abermal nicht zu zweifeln, dass bey weitem der
gröste, nemlich der minder und gar nicht aufgeklärte Theil des Volks
eine entschiedene Vorliebe für den ersten verrathen würde. Sind aber
diese Voraussetzungen richtig, so ist zu fürchten, dass gegen so manchen
Calender, der alle diese und mehrere Wünsche und kleinen Freuden des
Volks nach Verhältniss seines Preises möglichst erfüllt, der
Landkalender, der sie ihm bis iezt nach Grundsatz und Plan fast alle
versagt, in einigem Unwerth stehen müsse, und die in den Bemerkungen
etc. mitgetheilte auffallende Erfahrung, dass mit Ausschluss des Amtes
Stein im ganzen Lande der Calender nirgends eher verlangt und angenommen
wird, als bis man ihn haben muss, während die ausländischen hie und da
begierig gekauft werden, sobald man sie haben kann, ist sie nicht ein
lauter und unwidersprechlicher Beweis von einer allgemeinen
Gleichgültigkeit gegen den Kalender und eine dringende Aufforderung,
wenn es irgend eine gibt, auf eine baldige zweckmässige Reform desselben
bedacht zu seyn?
Wenn übrigens die ganze disiährige Auflage des Calenders
nicht nur an Güte des Papirs, sondern auch an Schwärze und Reinheit des
Druckes dem eingeschickten Probebogen gleicht, wie zu glauben ist, und
die künftigen ihm nach Umständen ohngefähr gleichen werden, wie zu
hoffen ist, so ist in dieser Hinsicht nicht mehr zu wünschen übrig. Aber
2.) nicht einmal rathsam scheint eine vorgeschlagene
Bereicherung des Calenders in merkantilisch-ökonomischer Hinsicht nach
den misslungenen altern Versuchen Macklots und Müllers und dem neuesten
von Sprinzing. Sollten aber die fehlgeschlagenen Hofnungen dieser zwar
sachkundigen Männer näher betrachtet, hinreichend seyn, Muth und Hofnung
nieder zu schlagen?
Macklots Versuch den Calender durch weisseres Papir
verkäuflicher zu machen, ist offenbar zu partiell und eingeschränkt, und
beweist nichts gegen die Hofnung den nemlichen Zweck durch eine
Totalreform zu erreichen. Müller hat wahrscheinlich zu viel gethan, als
er einen Calender ausgab, der nicht unter 12 Kreuzern konnte erlassen
werden. Alles Ding hat Mass. Ausserdem war die Geographie und Geschichte
des Nordamerikanischen Freystaates, die ihn grösstentheils ausfüllte,
für ein aller übrigen Geschichte und Geographie unkundiges Publikum übel
gewählt. Das Volk will Kürze und Mannigfaltigkeit der Aufsätze, und die
Erzählungen müssen ihr eigenthümliches Interesse in sich haben, bey dem
dem Leser alles übrige, was er von der Person, oder dem Ort nicht weiss,
ganz gleichgültig sein kann. Sprinzings zwey Erfahrungen, wenn ihm von
seiner ersten ganz schwarzen Ausgabe 6000 Stück, aber auch von der
nächsten rothen wieder eben so viel liegen bleiben, heben einander auf.
Man muss vermuthen, dass irgend eine andere Ursache, mit welcher die
Farben in keinem Zusammenhang stehen, im Spiele war, und es folgt aus
dem Faktum gerade so viel, als in den Bemerkungen zunächst daraus
geschlossen wird, dass man sich irren würde, wenn man glaubte, dass die
rothe Farbe (allein und unter allen Umständen) den Calender verkäuflich
mache.
Ueberhaupt ist bei allen Versuchen dieser Art nicht zu
vergessen, dass die Erfahrungen des ersten, auch vielleicht noch des
zweiten und selbst des dritten Jahres nicht entscheiden. Auch der beste
Calender, wenn nicht zu seiner schnellen Verbreitung besondere Wege
eingeschlagen werden, wird im ersten Jahr, und biss er durch sich selbst
Bekanntschaft und Credit erworben hat, noch keinen reissenden Abgang
finden, da einerseits es für solche Schriften und ihre Leser keine
allgemeinen Literaturzeitungen gibt, anderseits der Calender selbst
seiner Natur nach nur wenige Monate lang verkäuflich bleibt. Wer ihn
noch im Februar des laufenden Jahres kennen lernt, kauft ihn schon nicht
mehr, wohl aber, wenn er gefällt, und geeichnet wird, im folgenden.
Daher würde es auch allerdings sehr zu rathen seyn, wenn für den freyen
Verkauf eines solchen Calenders eine Ausgabe versucht werden wollte,
nicht mehr Exemplare im ersten Jahr drucken zu lassen, als zur Deckung
der Kosten und vortheilhaften Bekanntmachung durch zweckmässige
Vertheilung nöthig ist. Der Erfolg wird alsdann, wann dieses geschieht,
von einem Jahr zum andern lehren, was für die künftigen zu hoffen und zu
wagen ist. Uebrigens gestehe ich gerne, dass zumal bey der grossen Menge
und Concurrenz solcher Schriften ein Unternehmen dieser Art
Schwierigkeiten haben kann, die nur der Mann kennt und zu berechnen
vermag, der sich mit dem Geschäft selber befasst. — Aber auch nicht
rathsam selbst in Ansehung der Ehre scheint dem Herrn Verfasser der
Bemerkungen etc. und mir das Unternehmen zu seyn, wenn der Basler
hinkende Botte ganz zum Muster für die Zukunft gewählt werden sollte. —
Es ist mir leid, wenn ich mich missverständlich ausgedrückt habe in dem
Gutachten. Ich glaubte den hinkenden Botten nicht als das Muster eines
guten Calenders, sondern als einen sehr beliebten Calender aufzustellen,
werth um von ihm zu lernen, was man dem Volk, nicht aber wie man es ihm
geben müsse. Selbst die historischen Leseartikel müssten viel
zweckmässiger gewählt, populärer, sinniger, reiner, und unter einer
lustigen Aussena-seite lehrreicher bearbeitet werden, als dort geschieht,
und die stehenden Artikel von Natitivitätsstellung, Aspekten etc. nach
der angegebenen Zschokkischen Manier so bearbeitet werden, dass nicht
der Aberglaube befestigt und genährt, vielmehr allmählig entkräftet, und
der eigenthümliche Geschmack des Volks, theils um des lukrativem
Absatzes willen, theils für die Erreichung edlerer Zwecke unschädlich
befriedigt würde. Druckort und Wappen müssten vor diesem Calender so
unbedenklich stehen dürfen, als bisher vor unsern ernsthaften
Belehrungen und mancherley Spässlein. Endlich
3.) Nicht einmal ausführbar scheint das Unternehmen,
wenn der Landes-Calender dem hinkenden Botten (neben dem bessern Inhalt)
an Fülle, Ausstattung und Preis gleichkommen soll, da der Verleger von
diesem sich eigene Vortheile gemacht hat, die nur in seiner Lage möglich
sind. Einer derselben ist augenscheinlich, seine Holzschnitte kommen in
andern Calendern, wohin er sie wieder verkauft, zum zweiten Mal vor.
Aber dieser Vortheil scheint ganz neu zu seyn, und nur an die Stelle
eines alten zu rücken, den sich ieder andere Verlag auch verschaffen
kann. Decker legte die alten Holzschnitte, wenn sie noch brauchbar
waren, sonst zu eigenem zweitem Gebrauch zurück. Wenigstens kam öfters
nach mehreren Jahren genau die nemliche Tafel wieder. Das nemliche arme
Städtlein musste zu allen Feuersbrünsten im Süd- und Norden herhalten,
und wie manche Theatergesellschaft, so hatte er zu allen Mordscenen nur
einen Wald und immer die nemlichen Acteurs. Ebenso glaublich ist es,
dass er noch mehrere Vortheile der Zeit und Erfahrung abgewonnen hat,
wovon mir unterdessen einer bekannt geworden. Er lässt die Calender
durch seine eigenen Mägde und Jungen heften, der Buchbinder, der sie nur
noch zu beschneiden hat, kommt ins Haus und erhält für 12 Stücke nur 2
Rappen, folglich für 60 erst 4 Kreuzer. Aber so wie ieder unternehmende
und betriebsame Mann in seinen eigenen Verhältnissen eigene Vortheile
hat oder finden kann, sollte nicht ebenso das Gymnasium als öffentliches
Institut im Besitz seiner Privilegien und anderen Vergünstigungen wieder
seine eigenen Vortheile haben und noch finden können, die hinwieder
keinem Privatunternehmer möglich sind. Ich kann keine angeben. Sie
springen nicht entgegen. Nur Zeit und Erfahrung lässt sie den Suchenden
finden.
Schliesslich wiederhole ich den Wunsch, die Bearbeitung
des Calenders, was auch sonst beschlossen werden mag, gegen ein
erkleckliches und aufmunterndes Honorarium einem geistreichen und
sachlustigen Mann zu übergeben, der selber auf dem Land lebt. Wie ein
solcher gewiss verständlicher, lehrreicher und unterhaltender mit dem
gemeinen Landmann sprechen kann, als der gelehrteste Professor aus der
Stadt, also wird er ihm gewiss auch einen ansprechendem und
zweckmässigern Calender geben.