Die Gegenexpertise von Karl Friedrich Victor Jägerschmidt:
 

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Bemerkungen über den Carlsruher Kalender nach Erfahrungen von den letzten 40. Jahren.


A.,        Einrichtung und äußeres Ansehen des Kalenders.

Rath Macklot der erste Pächter des Gymnasien Verlags, als ein thäliter, speculativer Mann izo noch bekannt, veränderte die Einrichtung des Land Kalenders mehrmal, druckte ihn statt dem ordinairen Kalender Pappier einigemahl auf weiseres ohne dadurch einen stärkeren Absatz zu bewirken. Müller von Kehl, der als Pächter des Gymnasien Privilegs auf ihn folgte, glaubte auch durch Verbesserungen der Kalender Einrichtung und durch weisseres Pappier als gewöhnlich sein Interesse zu befördern.
Er machte auch einen Versuch mit einem Quart Kalender schönen Innhalts mit illuminirten Kupferstichen, als General Washington zu Pferd, Luft Ballon u.s.w. a 12. xr [Kreuzer] das Stück.
Der Debit der ersten nahm deswegen um keine 100. St. jährl. zu, und was von leztern, die er allenthalben hinsandte, abgesezt wurde, reichte nicht zur Vergütung der Pappier Auslage.
Um aus dem Druck Privilegium Nutzen zu ziehen, suchte ich, als das Gymnasium die Selbstführung übernahm, bej den Hindernißen den Kalender Absatz zu erhöhen, wenigstens den Kosten Aufwand zu vermindern.

Ich ließ Berliner, Deßauer, Dresdener, Hessische und andere Quart Kalender kommen, um ihre Einrichtung zu beurtheilen und das beßere davon zu benuzen.
Der größere Theil von denen, deren Ertrag zu irgend einer öffentlichen Anstalt bestimt ist, fand ich oekonomisch eingerichtet.
Ich trug also darauf an, daß auch der hiesige Kalender minder kostspielig eingerichtet statt der 12. Monate auf 12 Quartseiten oder 3. Bogen, künftig auf 6. Seiten oder 11/2 Bogen zu drucken, erlaubt werden möchte.
Außer dem Gewinn an Zeit und Kosten hatte man mit dieser Abänderung noch andere Absichten verbunden, wovon einige, besonders der Gewinn von 3 1/2 Bogen zu nützlichen Aufsätzen sogleich realisirt worden.
Die Abänderung wurde beliebt, und A[nn]o 1794. vollzogen. Diese Einrichtung erhielt sich bis Ao 1803., wo die vor 1794. wieder veranstaltet und zugleich der Kalender statt roth und schwarz, nur ganz schwarz gedruckt wurde, so Daher kostete der Druck auch nicht mehr als 250 fl. Wäre er roth gedruckt worden, so würde man gleich damalen den grösern Aufwand an Zeit und Kosten bemerkt haben, der sich jezt erst durch die Wiedereinführung des rothen Drucks offenbahrt. Durch die seit
13. Jahren angewandte Bemühung die unter dem Land Volk herrschende Irrthümer und den Aberglauben in engere Grunzen zurückzudrängen und dagegen nüzliche Kenntnisse durch den Land Kalender unter demselben zu verbreiten, ist der Zweck ohne Murren schon ziemlich erreicht worden.

Die Weglassung der rothen Farbe in auswärtigen Kalendern, welche von Anfang groses Aufsehen machte, und in einigen Ländern unter dem Volk den lautesten Unwillen erregte, hat im Oberland gar keine — im Unterland aber nur in einzelnen Orten einige Sensation gemacht.
Durch die Abänderung der Einrichtung und den ganz schwarzen Druck hat sich der Absatz weder erhöht noch vermindert.
Sprinzing ahmte den hiesigen Kalender Ao 1805 nach und druckte seinen Rastadter Kalender ebenfalls ganz schwarz, und es blieben ihm 6/m liegen.
Auf 1806. druckte er dieselbe Anzahl wie auf 1805., vorzüglich schön roth und es blieben ihm wieder 6/m davon stehen.

Man muß die Ursache des stärken Debits nicht in der rothen Farbe suchen.
In England, in Preußen, im Anspachischen u.s.w. werden alle Kalender schwarz gedruckt, aber freilich die ausländischen mit Abgaben belegt.
Ob der hiesige Kalender in Hinsicht auf Pappier und Druck zu den schlechtesten gehöre, darüber werden die 5. St. fremde Kalender gegen den Prob Bogen vom diesjährigen Kalender entscheiden.

Beim Pappier kömt es auf die zufällige Umstände der Witterung an, ob es bräuner oder weiser wird. Gefriert das Pappier, so wird es weißer. Fällt während der Arbeit, statt Frost, Thauwetter ein, so wird es brauner. Daher komt es, daß aus einer und derselben Bütte — aus einerlej Bott Produkte von verschiedenen Nuacen erhoben werden.
Der Fall ereignete sich bej Fertigung des Kalender Pappier's auf 1803., daß ein Theil bej feuchter Witterung der andere aber bej Frost verfertigt wurde. Statt daß das weißere zu dan ersten, das braunere hingegen zu den lezten verwendet werden sollte, nahmen die Arbeiter des Hofbuchdruckers Müller es umgekehrt.
Überhaupt muß man auf weißes Pappier zu einem 4. xr Kalender ganz Verzicht thun. Der Bauer siehet nicht auf weises Pappier er ist zufrieden, wenn nur der Innhalt seiner Erwartung entspricht.
Macklot zahlte den Ballen Kalender Pappier mit 8. f. endlich mit 9. f. So stand der Preiß bis in die 1790r Jahre, wo er bis zu 13. f. 30. xr stieg, in der Folge aber nach und nach sank bis auf 11 .f.
30. xr wie der Ballen izt bezahlt wird.
Der Kalender taugt dem Bauer nur ein Jahr, während welchem er herumgeschmiert und an der Wand von von den Mücken verdorben wird. Schöneres Pappier scheint mir ein 4. xr Kalender nicht zu verdienen. Äußert das gebildetere Publikum den Wunsch Kalender mit weissern Pappier zu besitzen, so kann es leicht befriedigt werden. Aber alsdann heißt es darnach Waare, darnach Geld.
Der Donaueschinger und der Kempter Kalender, welche auf etwas weißeres Pappier als der hiesige gedruckt sind, halten hingegen nur 3 1/2. Bogen, und auf jeder Seite eines Blatts stehen Monate, welcher Unterschied im Kosten Aufwand gegen den hiesigen! und doch kostet einer auch 4. xr.
Der Stuttgarter Kalender, welcher wie der hiesige ebenfalls 5. Bogen enthält, so im Pappier und Druck dem hiesigen nachsteht kostet hingegen 5. xr. Der Baßler hinkende Botte hält 10. Bogen schlechteres Pappier und Druck als der hiesige und kostet 8. xr. Deßen Preiß steht also mit dem hiesigen in richtigem Verhältniß.

Daß der in Zeichnung sehr misrathene Grundriß von Carlsruhe das Ansehen des Kalenders nicht erhält, ist allerdings wahr.
Die Idee war alle Jahre dem Kalender eine Prospect Zeichnung von den Städten und alten Schlößern des Landes beizufügen und mit der Residenz Stadt den Anfang zu machen.
Ich glaubte der Lehrer im Zeichnungs Institut, Mahler Autenried werde diese Idee am besten ausführen können, wandte mich daher an ihn und erhielt von ihm die beigefügte Original Zeichnung.
Da sie unter aller Critik gefunden wurde, ersuchte ich den jungen Arnoldt um eine Prospect Zeichnung von Carlsruhe, der die zum Stechen übergab, welche dem Calender voran geheftet ist. Es war Niemand aufzufinden der eine Prospect Zeichnung fertigen wollte, man mußte also aus der Noth eine Tugend machen und den gewöhnlichen Plan der Stadt genehmigen.
Dreyerlej Tittelblätter möchten vielleicht zur Beförderung des Absazes beitragen.

1., Genealogischer Landkalender mit dem Kurfürstl. Wappen auf weißeres Pappier gebunden und durchschossen a 10. xr.
2., ein historischer mit einem paßenden anlockenden Aushängschild ohne Wappen auf gewöhnliches Pappier mit Holzschnitten a 8. xr.
3., ein Land oder Volcks Kalender von 31/2 Bogen mit Kurfürstl. Wappen, der nur den eigentlichen Kalender mit den Märkten und Bauern Regeln enthalten müßte a 3. xr. Lezteren würde der ärmeren Volcks Claße angenehm seyn.

Die Unterthanen, welche keinen der erstern Kalender sich anschaffen wollten, müßten gehalten seyn, diesen wohlfailern anzunehmen.

B.        Materielle Gegenstände / in Absicht

1.,       der Monats Bögen
2.,       des Innhalts nach dem Geschmack des Volcks.

In oekonomischer Rücksicht verdienen die Kalender einen Vorzug, welche nur 1 1/2. Monats Bogen enthalten, weil man dabej an Zeit und Kosten gewinnt und überdies der gemeine Mann das näher beisammen findet, was er in 3. Monat Bögen suchen muß.
Die Kalender Praktik möchte so wie sie mit den Planeten und den Zeichen des Thierkreißes im 1806r Kalender enthalten ist, ferner beizubehalten seyn.
Die Aspect und Erwählung, oder der Planeten Lauf, wie sie der Basler hinkende Botte mit einer Menge Zeichen, welche theils den Aberglauben nähren, als gut Haar oder Nägel schneiden p.p., theils dem gemeinen [Mann] unverständlich sind, als die Zeichen des Geviert oder Sextilschein, des Drachenkopf oder Schwanzes, wodurch der Kalender ein misteriöses Ansehen bekomt und der Raum zu zweckmäsigem Bemerkungen versperrt wird, wieder einzuführen, würde gewiß wenig Beifall finden.

In dem diesjährigten Baßler hinkenden Botte sind manche Verbeßerungen vorgenommen worden, unter andern wurden die Nativitäts Stellungen ausgelaßen, welche in dem Basler Rossiusischen Kalender noch stehen und auch zugleich zeigen, wenn es gut Hochzeit machen, Wandern, die Kinder in die Schule schicken ist u.s.w.
Wie schön weiß der Schweizer Botte die Nuzanwendung der zwölf himlischen Zeichen, hingegen lächerlich die astrologischen zu machen? Wie schön die Jahrszeiten, Witterung Finsternißen p.p. zu beschreiben? Aber es gehört ein Zschoke dazu.

Der Innhalt eines Kalenders kann belehrend und ernsthaft oder er kann aufmunternd und belustigend seyn. An ersterm findet die gemeine Volcks Claße kein Behagen. Sie will unterhalten seyn. Das Land Volk ist entwöhnt von den Aspeckt und Erwählungs Zeichen, vom Aderlaß Männle p.p. Man hat es darüber aufgeklärt als man solche weg ließ.
Würde der Basler hinkende Botte ganz zum Muster für die Zukunft gewählt, welcher noch das Aderlaß Männle und die Zeichen enthält, in welcher gut Haar und Nägel abschneiden ist, so möchte das Kurfürstliche Wappen und der Druck Ort Carlsruhe wegzulassen seyn.
Manche Kalender die in Norddeutschland herauskommen, und der Schweizer Botte, verdienten in Rücksicht der Volcks Aufklärung wohl ehender Nachahmung als der Basler hinkende Botte.

Politische Begebenheiten, Mord und Diebs Geschichten, Schatz Gräbereyen, Geister Beschwörungen mit Holzschnitten aus staffirt, Volckslieder, lustige Aneckdoten sucht der Bauer im Kalender. Von ihm wird noch immer der Eulenspiegel, Ritter Florenz pp auf braunes schlechtes Pappier gedruckt, die auf Jahr Märkten verkauft werden, lieber geleßen als eines Schillers oder Wielandts Schriften auf Velin gedruckt.
Man kann ihm ja wohl gönnen in den Winter Abenden aufm Ofenbank, über der Lecture eines nach seinem Geschmack geschriebenen Kalenders einige Stunden die Mühseeligkeiten des Lebens zu vergeßen.
Aber mit Vorsicht möchten Diebs und Mord Geschichten zu wählen und am Ende einer jeden schauervollen Scence moralische Bemerkungen einzuschieben und die Gegenstände, theils aus den neuesten Vorfällen herauszuheben, theils aus Meißner Kriminal Geschichte zu entlehnen seyn.
Da auch Bürger in Städten und Professionisten den Kalender leßen, so möchte auch etwas von Handwerks Misbräuchen, von Technologie, allgemein nüzlichen Erfindungen u.d.g. einzurücken seyn.
Eine kurze Übersicht der politischen Begebenheiten des zurückgelegten Jahrs würde jedem Kalender Käufer willkommen seyn. Die Fertigung einer solchen ist aber eine sehr küzliche Arbeit.

Ao 1791. zog ich aus einem beliebten allenthalben geleßen werdenden Blatt, die Übersicht der politischen Begebenheiten mit Weglaßung jeder Stelle, welche ich fürs gemeinere Publieum nicht geeignet erachtete, um sie in den Kalender einzurücken. Sie paßirte die Censur, wurde gedruckt und mit dem Kalender ausgegeben.
Ein französischer Ausgewanderter der sich in Baden aufhielt, sahe einen dieser Kalender, beschwerte sich über einige Stellen und bewirkte, daß vom Kurfürtsl. Geheimen Rath der Befehl gegeben wurde, den betreffenden Bogen von allen Buchbindern zurück zu fordern und einen andern dagegen drucken zu laßen.
Monats Vignetten findet man selten mehr in andern - nur noch in Schweizer Kalendern.
Es war einmal die Sprache davon, daß Kinder sie gerne hätten. Ich zog Erkundigungen ein und mir wurden die hier beygefügten als Muster geschickt, wovon eines in Buchs geschnitten 2. f. 30. xr. kostet.
Der ganze Aufwand würde also auf 30. f. kommen, aber mehrere Jahre würden die Figuren benuzt werden können.
Die im Schweizer Botten mit der Nativitätstellung sind nachahmungswürdig, ohne diese würden sie zwecklos im Kalender stehen und nur die Kosten vermehren.

Wenn die Bearbeitung der Kalender Aufsätze einem Mann übertragen wird, der dazu Willen und das Talent hat im Volckston zu schreiben, so könnte ihm wohl ein Honorar von 6. f. vom gedruckten Bogen verwilligt werden. Von Zeit zu Zeit möchten fremde Volcks Kalender zu beschreiben, die beßeren Ideen daraus zu benutzen und in der gewählten Volcks Sprache vorzutragen seyn. Denn von einem Mann, der nicht Welt und Menschen Kenntniß in hohem Grad besizt, kan man nicht alle Jahre neue interessante Gegenstände erwarten. Selbst Zschoke benuzt Gedanken aus fremden Schriften.
Öfters Abwechseln in der Einrichtung des Kalenders ist dem gemeinen Mann zuwieder.
Es äußerten manche ihre Unzufriedenheit, als sie die Märkte nicht mehr in alphabetischer Ordnung beisammen die Anzeige der Tag und Nacht Gleichen und verschiedene Namen nicht mehr dafanden, wo sie solche zu suchen gewohnt waren.

C.       Absatz des Land Kalenders

In den Ober Aemtern Rötteln, Badenweiler und Hochberg sind die Unterthanen so an den Land Kalender gewöhnt, daß sie solchen willig von den Vorgesezten annehmen, der aber, nach altem Gebrauch, erst am Stephans Tag pflegt ausgetheilt zu werden.
Die dortigen Buchbinder halten neben dem Land Kalender keine andern fremden Kalender, als die welche in Basel herauskommen, und wo einer von diesen angetroffen wird, findt man sicher auch den Karlsruher Kalender.
Im Unterland, wo vor 12. Jahren die gröste Unordnung beim Absatz des Land Kalenders besonders deswegen herrschte, weil deßen Debit den Buchbindern überlaßen war, die zugleich mit allen möglichen fremden Quart Kalendern handeln, und weil fremde Haußirer auf den Dörfern mit Reuttlinger Kalendern herumgingen, wurde dem Unweßen, durch die Geheime Raths Verfügung vom 15te Aug. 1798. No. 1440. Schranken gesezt.
Nach solcher ist jede Haußhaltung, welche einen Kalender anschaffen kan, schuldig und gehalten einen Land Kalender a 4. xr. Anzunehmen.
Es wurde hierauf das Austheilen derselben denen Vorgesezten übertragen und bisher Niemand durch Hatschier zu deren Annahme gezwungen.
Nur in der Stadt Durlach werden durch den Hatschier Stengel die Land Kalender herumgetragen, solche aber Niemand aufgedrungen.
Auf solche Art wurde auch im Unterland stärkerer Absatz erzielt. Erst durch die von vielen mißverstandene Verordnung vom 21te Merz 1805., welche im Regierungs Blatt No. 11 eingerückt ist, wurde die Meynung herrschend daß man an den Land Kalender nicht mehr gebunden seye, sondern statt diesem hier approbirte fremde Kalender sich anschaffen dörfe.
Die fremden Kalender Verleger ziehen aus diesem Volcks Irrthum Nutzen. Sie geben ohnapprobirte Kalender an die Händler ab, und diese haussiren damit im Lande herum. Die Unterthanen kaufen von ihnen weil sie dem Kalender nicht ansehen ob er von der Kurfürstlichen Sanitäts Comißion approbirt ist oder nicht.
Von einem mal, als der Kalender erst im Fbr. fertig, und im Land herumgeschickt wurde, kan nicht gefolgert werden, daß er alle Jahre spät erscheine.
Immer wird er im August oder September fertig, aber von den Vorgesezten erst nach Weynacht ausgetheilt, so sehr ich auch imer dagegen geeifert habe. Die Vorgesezten entschuldigen sich damit, daß die Leute sie nicht früher wollen.
Nur das Amt Stein verlangt sie frühe, um dem Haußiren mit fremden Kalendern zuvor zu kommen. Wenn, wie es schon oft der Fall war, es am Manuscript fehlt, so wird der Druck, folglich auch die Versendung des Kalenders verspätet.

D.       Verzicht auf das Kalender Privileg.

Es würde zuviel gewagt seyn, im Vertrauen auf starken Absatz eines beßer bearbeiteten Kalenders, auf den ausschlieslichen Verlag aller Kalender im Lande zu verzichten.
Man mache vorher die Probe mit einem hinkenden Botten, oder einem Kalender unter anlockendem Tittel ob er in und außer Land Abgang finde. Fällt das Resultat nach Wunsch aus, alsdenn mag auch der Zwang bei dem wohlfailem privilegirten Land Kalender aufgehoben werden.
Ehe das Surrogat für den vom L. Kalender abfallenden Gewinn gesichert ist, wird es wohl nicht räthlich seyn auf das Kalender Privileg Verzicht zu leisten.

Als Pappier und Druck noch wohlfail waren und die Kalender in der Frohnd von hier in die Ober Ämter verführt wurden zahlte der Pächter des Gymnasien Privilegs 565. f. Canon zur Gymnasiums Haupt Verrechnung, die er größtentheil an dem Kalender gewinnen konnte.
Seit 12. Jahren, als Pappier, Druck und Fuhrlöhne stiegen, keine Frohndfuhren mehr statt fanden, zahlt die Gymnasien Bücher Niederlage an die Gymnasiums Haupt Verrechnung noch immer 565. f. Canon, wie ehemals die Pächter, welche in wohlfailem Zeiten diesen Canon nicht mehr herauszubringen wußten.
Möge dieser Umstand nie außer Acht gelaßen, und bey allen künftig vorgenommen werdenden Veränderungen im Gymnasiums Verlag berücksichtigt werden!
Es ist nicht so leicht, als viele glauben mögen, diesen Canon herauszuschlagen. Die gröste Aufmerksamkeit mit vieler Mühe verbunden gehört dazu. Andere Kalender Verleger haben Vorteile, die das Gymnasium nicht hat.

Wenn Decker zu Basel, der Verleger des altem hinkenden Botten und Selbstdrucker und Buchhändler ist, an 5/m Kalender 1/4. gewinnt, so muß er nach der Regel an 10/m nicht 1/3, nur sondern mehr als die Hälfte gewinnen. Denn alles was er über seine baare Auslage bezieht, ist für ihn reiner Gewinn, denn er darf keinen Canon oder irgend eine Abgabe davon zahlen. Er hat so viele Vortheile die er keinem fremden sagt.

Ich habe deren mehrere entdeckt, wovon ich nur den anfuhren will, den ich mit Beweisen belegen kann.
Man glaubt er trage die Kosten der Holzschnitte allein. Keineswegs! Er steht mit anderen Kalender Verlegern im Verkehr. Diese zahlen ihm die Hälfte der Kosten, oder er druckt ihnen gegen Zahlung dieselben Holzschnitte die er im hinkenden Botten hat.
Im Collmarer hinkenden Botten findet man einige Holzschnitte, die im Baßler hinkenden Botten sind. Die andern z. B. die Vorstellung der Krönung Napoleons trifft man im französischen hinkenden Botten an, der im Paye de vaud oder in Bern heraus komt.
Scholer zu Baßel konnte sich von seinem hinkenden Botten keines Gewinnsts rühmen. Er ist zu Grund gegangen. Das Gymnasium hat über 100. f. an ihm verlohren, und das Baßler Allmosen ihn bis an seinen erfolgten Tod erhalten.
Wie stark Deckers Kalender Auflagen sind und wie viel er von beeden davon außer Landes absezt, ist mir unbekannt. Aber das weis ich, daß er in den Kurfürstlichen Oberlanden dem Land Kalender keinen Abbruch thut. Die vermöglichen Oberländer kaufen gewöhnlich in der Baßler Meße für ihre Kinder den hinkenden Botten.
Hingegen finden die Reutlinger und Nürnberger Kalender in den Kurbadischen Unterlanden starken Absatz, so daß man in manchen Häusern nur diesen, keinen Badischen antrifft.
Den Nürnberger sähe ich zum Hohn des hiesigen genealogischen Kalenders auch in diesem Jahre wieder auf den Canzleien austheilen.
Von dem Reutlinger Kalender werden jährlich 70/m aufgelegt, daher der wohlfailere Preiß.
Im Badischen sollen davon jährlich gegen 15,000 abgesezt worden seyn. Seit der gewiß schönen verbeßerten Einrichtung aber hat der Debit deßelben sehr stark abgenommen. Die Stuttgarter Kalender wovon jährlich mit dreierley Titteln 38. bis 40/m aufgelegt werden, finden im Badischen keinen Absatz.


Karlsruhe im Merz 1806.

Kamerrath Jaegerschmid

 

 

 
 
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