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Der Hausfreund redet zum drittenmal den geneigten Leser an,
und wünscht ihm das neue Jahr
      (1813)

Es ist artig, daß der Hausfreund immer über das andere Jahr etwas Besonders mit dem geneigten Leser zu reden hat, Anno neun, Anno eilf und Anno dreizehn.
Anno eilf hat er gesagt, in Zukunft hoffe er, soll's mit dem Kalender besser werden. Er hat nicht gesagt, „im nächsten Jahr", sondern in Zukunft, nämlich von Anno dreizehn an.
Denn der Rheinländische Hausfreund hat sich jetzt seßhaft niedergelassen in Lahr im Breisgau, eine Stunde von Mietersheim, und hat mit dem Herrn Buchdrucker Geiger allda und mit dem Herrn Buchdrucker Katz in Pforzheim sozusagen gemeine Sache gemacht von wegen des Kalenders, und hofft nun seiner Sache gewiß zu sein, und dem Leser etwas versprechen zu können. Denn der Herr Buchdrucker Geiger sagt: er wolle den Hausfreund schon drucken und pressen, daß es eine Art habe, nicht anderst als wie sein eigenes Kind, nämlich den Lahrer Hinkenden Boten, und der Herr Buchdrucker Katz will auch nichts ermangeln lassen.
Erstlich versprechen sie bei Verlust des Privilegiums, wieder jeden Bogen besonders zu drucken, wie es ehmals geschah, und in ihrer Druckerei sei es nie anderst üblich gewesen.
Zweitens sagt der Herr Geiger: Man bekommt heutzutag kein gutes Ziegelmehl mehr, ich will lieber Zinnober nehmen.
Drittens sieht er's zwar als eine sehr nützliche Übung der Kinder im Buchstabieren an, wenn man zwei Zeilen ineinander hineindruckt, eine mit roten Buchstaben und eine mit schwarzen, damit die Kinder die roten Feiertage aus den schwarzen Werktagen buchstabenweis herausklauben können, wie man die Erbsen und die Wicken auseinanderliest. Ja er behauptet, wer gut mit der Schrift umgehen könne, habe überdies einen großen Vorteil dabei, daß er zwei Zeilen auf einmal lesen könne. Dessen ungeachtet sagt er, er sei kein Freund von Neuerungen, was auch löblich ist, und wolle lieber die Zeilen wieder eine unter die andre drucken, wenn man auch mehr Zeit dazu brauche, eine nach der andern zu lesen, als beide auf einmal.
Viertens will er die roten Namen so drucken, daß man deutlich unterscheiden könne, ob's Esto mihi oder Trinitatis heißt.
Fünftens will er dem Mond ein ordentliches Gesicht anmalen, daß er nicht im Neulicht aussieht wie ein Mohr, an dem man auf drei Schritte keine Nase und keine Lippe unterscheiden kann, oder wie eine schwarze Mondsfinsternis, und im Vollicht wie eine rote.
Sechstens wenn der Herr Katz an die Abbildungen kommt, will er dem Papier den Model dazu nicht nur von weitem zeigen, sondern er will ihn wirklich darauf drucken; ja wenn die Zeiten wieder besser werden, ist er imstand, und läßt sie auch anstreichen.
Kurz dieser schöne nagelneue Jahrgang auf Tausendachthundertdreizehn, der jetzt dem Leser in die Hände geliefert wird, soll als ein Muster dienen für die Zukunft, und der Hausfreund will den geneigten Leser treulich ermahnt haben, diesen Kalender auf 1813 wohl zu betrachten, und sorgfältig aufzubewahren, damit er den Herrn Geiger und den Herrn Katz gleich am Ohr nehmen kann, wenn sie über kurz oder lang nicht einhalten wollten, bis Anno 1843. Denn der Akkord dauert dreißig Jahre.
Der Hausfreund, wenn er daran denkt, wie mancher geneigte Leser in dreißig Jahren nimmer fragen wird: „Den wievielten haben wir heut", oder „Wann geht der Mond auf", und wie manches junge Blut im Kalender lesen wird, das noch nicht da ist, so könnte er darob fast ein wenig weichmütig werden, zumal er selber kein heuriges Häslein mehr ist, und nicht weiß, wer heute oder morgen in seinen Akkord mit dem Herrn Geiger und Herrn Katz eintreten wird. Man achtet's just nicht groß, wie immer einer geht, und einer kommt, bis man sich zuletzt unter ganz ändern Leuten befindet, als im Anfang. Nicht anderst als auf einem Jahrmarkt; den ganzen Tag ist der Platz voll Menschen, absonderlich vor dem Stand des Zweibatzenkrämers, oder des Bildermanns, oder wo der Kalender verkauft wird, aber nachmittags sind wieder ganz andere Leute da als vormittags, und niemand hat gemerkt, daß die ersten fortgegangen, und die andern gekommen sind. Also auch auf dem großen Jahrmarkt der Welt und des Lebens. Alle Jahre gehet etwas, und etwas kommt, und einer, der sich da und da in der Fremde gesetzt hat, wie der Hausfreund in Lahr, wenn er nach dreißig Jahren zum erstenmal wieder in seine Heimat kommt, ein neues Geschlecht wohnt in den alten Häusern, andere Gesichter schauen zu den Fenstern heraus, andere Kinder spielen auf der Gasse. Oder er kommt an einem Sonntag. Andere Knaben läuten in die Kirche, ein anderer Pfarrherr tritt aus der Sakristei heraus auf die Kanzel, ein anderer Herr Schulmeister oder Provisor schlägt den Choral. Aber die Leute im Dorf kennen einander noch alle, und merken nicht sehr, daß sich fast alles geändert und gewechslet hat.
Wenn man das am 31. Dezember 1812 oder auch heute schon bedenkt, sollte man sich fast entschließen, den Leuten mit denen man zu leben hat, im neuen Jahr viel Liebe und Freude zu beweisen, weil man nicht wissen kann, wielange sie einem noch Zeit dazu lassen, ja man sollte nicht vergessen, daß man auf der großen Scheibe selber immer weiter hinausrücket an den Rand, weil auf der andern Seite immer neue nachrücken, die auch wollen Platz haben.
 
Der Hausfreund gefällt sich in solchen Betrachtungen bei dem Jahreswechsel, will aber diesmal nicht fortfahren, weil er nur ein Wort von wegen dem Herrn Geiger und Herrn Katz zu reden hatte, und wünscht seinen Lesern zum neuen Jahr insgesamt, des Lieben und Guten so viel, als jeder ertragen kann, süße Lebküchlein den artigen Kindern, den unartigen Zucht und geschmeidige Ruten, Sittsamkeit der Jugend, Freude und Trost dem Alter, allen ein frommes Herz, und denen die den Schluß des neuen Jahres nicht auszuwarten gedenken, noch viel warme schöne Tage, und weit hinten im Jahr ein sanftes Ende.

 
 
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