Der Generalfeldmarschall Suwarow
(1811)
Das Stücklein von Suwarow, wie er sein eigenes
Kommando respektierte, hat dem geneigten Leser nicht übel gefallen. Von
ihm selber wäre viel Anmutiges zu erzählen.
Wenn ein vornehmer Herr nicht hochmütig ist, sondern redet auch mit
geringen Leuten, und stellt sich manchmal als wenn er nur ihresgleichen
wäre, so sagt man zu seinem Lob: Er ist ein gemeiner Herr. Suwarow
konnte manchen schimmernden Ordensstern an die Brust hängen, manchen
Diamantring an die Finger stecken, und aus mancher goldenen Dose Tabak
schnupfen. War er nicht Sieger in Polen und in der Türkei, russischer
Generalfeldmarschall und Fürst, und an der Spitze von
dreimalhunderttausend Mann, soviel als seinesgleichen ein anderer? Aber
bei dem allen war er ein sehr gemeiner Herr.
Wenn es nicht sein mußte, so kleidete er sich nie wie ein General,
sondern wie es ihm bequem war. Manchmal, wenn er kommandierte, so hatte
er nur einen Stiefel an. An dem andern Bein hing ihm der Strumpf
herunter und die Beinkleider waren auf der Seite aufgeknüpft. Denn er
hatte einen Schaden am Knie.
Oft war er nicht einmal so gut gekleidet. Morgens, wenn's noch so frisch
war, ging er aus dem Bett oder von der Streue weg, vor dem Zelt im Lager
spazieren, nackt und bloß wie Adam im Paradies, und ließ ein paar Eimer
voll kaltes Wasser über sich herabgießen zur Erfrischung.
Er hatte keinen Kammerdiener und keinen Heiduck, nur einen Knecht, keine
Kutsche und kein Roß. In dem Treffen setzte er sich aufs nächste beste.
Sein Essen war gemeine Soldatenkost. Niemand freute sich groß, wenn man
von ihm zur Mittagsmahlzeit eingeladen wurde. Manchmal ging er zu den
gemeinen Soldaten ins Zelt, und war wie ihresgleichen.
Wenn ihn auf dem Marsch, oder im Lager, oder wo es war, etwas ankam, wo
ein anderer an einen Baum steht, oder hinter eine Hecke geht, da machte
er kurzen Prozeß. Seinetwegen durfte ihm jedermann zuschauen, wer's noch
nie gesehen hat.
Bei den vornehmsten Gelegenheiten, wenn er in der kostbarsten
Marschallsuniform voll Ehrenkreuzen und Ordenssternen dastand, und wo
man ihn ansah, von Gold und Silber funkelte und klingelte, trieb er's
doch wie ein säuberlicher Bauer, der wegwirft, was ein Herr in die
Rocktasche steckt. Er schneuzte die Nase mit den Fingern, strich die
Finger am Ärmel ab, und nahm alsdann wieder eine Prise aus der goldenen
Dose.
Also lebte der General und Fürst Italinsky Suwarow. |