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Der Friedensstifter  (1814)

Wer die rechten Mittel zu wählen weiß, der kommt zum Zweck, zum Exempel der Herr Theodor. Zwei junge Bürgersmänner in seiner Nachbarschaft hatten sich gegenseitig im Wirtshaus beleidigt und waren doch zu honett einander anzugreifen, und zu eigensinnig, einander zu vergeben. Also nährten sie den Unfrieden im Herzen. 
Das klagte jemand dem Herrn Theodor, und wie alle Mittel vergeblich seien, sie miteinander zu versöhnen. Der Herr Theodor sagte: "Lasst mich gewähren. Ich kenne sie. Bis morgen sind sie gute Freunde." Also bat er jeden insbesondere, ob er nicht heute bei ihm zu Nacht essen wolle, und setzte sie an den Tisch nebeneinander. Keiner gönnte dem andern ein Wort oder einen Blick. Beide stießen fleißig mit dem Herrn Theodor an, aber keiner mit dem andern. Da löschte der Herr Theodor das Licht aus, als wenn er die Kerze hätte putzen wollen, und sagte: "Nichts für ungut! Ich will's gleich wieder anzünden."  Indem er aber hinausging, gab er dem einen von der Seite her, wo der andre saß, im Dunkeln eine Ohrfeige. Also gab dieser dem andern zwei, und also setzten sie das Multiplikationsexempel miteinander fort und zerschlugen sich, wo jeder im Finstern hintraf, bis der Herr Theodor wiederkam, der etwas lange ausblieb. Als der Herr Theodor mit dem Licht wieder kam und traf sie an im wilden Kampf und Handgemenge sagte er: "Das ist recht gut und löblich, ehrenwerte Nachbarn und Gäste dass Ihr euch euch gegeneinander expliziert, und ich hab's schon den ganzen Abend gemerkt, dass ihr etwas gegeneinander dem Herzen habt. Ich sehe, dass es euch aufrichtig um Aussöhnung zu tun ist, weil jeder dem andern seine Meinung unverhohlen zu verstehen gibt."

"Ihr hättet nicht sagen sollen, dass ich Trumpf verleugne", sagte der eine, "so ich Farbe angegeben habe." Der andere sagte: "Ihr hättet nur nicht gleich schimpfen dürfen. Ein Herz ist bald für einen Eckstein angesehen. Ihr wisst, wie schmutzig die Karten sind."  Drauf ließ sich der Herr Theodor den Handel von ihnen erzählen und schlichtete ihn vollends aus, den andern Tag waren sie wieder gute Freunde.
 
 
 
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