Des Hausfreundes Vorrede
(1819)
Der
geneigte Leser sieht den Rheinländischen Hausfreund um etwas an:
Erstlich hat derselbe am Ende des Jahres 1815 die
große Weltuhr gestellt, so daß seit dieser Zeit kein Sternlein mehr
aufgegangen ist, in dem Kalender.
Zweitens hat er ebenfalls versprochen, in Zukunft jedesmal dem Jahrgang
seine Ehre anzutun, und zu melden, in welchen Preisen 200 und 100 Jahr
vorher der Wein und das Getreide gegolten haben, und hat's auch nicht
gehalten.
Drittens hat er im nämlichen Jahr die Fortsetzung der vaterländischen
Geschichte versprochen, und wer's wieder nicht gehalten hat, ist er.
Keine Seele hat seitdem erfahren können, was nach der unglücklichen
Schlacht bei Zülpich aus den armen Allemannen geworden ist. Manchem
jungen Leser, der seitdem aus der Schule herausgewachsen ist, kommen
diese Namen bereits vor, wie böhmische Dörfer.
Der Leser wollte sich darüber weniger wundern, wenn nicht der Hausfreund
in vordem Zeiten immer Wort gehalten hätte. Ein solcher Mann, sagt er,
der es einmal so weit gebracht hat, daß er mit den Tag- und
Nachtgleichen, mit den Mondsbrüchen und Finsternissen auf die Minute
einhalten kann, der Witterung nicht zu gedenken, der sollte auch in
andern Dingen sein Wort erfüllen, oder lieber nichts versprechen.
Was nun die große Weltuhr betrifft, so kommt's dem Hausfreund nicht
darauf an. Er will sie wieder loslassen. Sind wir nicht im Jahr 1815
zwischen den Planeten steckengeblieben, und haben bereits dem Merkurius,
und der Venus, oder dem Morgen- und Abendstern ihre Lobreden gehalten.
Folgen also jetzt die übrigen, als Erde, Mars, Pallas, Ceres, Juno,
Vesta, Jupiter, Saturnus und Uranus, und sollen auf den nächstfolgenden
Blättern einer nach dem andern aufgehen. Der Buchdrucker hat bereits
versprochen, solches Papier dazu zu nehmen, welches gewissermaßen die
Nacht vorstelle.
Anbelangend nun zweitens die Ehre des Jahrgangs, so hat gegolten: Im
Jahr 1619. Wein, der Saum 6 Pfund und 9 Schilling. Dinkel, das Viertel 3
Pfund. Roggen der Sack 2 Pfund 10 Schilling. Haber das Viertel 2 Pfund
15 Schilling. Im Jahr 1719. Wein, der Saum nur 3 Pfund 10 Schilling.
Dinkel, das Viertel 5 Pfund. Roggen, der Sack 4 Pf. 10 Schilling. Haber
4 Pfund. Solches gilt aber hauptsächlich von der Gegend um Basel und den
angrenzenden oberländischen Landschaften, und wurde nach Basler
Burgermaß gerechnet das Viertel sogenannte rohe Frucht zu zwei Säcken,
oder 8 große oder 16 kleine Sester, der große Sester zu 16, der kleine
zu 8 Becher.
Im Unterland aber z. B. in der Gegend von Bühl galt im J. 1619. Wein,
das Fuder 33 fl. oder der Saum etwas weniger als 5 fl. Korn das Viertel
2 fl. Im Jahr 1719. Wein, das Fuder 19 fl., Korn das Viertel 2 fl. 24 kr.
Jetzt aber ist der Leser noch begierig zu erfahren, wie sich der
Hausfreund drittens ausreden wird wegen der vorenthaltenen
vaterländischen Geschichte. Wegen der Weltuhr und Ehre des Jahrgangs hat
er sich brav gerechtfertigt. Antwort: Es sind seit mehreren Jahren so
viele lebendige Kriege und andere sonderbare Ereignisse in die Welt
gekommen, daß zu besorgen war, der rheinländische Leser habe genug
daran, und verlange keinen Nachschub aus den verstorbenen Zeiten. und es
geschieht nicht umsonst, daß der Hausfreund mit dem Jahr 1819 die alten
vaterländischen Begebenheiten wieder wecken, und schöne christliche
Kirchlein im Schwarzwald bauen will, sondern er wünscht dem geneigten
Leser eine lange Reihe friedlicher und fruchtbarer Jahre, von welcher
das Jahr 1819 nicht das schlechteste sein soll, und er will etwas darauf
wagen.
Alle Kalendermacher werden nach und nach dem Rheinländischen Hausfreund
aufsätzig.
Denn sie sagen, er verwöhne die Leute, und mache sie meisterlos, weil er
seinen Lesern über alles, was er tut und unterläßt, Rechenschaft gibt,
und mit ihnen redet. |