Der schlaue Husar (1807)
Ein Husar im letzten Kriege wußte wohl, daß der
Bauer, dem er jetzt auf der Straße entgegenging, 100 fl. für geliefertes
Heu eingenommen hatte, und heimtragen wollte. Deswegen bat er ihn um ein
kleines Geschenk zu Tabak und Branntwein. Wer weiß, ob er mit ein paar
Batzen nicht zufrieden gewesen wäre. Aber der Landmann versicherte und
beteuerte bei Hirnmel und Hölle, daß er den eigenen letzten Kreuzer im
nächsten Dorfe ausgegeben, und nichts mehr übrig habe. „Wenn's nur nicht
so weit von meinem Quartier wäre", sagte hierauf der Husar, „so wäre uns
beiden zu helfen; aber wenn du hast nichts, ich hab nichts; so müssen
wir den Gang zum heil. Alfonsus doch machen. Was er uns heute beschert,
wollen wir brüderlich teilen." Dieser Alfonsus stand in Stein ausgehauen
in einer alten, wenig besuchten Kapelle am Feldweg. Der Landmann hatte
anfangs keine große Lust zu dieser Wallfahrt. Aber der Husar nahm keine
Vorstellung an, und versicherte unterwegs seinen Begleiter so
nachdrücklich, der heil. Alfonsus habe ihn noch in keiner Not stecken
lassen, daß dieser selbst anfing Hoffnung zu gewinnen. Vermutlich war in
der abgelegenen Kapelle ein Kamerad und Helfershelfer des Husaren
verborgen? Nichts weniger! Es war wirklich das steinerne Bild des
Alfonsus, vor welchem sie jetzt niederknieten, während der Husar gar
andächtig zu beten schien. „Jetzt", sagte er seinem Begleiter ins Ohr,
„jetzt hat mir der Heilige gewinkt." Er stand auf, ging zu ihm hin,
hielt die Ohren an die steinerne Lippen, und kam gar freudig wieder zu
seinem Begleiter zurück. „Einen Gulden hat er mir geschenkt, in meiner
Tasche müsse er schon stecken." Er zog auch wirklich zum Erstaunen des
andern einen Gulden heraus, den er aber schon vorher bei sich hatte, und
teilte ihn versprochenermaßen brüderlich zur Hälfte. Das leuchtete dem
Landmann ein, und es war ihm gar recht, daß der Husar die Probe noch
einmal machte. Alles ging das zweitemal wie zuerst. Nun kam der
Kriegsmann diesmal viel freudiger von dem Heiligen zurück. „Hundert
Gulden hat uns jetzt der gute Alfonsus auf einmal geschenkt. In deiner
Tasche müssen sie stecken." Der Bauer wurde todesblaß, als er dies
hörte, und wiederholte seine Versicherung, daß er gewiß keinen Kreuzer
habe. Allein der Husar redete ihm zu, er sollte doch nur Vertrauen zu
dem heil. Alfonsus haben, und nachsehen. Alfonsus habe ihn noch nie
getäuscht. Wollte er wohl oder übel, so mußte er seine Taschen umkehren
und leermachen. Die hundert Gulden kamen richtig zum Vorschein, und
hatte er vorher dem schlauen Husaren die Hälfte von seinem Gulden
abgenommen, so mußte er jetzt auch seine hundert Gulden mit ihm teilen,
da half kein Bitten und kein Flehen. Das war fein und listig, aber eben
doch nicht recht, zumal in einer Kapelle. |