Der fromme Rat (1815)
Die Erzählung zu obenstehender Abbildung braucht nicht viel Worte, sonst verdirbt man's. Nämlich:
Ein 18jähriger Jüngling ging, noch unerfahren, katholisch und fromm zum
erstenmal aus der Eltern Haus auf die Wanderschaft. In der ersten großen
Stadt auf der Brücke blieb er stehen und wollte rechts und links ein
wenig umschauen, weil er fürchtete es möchten ihm nimmer viel solche
Brücken kommen, an welche unten und oben solche Städte angebaut seien,
wie diese. Als er aber rechts umschaute, kam daher von einer Seite ein
Pater und trug das hochwürdige Gut, vor welchem jeder Katholik
niederkniet, der demütig ist, und es recht meint. Als er aber links
umschaute kam von der andern Seite der Brücke auch ein Pater und trug
auch das hochwürdige Gut, vor welchem jeder Katholik niederkniet, der
demütig ist und es recht meint, und beide waren ihm schon ganz nahe, und
beide waren im Begriff, an ihm vorbeizugehen im nämlichen Augenblick,
der eine links von daher, der andere rechts von dorther. Da wußte sich
der arme Mensch nicht zu helfen, vor welchem hochwürdigen Gut er
niederknien, und welches er mit Gebet und Liebe grüßen soll, und es war
ihm auch schwer zu raten. Als er aber den einen Pater mit Bekümmernis
anschaute, und ihn gleichsam mit den Augen fragte und bat, was er tun
sollte, lächelte der Pater, wie ein Engel, freundlich die fromme Seele
an, und hob die Hand und den Zeigefinger gegen den hohen und
sonnenreichen Himmel hinauf. Nämlich vor dem dort oben soll er
niederknieen und ihn anbeten. Das weiß der Hausfreund zu loben und
hochzuachten, obwohl er noch nie einen Rosenkranz gebetet hat, sonst
schrieb' er den lutherischen Kalender nicht.
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