Der Bock (1815)
Einst im
strengen Winter an einem Sonntag abends fuhr eine fremde wunderschöne
Frau den Schliengener Berg hinauf, und als auf einmal die Pferde
stillstanden, waren sie auch klüger, als ein Bauersmann, der vor ihnen
mitten im Weg und im Schnee lag und schlief. Denn die Pferde hatten nur
Haber im Leib, aber der Bauersmann Branntewein, und kam von unten
herauf, wollte nach Kandern gehen, verfehlte aber in Schliengen den
Rang. Die wunderschöne Frau ließ ihn wecken. „Fehlt Euch etwas, guter
Mann, oder seid Ihr sonst in den Schnee gefallen?" - „Nein", stammelt
der Bauersmann, „da ist mir eine schwarze Katze mit feurigen Augen vor
meinen Augen herumgefackelt, und hat mich irregeführt und schlaftrunken
gemacht und wenn ich weiß, wo ich bin, so weiß es - das Kind im
Mutterleib", wollte er etwa sagen, aber er brachte es nicht heraus. -
„Ihr seid betrunken guter Mann, und wenn Ihr hier liegenbleibt, müßt Ihr
erfrieren." - „Wenn ich betrunken bin", fragte er, „habt Ihr mir den Rausch bezahlt, oder hab ich ihn bezahlt, oder bin ich ihn
nicht vielmehr noch schuldig?" Als aber die Frau, so freundlich sie ist
und sein kann, ihm zuredete vornen auf den Bock zu sitzen, bis zum
nächsten Ort - „Bock sitzen?" dachte er in seinem erschröcklichen
Rausch und fing auf einmal an aus einem andern Ton zu sprechen. „Ihr
seid die schwarze Katze, und habt Euch in eine heidnische Prinzessin
verwandelt. Um Gottes willen verschont mich nur diesmal", denn er dachte
an einen andern Bock, auf dem die Hexen reiten, und jetzt geh es zum
Pech- und Schwefelbrünnlein, und nicht zur Kalten Herberge, die auf dem Schliengener Berg steht, sondern zur heißen. In seinem Leben wolle er
keinen Rausch mehr trinken. Allein das half alles nichts, sondern der
Kutscher, der Postillion von Müllheim, band ihn auf den Bock. Und so
fuhr er mausstill und in ängstlicher Erwartung seines Schicksals, mit
bis zur Station. Auf der Station aber, auf Kaltenherberge, legten ihn
die Postknechte in einen warmen Kuhstall und ließen ihn seinen Rausch
dort ausschlafen. Aber noch bis auf diese Stunde glaubt der Mann, er sei
verhext und bezaubert gewesen, und hat seitdem keinen Rausch mehr
getrunken, ausgenommen an den Werktagen.
Dies Geschichtlein ist wahr, wenn's auch nicht zwischen Schliengen
und Kaltenherberge sollte geschehen sein, und der Hausfreund kennt die
schöne Frau. Hat sie's ihm nicht selber geschrieben von Freiburg aus im
Üchtland?
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