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Das Welschkorn    (1810)
 
 Jedermann kennt das sogenannte Welschkorn; am besten hierzuland kennen's die Gänse, aber nicht jedermann weiß, wo es herkommt, und wieviel man damit anfangen kann. Ein kräuterkundiger Mann, der Hausfreund hat schon manch Schöpplein mit ihm getrunken und schon manch Paar Sohlen mit ihm durchgelaufen, der hat's herausgebracht. Das Welschkorn ist nicht hierzuland daheim, etwa wie der Baldrian, oder der gute Heinrich oder das Tausendgüldenkraut, sondern in Amerika, in der Neuen Welt. Eh Amerika entdeckt wurde, hat man in Europa nicht gewußt, daß es Welschkorn gibt, und die Amerikaner haben nicht gewußt, daß es Dinkel und Roggen gibt.
Bisher hat man das Welschkorn fast bloß zur Mästung angebaut und benutzt. Aber das ist ein großer Fehler. Denn
Erstlich, so kann man aus dem Welschkorn, wenn man's ins Große anpflanzt, Zucker gewinnen, und hat ihn nicht mehr nötig, dem Engländer abzukaufen. Die Pflanze, von welcher der Zucker kommt, sieht aus wie die Welschkornstaude. Sie hat ein lockeres saftiges Mark, wie die Welschkornstaude. Aus diesem Mark wird der Saft ausgepreßt, und der Zucker daraus gekocht. Das kann man nun mit dem Welschkorn ebenso machen, wenn man die gehörigen Fabriken dazu anlegt, und die ersten Kosten nicht scheut. Gibt's auch nicht so viel aus, wie vom Zuckerrohr, so kann der Zucker daraus doch wohlfeiler werden, und das Geld bleibt im Land.
Zweitens, die Körner, wenn man sie nicht an dem Stock hart werden läßt, sondern halbreif abnimmt, geben auch für die Menschen ein sehr gesundes, angenehmes und nahrhaftes Nahrungsmittel, das man durch Kochen auf allerlei Art zubereiten kann.
Drittens, man kann daraus ein gutes Bier brauen, item einen sehr starken Fruchtessig,
item einen guten Branntewein, der ebenfalls demjenigen nahekommt, welcher aus der
Zuckerpflanze gebrannt wird.
Viertens, die trockenen dünnen Häute, welche den Welschkornkolben umgeben, diese geben ein sehr feines Postpapier. Item, wenn man sie gehörig verarbeitet, so können sie anstatt des teuren Roßhaars zu Ausfüllung von Sesseln, Matratzen etc. gebraucht werden.
 
Die gute Eigenschaft des Welschkorns ist überdies, daß es keinen guten fetten Boden liebt, sondern einen vermischten sandigen, ferner daß es in guten Jahren fast tausendfältige Früchte bringt. Denn ein gesunder und großer Kolben hat etliche hundert Körner, und ein gesunder Stock kann seine drei Kolben tragen.
Wie nun das Welschkorn zu obigen Zwecken gepflanzt und behandelt werden muß, siehe das ist beschrieben in einem nagelneuen Buch, betitelt: Über den Einfluß der Naturwissenschaft auf das gesamte Staatswohl, vorzüglich auf Land und Zeit berechnet, von D. C. C. Gmelin von Badenweiler. Karlsruhe bei C. F. Müller 1809.
In dem nämlichen Buch steht noch viel Nützliches und Neues über den Weinbau, über die Baumzucht, wie man die Waldungen behandeln soll, über den Getreidebau, über den Hanf- Flachs- Hopfen- und Tabaksbau, über die Bienenzucht, welches die besten Grasarten für Matten sind, über Bergwerke, Gipsgruben, und sonst noch viel.
 
Merke: Wenn du auf ein paar Batzen nicht zu sehen hast, so mußt du das Büchlein
kaufen, und deinen Mitbürgern, die es nicht selber anschaffen können,
auch guten Rat daraus erteilen.

 
 
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