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  Der Bauersmann und der Visitator    (1814)
 
Der Visitator an der Grenzstätte, wenn man verbotene Waren ins Land bringen will, merkt's gleich, und sieht's dem Reisenden oder dem Fuhrmann, oder dem Landmann im Gesicht an, ob er ihm trauen darf, oder nicht. Er läßt zehen Unschuldige durchpassieren und nimmt's nicht genau. Den eilften der etwas hat, hält er an und visitiert ihm alle Säcke und Nähte aus, bis er's findet. Ehrlich währt immer am längsten. Manchmal aber hält er doch auch einen Unschuldigen ohne Not auf, weil man gleichwohl nicht wissen kann. Bisweilen tut auch ein loser Vogel dem Visitator einen Schabernack an, und macht ihm vergebliche Mühe. Einer führte mit drei Pferden einen Wagen voll Haber über die Brücke. Jenseits der Brücke schoß der Visitator aus dem Häuslein heraus! „Halt! Was habt Ihr in Euern Säcken." Der Bauersmann sagte halb leise und mit verzagter Stimme: „Haber", und schaute mit einem ängstlichen Blick nach den Pferden. Der Visitator meinte, er blicke nach den Säcken und dachte: Holla! - „Ist sonst nichts darin, als was Ihr sagt?" -„Nein, sonst nichts." Der Eigentümer einer Ware ist nicht schuldig, daß er sie selber abladet und auseinanderlegt, und wieder zusammenpackt, sondern das ist des Visitators Schuldigkeit und er ist dafür bezahlt. Also rief der Visitator seinen Gehülfen heraus. „Hier sind verdächtige Säcke zu visitieren." Man tastete daran herum. Man stach mit spitzigen Visitierstäben hinein. Endlich lud man einen Sack nach dem andern ab, und leerte ihn aus. Im ersten war nichts, im zweiten nichts, in allen nichts, als lauter Haber und Haber. Zuletzt reiterte man ihn noch durch ein Sieb, ob keine heimlichen Edelsteine oder Pfefferkörner darunter sein. Es war auch nichts Heimliches darunter. Also faßten die Visitatoren den Haber wieder in die Säcke, banden sie zusammen und warfen ihn auf den Wagen und schwitzten dazu, wie ein Präzeptor. Weil sie aber gegen ihre Hoffnung nichts gefunden hatten, sagte der Visitator zu dem Bauersmann: „Guter Freund, Ihr seid ein ehrlicher Mann. Aber warum seid Ihr dann so verzagt und ängstlich gewesen? daran erkennen wir sonst das böse Gewissen, und haben ganz gewiß geglaubt einen guten Fang an Euch zu machen."
Da nahm den Visitator der Bauersmann auf die Seite, und sagte wieder halb leise, aber mit schalkhafter Miene: „Ich hab's müssen, damit die Pferde nicht erfahren sollten, daß ich noch mit Haber versehen bin. Ich hab ihnen schon seit vier Monaten keinen mehr gegeben." Da fuhr der Visitator auf: „Daß Euch, Ihr dieser und jener - - Ich hätte den besten Lust" — Aber er konnte nicht viel machen. Denn er hatte nichts als seine Schuldigkeit getan, und auch das hatte der Bauersmann ihn nicht geheißen. „Es ist mir leid genug", sagte dieser, „daß Ihr mich eine ganze Stunde aufgehalten habt."

 
 
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