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Geisterbesuch auf dem Feldberg
 

Hani gmeint, der Denglegeist, ihr Chnabe vo Todtnau,
seig e böse Geist, iez wüßti andre B'richt z'ge.
Us der Stadt das bini, und wills au redli bekenne,
mengem Chauf-Her verwandt, "vo siebe Suppe ne Tünkli",
aber e Sunntig-Chind. Wo näume luftigi Geister
uffem Chrüzweg stöhn, in alte G'wölbere huse,
und verborge Geld mit füürigen Augen hüete,
oder vergoße Bluet mit bittere Thräne wäsche,
und mit Grund verscharre, mit rothe Nägle verchratze,
siehts mi Aug, wenns wetterleicht. Sie wimsle gar sölli.
Und wo heiligi Engel mit schöne blaue Auge
in der tiefe Nacht in stille Dörfere wandle,
an der Fenstere lose, und, höre sie liebligi Rede,
gegen enander lächlen, und an de Husthüre size,
und die frumme Lüt im Schlof vor Schade bewahre,
oder wenn sie, selb ander und dritt, uf Gräbere wandle,
und enander sage: "Do schloft e treui Muetter,
do en arme Ma, doch het er niemes betroge.
Schlofet sanft und wohl, mer wennich wecke, wenns Zit isch",
siehts mi Aug im Sterneliecht, und höri si rede.
Menge chenni mit Namen, und wemmer enander bigegne,
biete mer is d'Zit, und wechsle Reden und Antwort:
"Grüeß di Gott! Hesch guti Wacht?" - "Gott dank der! so zimli."
Glaubets oder nit! Ne mol, se schickt mi der Vetter
Todtnau zu, mit allerhand verdrießliche G'schäfte;
wo mer's Kaffi trinken und Ankeweckli drin tunke:
"Halt er si nienen uf, und schwetz er nit was em ins Muul chunnt",
rüeft mer der Vetter no, "und loß er si Tabatiere
nit im Wirthshus liege, wie's sust bim Here der Bruch isch."
Uf und furt, i gang, und was mi der Vetter ermahnt het,
hani richtig versorgt. Jez sitzi z'Todtnau im Adler -
und iez gang i spaziere und mein i chönn nit verirre,
mein, i seig am Dorf; z'lezt chresmi hinten am Feldberg,
d'Vögel hen mi g'lockt, und an de Bächlene d'Blüemli.
Selle Fehler hani, i cha mi an allem verthörle.
Drüber wird es chüel und d'Vögel sitzen und schwige.
's streckt scho dört und do e Stern am düstere Himmel
's Chöpfli use, und luegt, öb d'Sunn echt aben ins Bett seig,
öb es echt dörf cho, und rueft de andere: "Chömmet!"
und i ha kei Hoffnig meh. Druf leg i mi nieder.
's isch e Hütte dört, und isch en Aerfeli Strau drinn.
"O du liebe Zit", so denki, "wenn i deheim wär!
Oder es wär scho Mitternacht.Es wird doch e G'spenstli
näume dohinte sy, und z'Nacht um Zwölfi verwache,
und mer d'Zit vertribe, bis früeih die himmlische Liechter
d'Morgeluft verlöscht, und wird mer zeige, wo's Dorf isch."
Und iez, woni 's sag, und mittem vordere Finger
's Zitli frog, wo's Zeigerli stand, 's isch z'finster für's Aug gsi,
und wo's Zitli seit, 's gang ab den Oelfen, und woni
's Pfifli use leng, und denk: Jez trinki no Tubak,
aßi nit vertschlof - by'm Bluest, se fangen uf eimol
ihrer zwee ne Gespröchli a. I mein, i ha g'loset. -
"Gell, i chumm hüt spoot? Drum isch e Meiddeli g'storbe
z'Mambach. 's het e Fieberli g'ha und leidige Gichter.
's isch em wohl. Der Todesbecher hani em g'heldet,
aß es ringer gang, und d'Augen hani em zudruckt,
und ha g'seit: Schlof wohl! Mer wen di wecke, wenns Zit isch. --
Gang, und biß so gut, und hol mer e wengeli Wasser
in der silberne Schaale, i will iez mi Sägese dengle."
Dengle? han i denkt, e Geist? und düsele use.
Woni  lueg, so sizt e Chnab mit goldene Fegge
und mit wiißem G'wand und rosefarbigem Gürtel
schön und lieblig do, und nebenem brenne zwei Liechtli.
"Alle gute Geister", sagi; "Her Engel, Gott grüeß di!"
"Loben ihre Meister!" seit druf der Engel, "Gott dank der!" -
"Nüt für übel, Her Geist, und wenn e Frögli erlaubt isch,
sag mer, was hesch du denn z'dengle? - "d'Sägese", seit er.
"Jo, sel siehni", sagi, "und ebe das möchti gern wisse,
wozu du ne Sägese bruuchsch." - "Zum Meihe. Was hesch g'meint?"
seit er zu mer. Druf sagi: "Und ebe das möchti gern wisse."
Sagi zuenem: "Ischs verlaubt? Was hesch du denn z'meihe?" -
"Gras, und was hesch du so spoot do hinte z'verrichte?"
"Nit gar viel", hani g'seit, "i trink e wengeli Tubak,
wäri nit verirrt, wohl wärs mer z'Todtnau im Adler.
Aber mi Red nit z'vergesse, se sag mer, wenn d'witt so gut sy,
was du mittem Gras witt mache." - "Futere", seit er.
"Eben und das nimmt mi Wunder, de wirsch doch, Gott will, ke Chue ha?"
"Nei, ne Chue iust nit, doch Chalbele", seit er, "und Esel."
"Siehsch dört selle Stern?" Druf het er mer obe ne Stern zeigt.
" 's Wienecht-Chindli's Esel, und 's heilige Friedeli's Chalble
othme d'Sterne-Luft dört oben, und warten ufs Futter.
Und dört wachst kei Gras, dört wachse numme Rosinli",
het er g'seit, "und Milch und Honig rieseln in Bäche,
aber's Vieh isch semper, 's will alli Morge si Gras ha,
und e Löckli Heu, und Wasser us irdische Quelle.
Dordurwille dengli iez, und willi go meihe.
Wärsch nit der Ehre werth, und seisch de wellsch mer au helfe?"
So het der Engel g'seit. Druf sagi wieder zum Engel:
"Lueg, 's isch so ne Sach. Es sott mer e herzligi Freud sy,
d'Stadtlüt wisse nüt vo dem; mer rechnen und schribe,
zähle Geld, sel chönne mer, und messe und wäge;
laden uf und laden ab, und essen und trinke.
Was me bruucht ins Muul, in Chuchi, Cheller und Chammer,
strömt zu alle Thoren i, in Zeinen und Chretze;
's lauft in alle Gassen, es rüeft an allen Ecke:
Chromet Chirsi, chromet Anke, chromet Andivi!
Chromet Ziebele, geli Rüebe, Peterliwurze!
Schwebelhölzli, Schwebelhölzli, Bodekolrabe!
Paraplü, wer koof? Reckholderberi und Chümmi!
Alles für baar Geld und alles für Zucker und Kaffi...
Hesch du au scho Kaffi trunke, Herr Engel, wie schmeckt's der?"
"Schwez mer nit so närsch", seit druf der Engel und lächlet.
"Nei, mer trinke Himmelsluft und esse Rosinli,
vieri alle Tag, und an de Sunntige fünfi.
Chumm jez, wenn de mit mer witt, iez gangi go meihe,
hinter Todtnau abe, am Weg, an grasige Halde." -

"Jo, Her Engel, frili willi, wenn de mi mitnimmsch,
's wird afange chüel. I will der d'Sägese trage.
Magsch e Pfifli Tubak rauche, stohts der zu Dienste."
Sieder rüeft der Engel: "Puhuh!" Ne füürige Ma stoht,
wie im Wetter, do: "Chumm, zündis abe go Todtnau."
Seits, und voris her marschiert der Puhuh in Flamme,
über Stock und Stei und Dorn, e lebigi Fackle.
"Gell es isch chummli so", seit iez der Engel: "was machsch echt?
Worum schlagsch denn Füür? Und worum zündisch di Pfifli
nit am Puhuh a? De wirsch en doch öbbe nit förchte,
so ne Fraufaste-Chind, wie du bisch - het er di g'fresse!"
"Nei, Her Engel, g'fresse nit. Doch mußi bikenne,
halber hani'm numme traut. Gut brennt mer der Tubak.
Selle Fehler hani, die füürige Manne förchi;
lieber sieben Engel, as so ne brennige Satan." -
"'s isch doch au ne Gruus", seit iez der Engel, "aß d'Mensche
so ne Furcht vor G'spenstere hen, und hätte's nit nöthig.
's sind zwee einzigi Geister de Mensche gfährli und furchtbar:
Irrgeist heißt der eint', und Ploggeist heißt der ander;
und der Irrgeist wohnt im Wi. Us Channe und Chruse  
stigt er eim in Chopf, und macht zerrütteti Sinne.
Selle Geist führt irr im Wald uf Wegen und Stege,
's goht mit eim z'unterst und z'öberst, der Bode will unter eim breche! 
d'Brucke schwanke, d'Berg biwege si, alles isch doppelt.
Nimm di vorem in Acht!" Druf sagi wieder zum Engel:
" 's isch e Stich, er blutet nit! Her Gleitsma, i merk di.
Nüechter bini gwis. I ha en einzig Schöpli 
trunke g'ha im Adler, und frog der Adlerwirth selber.
Aber biß so gut und sag mer, wer isch der ander?"
"Wer der ander isch", seit iez der Engel, "das frogsch mi! 
's isch e böse Geist, Gott well di vorem biwahre. 
Wemme früeih verwacht, um vieri oder fünfi,
stoht er vorem Bett mit große füürigen Auge,
seit eim gute Tag mit glühige Ruthen und Zange. 
's hilft kei das walt Gott, und hilft kei Ave Maria!
Wemme bete will, enanderno hebt er eim's Muul zu.
Wemmen an Himmel luegt, se streut er Aeschen in d'Auge;
het me Hunger, und ißt - er wirft eim Wermuth in d'Suppe;
möcht me z'Obed trinke, er schüttet Gallen in Becher.
Lauft me wie ne Hirz, er au, und blibt nit dehinte.
Schlicht me wie ne Schatte, so seit er: Jo mer wen g'mach thue.
Stoht er nit in der Chilchen, und sizt er nit zu der ins Wirthhuus?
Wo de gosch und wo de stohsch, sin G'spenster und G'spenster.
Gosch ins Bett, thuesch d'Auge zu, se seit er: 's preßirt nit
mittem Schlofe. Los, i will der näumes verzehle:
Weisch no, wie de g'stohle hesch, und d'Waisli betroge,
So und so, und das und deis, und wenn er am End isch,
fangt er vorne a, und viel wills Schlofe nit sage."

So het der Engel g'seit, und wie ne füürige Luppe,
het der Puhuh g'sprüzt. Druf sagi wieder: "I bi doch
au ne Sunntig-Chind, mit mengem Geistli befründet,
aber b'hüt mi Gott der Her!" Druf lächlet der Engel:
"B'halt di G'wiße rein, s'goht über b'siebnen und b'segne,
und gang iez das Wegli ab, dört nieden isch Todtnau.
Nimm der Puhuh mit, und lösch en ab in der Wiese,
aß er nit in d'Dörfer rennt, und d'Schüüre nit azünt.
B'hüt di Gott, und halt di wohl!" Druf sagi:" Her Engel!
B'hüt di Gott der Her, und zürn nüt! wenn de in d'Stadt chunnsch,
in der heilige Zit, se b'suech mi, 's soll mer en Ehr sy,
's stöhn der Rosinli z'Dienst und Hypokras, wenn er di annimmt.
D'Sterneluft isch rau, absunderlig nebe der Birsig."
Drüber graut der Tag, und richtig chummi go Todtnau,
und gang wieder Basel zu, im lieblige Schatte.
Woni an Mambach chumm, so trage sie 's Meiddeli use,
mittem heilige Chrüz und mit der verblichene Fahne,
mittem Chranz am Todtebaum und brieggen und schluchze.
Hent ders denn nit g'hört! Er wills io wecke, wenns Zit isch.
Und am Zistig druf, se chummi wieder zum Vetter,
d'Tubak-Dose hani richtig näume lo liege.

 

   
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