Ein Vergleich der Erstauflage von 1803
mit der von Hebel geänderten Version ab der 3. Auflage 1806

 
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1803 erschien die Erstauflage der Alemannischen Gedichte, sie wurden in der 2. Auflage 1804 unverändert gedruckt.
1806 erschien die von Hebel korrigierte und veränderte 3. Auflage, die wiederum der 4. und den folgenden Auflagen als Druckvorlage diente.
(Siehe auch die Vorworte Hebels zu den einzelnen Auflagen, insbesondere zur 4.)

Das Internet bietet nun die einmalige Gelegenheit, die Unterschiede der beiden Versionen in einer "Paralleldarstellung"
schnell und übersichtlich deutlich zu machen.
 
    1. + 2.  Auflage,  1803 + 1804

 

Der Bettler

En alte Ma, en arme Ma,
er sprichtich um e Wohltat a!
e Stückli Brod ab euem Tisch,
wenns eue guete Willen isch!
He io, dur Gotts Wille!

In Sturm und Wetter, arm und blos,
gibore bini uf der Stroß,
und uf der Stroß in Sturm und Wind
erzogen, arm, e Bettelchind.
Druf woni chräftig worde bi,
und d'Eltere sin gstorbe gsi,
se hani denkt: Saldate-Tod
isch besser, weder Bettelbrod.
I ha in schwarzer Wetternacht
vor Laudons Zelt und Fahne gwacht,
i bi bym Paschal Paoli
in Corsika Draguner gsi,
und gfochte hani, wie ne Ma,
un Bluet an Gurt und Sebel g'ha.
I bi vor menger Batterie,
i bi in zwenzig Schlachte gsi,
und ha mit Treu und Tapferkeit
dur Schwerdt un Chugle 's Lebe treit.
Z'letzt hen si mi mit lahmem Arm
ins Elend gschickt. Daß Gott erbarm!
He io, dur Gotts Wille!

                               
                               
                               
                               

Vergeltsder Her, und dankder Gott
du zarten Engel, wiiß und roth,
un geb der Gott e brave Ma! 
Was luegsch mi so biwegli a?
Hesch öbben au e Schatz im Zelt,
mit Schwert und Roß im wite Feld?
Biwahr di Gott vor Weh und Leid,
und geb dim Schatz e sicher Gleit,
und bring der bald e gsunde Ma!
's goht ziemli scharf vor Mantua,
's cha sy, i chönnt der Meldig ge. 
Was luegsch mi a, und wirsch wie Schnee,
und seisch nit: "Henk di Bettelgwand
di falsche graue Bart an d'Wand?"
Jez bschau mi recht, und chennsch mi no?
Geb Gott, i seig Gottwilche do!

Her Jesis, der Friedli, mi Friedli isch do!
Gottwilche, Gottwilche, wohl chenni di no!
Wohl het mi bigleitet di liebligi Gstalt,
uf duftige Matten, im schattige Wald.
Wohl het di bigleitet my b'chümmeret Herz
dur Schwerdter und Chugle mit Hofnig und Schmerz,
und briegget und bettet  Gott het mer willfahrt,
und het mer mi Friedli und het mer en gspart.
Wie chlopfts mer im Buese, wie bini so froh!
O Muetter, chumm weidli, mi Friedli isch do!

 

3.  und die folgende Auflagen,  1806 ff

 

Der Bettler

 En alte Ma, en arme Ma,
er sprichtich um e Wohltat a!
e Stückli Brod ab euem Tisch,
wenns eue guete Willen isch!
He io, dur Gotts Wille!

In Sturm und Wetter, arm und bloß,
gibore bini uf der Stroß,
und uf der Stroß in Sturm und Wind
erzogen, arm, e Bettelchind.
Druf woni chräftig worde bi,
und d'Eltere sin gstorbe gsi,
se hani denkt: Saldate-Tod
isch besser, weder Bettelbrod.
I ha in schwarzer Wetternacht
vor Laudons Zelt und Fahne gwacht,
i bi bym Paschal Paoli
in Corsika Draguner gsi,
und gfochte hani, wie ne Ma,
un Bluet an Gurt und Säbel gha.
I bi vor menger Batterie,
i bi in zwenzig Schlachte gsi,
und ha mit Treu und Tapferkeit
dur Schwerdt un Chugle 's Lebe treit.
Z'letzt hen si mi mit lahmem Arm
ins Elend gschickt. Daß Gott erbarm!
He io, dur Gotts Wille!

"Chumm, arme Ma!
I gunn der's, wienis selber ha.
Un helf der Gott us diner Noth,
und tröst di, bis es besser goht."

Vergelts der Her, und dankder Gott,
du zarten Engel, wiiß und roth,
un geb der Gott e brave Ma! -
Was luegsch mi so biwegli a?
Hesch öbben au e Schatz im Zelt,
mit Schwert und Roß im wite Feld?
Biwahr di Gott vor Weh und Leid,
und geb dim Schatz e sicher Gleit,
und bring der bald e gsunde Ma!
's goht ziemli scharf vor Mantua.
's cha sy, i chönnt der Meldig ge. -
Was luegsch mi a, und wirsch wie Schnee?
Denkwol i henk mi Bettelgwand
mi falsche graue Bart an d'Wand? -
Jez bschau mi recht, und chennsch mi no?
Geb Gott, i seig Gottwilche do!

"Her Jesis, der Friedli, mi Friedli isch do!
Gottwilche, Gottwilche, wohl chenni di no!
Wohl het mi bigleitet di liebligi Gstalt,
uf duftige Matten, im schattige Wald.
Wohl het di bigleitet my b'chümmeret Herz
dur Schwerdter und Chugle mit Hoffnig und Schmerz,
und briegget und betet. Gott het mer willfahrt,
und het mer mi Friedli und het mer en gspart.
Wie chlopfts mer im Buese, wie bini so froh!
O Muetter, chumm weidli, mi Friedli isch do!"

 

       
     Der Text links folgt dem in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe vorhandenen und digitalisierten Exemplar der 1. Auflage von 1803.
Der Text rechts folgt dem für diese Website auch sonst verwendeten Referenzwerk: Johann Peter Hebel, Poetische Werke, Winkler Weltliteratur, München 1961
(Diese folgt weitestgehend der 5. Ausgabe(!), erschienen 1820 bei H. R. Sauerländer in Arau).

Alle Unterschiede der beiden Texte - Änderungen, Hinzufügungen und Weglassungen wurden links gelb hinterlegt, rechts (soweit möglich und sinnvoll) rot dargestellt.

 

 
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