|
 |
28.
Diese Charaden leisten in hohem Maße... |
|
Konvolut 3 / Text
(Original ohne Titel) |
|
|
zurück
|
|
|
|
|
|
|
 |
|
Diese Charaden leisten in einem hohen
Grade dem Kunstgesetz ein Genüge
daß die reiche Manigfaltigkeit
in einer leicht erkenbaren
Ein-
so /
heit sich binden u. / ein vielseitiges
Ganzes darstellen müße, u. ver-
dienten in sofern mit Recht den
Namen eines schönen Kunstwerks.
Überdiß befleißigt sich der Ver-
fasser des Gesetzes der weisen
Sparsamkeit, u. macht sich selbst
die nemliche Aufgabe, wie die
nur
großen Maler, die mit wenigen
Farben mahlen u. doch große Ef-
fekte damit herauszubringen wissen.
Nutzen oder Schaden, - moralischen
Werth oder Verwerflichkeit, Ge-
meinheit* oder Seltenheit in der
Erscheinung sind fast die einzigen
Charakterstriche mit welchen er
eine Reife v. 318 Charaden hindurch eine Menge
von drei mal so viel Gegenständen |
|
|
|
 |
|
im Ersten, Zweiten und Ganzen von
ferne anzudeuten weiß. Höchst selten
wird man eine dieser Charaden
schon beim ersten oder zweiten
Durchlesen verstehen. Längeres Nach-
denken wird dagegen durch eine Menge
von Ideen belohnt, welche aus der
nemlichen Charade zauberisch her-
vor gehen, u. alle gleich glücklich
in ihr scheinen bezeichnet zu seyn
als Mondschein, Einback, Nacht-
frost, Löwenzahn. Man schwankt
in süßer Ungewißheit für welche
derselben man sich entscheiden soll, und wird
wen man endlich im
Register
der Auflösung nachschlägt auf
die a mit der angene auf
die überraschendsten Entdeckungen
geführt, daß unter der muthwillig
umgehängten Hülle ein Gegenstand
lauscht, an den man gar nicht
dachte, z. B. Schutzdam,
Verwah-
rungsschluß, Eitelkeitstrieb.
|
|
|
|
 |
|
Zu besonderer Ehre gereicht es dem
V.** daß er weniger mit Witz
zu glänzen, als mit leicht hin-
geworfenen
moralischen Winken
u. Warnungen nebenher zu wirken
sucht, u. dem
Sprüchlein
"Omne tulit punctum***
in dieser Hinsicht die entsprechendste
Genüge leistet. Alle diese
Charaden
wen auch hier und da der Aus-
druck einem ängstlichen Gemüth
schlüpfrig scheinen sollte, athmen
durchaus sittliche Unschuld u.
Würde. Überdiß sind sie frei
von dem Zwang u. der Einförmig-
keit des sklavischen Silbenmaases,.
Über all schmiegt sich das Gewand
an den Körper., u.
zeigt, unentstellt
durch leere Ausfütterung, seine
ste hohe Gestalt.
Jeder der auch nur einige
Augenblicke diesen Geburten der
Muse seine
Aufmerksamkeit
widmen will, wird sie gewiß
befriedigt wieder weg legen.
|
|
|
|
 |
|
Übrigens wird es dem Publikum kei-
ne
unerwünschte Nachricht seyn,
daß der Verf. wen
diese 318.
Charaden Beifall finden noch
mit 2000 bereits verfertigten
von
gleichem Werth dem selben
an Henden geben kan. |
|
|
|
* "Gemeinheit" = hier im Sinne
von 'Allgemeinheit' vorhanden oder zugegen.
** V. = Verfasser
*** Omne tulit punctum = (vollständig) "Omne tulit
punctum, qui miscuit utile dulci" =
"Aller Beifall ist dem gewiß, der Heilsames mischte mit Süßem" -
Zitat von Quintus Flaccus Horaz
|
|
|
|
Hebel hat sich zwar nirgends
darüber geäußert, aber man darf annehmen, dass er die Herausgabe von 318
gesammelten Charaden
- sicher primär aus der "Hochzeit" des 'Charadenwesen' - insbesondere im
Drechslerschen Kaffeehaus in Karlsruhe - plante
und er dafür den o. a. Text - vermutlich als Vorwort - schrieb. |
|
|
|
|
|