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      Etwas zur Befestigung des Glaubens an die göttliche Wahrheit und Güte bey 
      den Schicksalen unglücklicher Gottesverehrer und Menschenfreunde. 
        
      GOtt, der du uns zur Weisheit und Tugend 
      berufen, u. die Freuden der Unsterblichkeit zur Vergeltung eines frommen, 
      menschenfreundlichen Lebens aufgestellt hast, du siehst die 
      Schwierigkeiten u. Hinderniße, die unsern Gang zur Vollkommenheit 
      aufhalten, die Versuchungen, die uns so gern von unsern Pflichten 
      weglocken, u. die drückenden Gefühle des Gegenwärtigen, die sich in unserm 
      Herzen so nahe neben die Hoffnung des Künftigen drängen. Du siehst es 
      nicht nur; es ist dein Wille, o Vater! daß wir durch freywilligen edlen 
      Kampf gegen das Böse des Himmels würdiger werden daß durch Leiden das 
      Verlangen nach dir und deinem Heile geschärft, u. nach allen Erfahrungen 
      des unangenehmem der Genuß deiner Freuden uns einst lieber und süßer 
      werde. O laß uns nicht durch ungedultige Klagen gegen deine Führungen 
      sündigen, u. nicht durch Sünden unsers Weges verfehlen! Du legest Lasten 
      auf, aber du hilfst auch. Laß uns durch Entschlossenheit zum Guten, wenn 
      wir versucht werden durch Kraft vom Himmel, wenn wir für den Himmel 
      arbeiten, durch Aufrichtung im Leiden und Freudigkeit im Sterben den Trost 
      dieser Wahrheit erfahren. Einst, wenn uns der Tod die Bürde abgenommen 
      hat, unter der wir zur Ewigkeit wallen, dann wird deine Wahrheit und Güte, 
      gerechtfertiget gegen alle Ungedult und Klage unsere Bewunderung seyn, u. 
      Dank für deine Führungen, die uns so sicher zum Ziele brachten, u. Dank 
      für die Freuden, die uns am Ziele erwarten, dich o weiser liebender Vatter 
      ehren. Schenke uns auch unter unsrer jetzigen Andacht den Geist der 
      Freudigkeit u. des Trostes, u. laß uns durch dein Wort u. durch deine 
      Verheissungen gestärkt, wandeln den guten Weg der Tugend u. Seeligkeit. V. 
      U. etc. 
      Text: Apost. Geschichte 5. 30. 31. 
      Der GOtt unserer Vätter hat JEsum 
      auferwecket, welchen ihr erwürget habt, u. an das Holz gehänget. Den hat 
      Gott durch seine rechte Hand erhöhet zu einem Fürsten und Heiland, zu 
      geben Israel Buße und Vergebung der Sünden. 
      Der Schaupatz der menschlichen Schicksale stellt am A. Z. unter seinen 
      steten Abwechslungen oft sehr unerwartete u. unbegreifliche Erscheinungen 
      unter die Augen, Begebenheiten u. Verwickelungen im einzelnen und großen, 
      denen wir, wenn wir sie auch für das nehmen, was sie sind, doch ihren Gang 
      zu einem guten Ende, u. ihr reines Zusammenstimmen mit den wohlthätigen 
      Absichten der Vorsehung nicht errathen können, Begebenheiten u. 
      Verwickelungen, welchen den, der sie voreilig schon für Entwicklung halten 
      wollte, von Zweifel in Zweifel zu führen, in immer tieferes Staunen zu 
      versenken, u. am Ende in seinem ganzen Glauben u. Hoffen irre zu machen, 
      mit allen seinen Grundsätzen zu entzweien im Stande wären. 
      Es sind zwey verwandte Bilder dieser Art die wenn sie auch seltener in 
      ihren ganzen Stärken erscheinen, doch nach der längsten Reihe von frohem 
      Ansichten wieder kommen, u. so oft sie vor unserm Blicke vorübergehen, ein 
      trauriges Gefühl in der Seele zurück lassen. Es ist die 
      menschenfreundliche unverdrossene Tugend, wenn sie für ihre Mühe und 
      Aufopferungen fast kein Dank u. kein Glück unter der Sonne belohnt, u. die 
      leidende, oft noch unter dem Druck des Schicksals von menschlicher Bosheit 
      gepeinigte, gottergebene Unschuld, wenn sie kein Mensch auf Erden zu 
      unterstützen, kein Engel vom Himmel zu trösten, kein GOtt in seinem Reiche 
      zu bemerken scheint. 
      Gerne fragt sich bey diesem Anblick der ungedultige Mensch: Wie kann GOtt 
      das sehen und änderts nicht? Wie kann der Allmächtige dulden in seiner 
      Schöpfung, was ich schwaches Geschöpf von Erde verbessern würde, wenn 
      seine Macht mir zu Gebotte stünde? Mit welcher unbegreiflichen Ruhe läßt 
      der Gütige und Weise in seinem Reiche bauen und zerstören, 
      menschenfreundlich pflanzen, u. feindselig zertretten, u. alles zum Bösen 
      wie zum Guten seinen ungehinderten Gang gehen? Und doch sollen wir an eine 
      Vorsehung glauben, die alles wohl führt, u. durch fromme Thätigkeit, u. 
      stille Gedult uns ihres Segens werth machen? 
      Wo ist Gerechtigkeit - so denkt dann gerne der Leichtsinnige - in den 
      Schicksalen der Menschen? Wo schwebt der Preis, der die Tugend krönen, wo 
      das Schwerdt, das den Frevler strafen soll? So denkt er, und eilt zu einer 
      Sünde. 
      Es sey gerne zugestanden, der abstechende Unterschied, der die Tugend und 
      die Bosheit voneinander entfernt, ist oft ins unkenntliche verwischt in 
      den Schicksalen der Menschen, wenn ihr nicht mitten durch den äussern 
      Schein der Dinge, ungestört durch die Thränen der Wehmuth an dem Auge des 
      Guten, u. durch den Freudengesang auf der Lippe des Bösen in den Sitz der 
      innern Empfindungen eindringen könnet, die euch weder der eine noch der 
      andere von den Dächern verkündiget - und das Schicksal eines Menschen, des 
      Glücklichen wie des Unglücklichen ist ein seltsames Gewebe, und auf 
      welcher Seite ihr es betrachtet, nicht frey von Verwirrungen, wenn ihr den 
      fortlaufenden Gang der Dinge nicht in eine weite Ferne hinaus, nicht über 
      das Grab hinweg bis in die Ewigkeit zu verfolgen im Stande seyd, wo sich 
      das verworrenste in Ordnung auflösen, u. alles getrennte und zerrissene in 
      Harmonie vereinigen muß. 
      Aber auch hierinn ist uns JEsus CHristus durch sein Schicksal von GOtt 
      gemacht zur Weisheit. Hat je ein Verehrer GOttes u. Freund der Menschen 
      mit reiner reger Liebe gewirket u. gehofft, so lange sein Tag dauerte, u. 
      bis in die letzte sinkende Dämmerung hinaus, so heißt sein Name JEsus. Und 
      hat je ein Freund und Wohlthäter seines Geschlechts die edelste Saat auf 
      einen steinigten Acker ausgestreut, u. wo er guten Weitzen aussäte, 
      Unkraut u. Dornen aufsprossen gesehen, die noch mit seinem eigenen Blute 
      sich färbten, u. für alle seine Aufopferungen den Undank seiner 
      Zeitgenossen mit sich ins frühe Grab genommen, so ist es er. "Aber den 
      JEsum, sagt unser Text, den ihr erwürget habt, u: an das Kreutz gehängt, 
      den hat der GOtt unserer Vätter auferweckt, u. durch seine rechte Hand 
      erhöhet zu einem Fürsten und Heiland, um Israel durch Bekehrung u. 
      Vergebung der Sünden zu beglücken." 
      Lasset uns also auch hier aufsehen auf ihn, den Anfänger und Vollender 
      unsers Glaubens, u. durch sein Beispiel ermuntert, u. durch sein Schicksal 
      getröstet, so wie er; lauffen mit Gedult in dem Kampf der uns verordnet 
      ist!  
      Der Menschenfreund arbeitet einer Ungewissen fernen Erndte entgegen, u. 
      der Verehrer GOttes geht unter seiner Last mit stiller Gedult zum Grabe; 
      aber die göttliche Wahrheit und Güte rechtfertiget sich schon itzt an den 
      Gefühlen, die seine Grundsätze u. seine Thaten begleiten, u. einst in dem 
      unausbleiblichen Segen seiner Arbeit u. dem frohen Ausgang seiner 
      Schicksale. 
      Werfet einen Blick auf eure allgemeinsten Erfahrungen. Sie belehren euch, 
      daß wir sehr unsicher schliessen, wenn wir von den nemlichen äussern 
      Umständen auch die nemlichen innern Eindrücke bey allen Menschen ohne 
      Rücksicht auf ihre Grundsätze, Stimmung, Denkungsart und Verhältnisse 
      voraussetzen. In seiner ganzen sichtbaren Schöpfung hat GOtt nach dem Maas 
      und der Wahl der Gaben, die er seinen Geschöpfen mittheilen wollte, die 
      Stärke ihrer Bedürfnisse u. die Richtung ihrer Wünsche, nach den 
      Schwierigkeiten u. Gefahren, unter welche sie sollten versetzt werden, die 
      Fähigkeit auszuweichen, entgegen zu gehen u. zu dulden, nach dem Druck, 
      den sie empfinden sollten, die Reitzbarkeit u. Stärke ihrer Gefühle in ein 
      weises, schonendes Verhältniß gesetzt. Wo der Weise weniger gewähren 
      wollte, da hat der Erbarmende auch weniger und leisere Wünsche angeregt; 
      wo seine Hand schwerere Lasten auflegt, da versagt sie auch festere Kraft 
      zum tragen nicht, u. läßt unter der zunehmend druckenden Bürde Muth und 
      Kraft u. Ausdaurung sich stärken. Sehet auf unglückliche Menschen, denen 
      ein widriges Schicksal schon an der Wiege zur Seite stand, u. fast bis zum 
      letzten Schritt des Lebens nur allzugetreuer Gefährte bleibt. Sie sollten, 
      meine wir, erliegen unter ihrer Last. Aber ein wohlthätiges Wesen gab dem 
      Kinde das Unvermögen, sein Elend zu verstehen, dem Jüngling den leichten 
      Sinn, es zu vergessen, dem Manne Muth es zu tragen, u. dem Greisen die 
      Erleichterung es nicht mehr zu fühlen. Oder laßt dem Pilger, der noch 
      immer glücklich genug, und doch nie an dem Ziel seiner Wünsche, unter 
      frohen Hofnungen die steile Bahn des Leben hinauf stieg, laßt ihm auf der 
      erreichten Höhe desselben, wenn er nun am jenseitigen Abhang hin zum Grabe 
      schaut, noch jene lebhaften Gefühle, u. jene heissen regellosen Wünschen, 
      die ihn einst wie Flügel emportrugen, so würde die nemliche Stimmung, die 
      ihn dort zum frohen Geschöpfe machte, ihn itzt zum unglücklichsten Wesen 
      umschaffen. Er sähe vielleicht keine Möglichkeit mehr vor sich, seine 
      Wünsche zu erreichen, u. doch auch keine Möglichkeit sich ihres Dranges zu 
      entladen. Aber die nemlichen Jahre u. Erfahrungen, die seinen Verstand 
      über den Wert der menschlichen Hofnung ernsthaft belehrt haben, die haben 
      auch seine Einbildungskraft abgekühlt u. seine Wünsche gemäßiget. Er läßt 
      den Pilgerstab am Grabe fallen, ohne vielleicht gefunden zu haben, was er 
      einst hastig suchte; aber seine Gefühle haben sich einverstanden, mit 
      seinen Erfahrungen, u. er stirbt beruhigt, u. ausgesöhnt mit seinen 
      Schicksalen. 
      So hat jedes Alter, u. so hat jeder Stand jede Lage des Lebens, jede Art 
      zu empfinden zu denken u. zu handeln, neben ihrem eigenthümlichen Ungemach 
      auch ihren eigenthümlichen Frieden, u. in jede Wunde fließt aus einer 
      freundlichen Hand Balsam, der sie heilt, wenn er auch schmerzt, oder wohl 
      thut, wenn er nicht heilen kann. 
      Diese milde Schonung u. diese wohlthätige Vergütung, die dem Ungemach 
      durch alle Verhältnisse des Lebens, u. durch die weite Schöpfung bis zu 
      den vernunftlosen Wesen hinabfolgt, hat der Ewige da am wenigsten 
      vergessen noch verfehlt, wo er der menschenfreundlichen Tugend ein grosses 
      mühevolles Geschäft auflegte, u. die schuldlose Rechtschaffenheit auf 
      dornichtem Pfade wandeln hieß, aber den Preis, den ihr Menschen u. Engel 
      zuerkennen, erst in eine ferne Ewigkeit hinaus verlegte. Von aussen sehen 
      wir Schwierigkeiten sich häuffen, Gefahren drohen, Stürme ausbrechen, aber 
      in dem Herzen, das noch unter Undank u. Verfolgung für das Wohl der 
      Menschen fühlend u. rege bleibt, u. unter dem Unbestand u. Wechsel der 
      irrdischen Dinge für die Ewigkeit wirket u. hoffet, in dem Herzen wohnet 
      unentreißbare Ruhe. 
      Es sind gewisse Neigungen, Grundsätze u. Wünsche die es einem Menschen 
      vorzüglich schwer machen, den Unmuth getäuschter Hofnungen u. verfehlter 
      Zwecke, den Unbestand der zeitlichen Dinge, u. alle Prüfungen eines 
      ungünstigen Schicksals zu ertragen, unweise Anhänglichkeit an die Erde u. 
      ihre täuschenden Güter, ungemäsigter Hand nach ihren Freuden, geheimer 
      Eigennutz, der auch bei dem edelsten Scheine seinen Vortheil allein oder 
      zuerst berechnet, u. eine unselige Zweifelsucht, welche mit jenen 
      Zerstreuungen des Geistes dem Glauben an GOtt u. an Vorsehung, an 
      Unsterblichkeit u. Vergeltung seine wohlthätige Stärke raubt. Aber 
      bemerket, wie alles was zusammen wirken soll, sich natürlich findet, u. 
      was sich nicht vertragen kann, von selber scheidet. Gerade unter jene 
      unfruchtbare stechende Dornen verirrt sich auch diese stille friedliche 
      Tugend u. diese edle thätige Menschenliebe nicht, Sie ist eine zarte 
      duftende Blume, die nur da aufkeimet u. glücklich gedeihet, wo die edle 
      grünende unverwelkliche Palme, innere Geistes u. Herzensreligion, mit 
      ihren wohlthätige Zweigen Schatten u. Schutz verbreite. 
      Diese stille friedliche Tugend u. diese edle thätige Menschenliebe hat nie 
      auf die Aufmerksamkeit der Menschen zuerst gerechnet, nie um ihren Dank 
      vornemlich gearbeitet. Sie läßt die Hand mit der sie gutmüthig gab, nicht 
      zögernd offen, um zwiefach zu nehmen; sie sucht ihren Trost nicht ausser 
      sich auf der Erde. In ihr selbst liegen Ermunterungen u. Freuden, die 
      alles was Menschen durch Dank u. Belohnung geben können, auf den geringem 
      Werth einer zufälligen Beilage herabsetzen. In dem Herzen des Frommen 
      wohnet sein Frieden. Hinauf zu GOtt strebt sein freier frommer Sinn, zu 
      ihm dessen Auge keine gute That in der verborgensten Hütte der Erde 
      verrichtet, zu ferne liegt, zu ihm dessen Zeugniß u. Beifall auch für das 
      kleinste, was arme Menschenkraft vermag, für jede fromme Thräne, für jedes 
      herzliche gutgemeinte Wollen, für jeden menschenfreundlichen Wunsch Dank 
      u. Belohnung ist. Er entbehret, aber nur das, worauf er nicht gerechnet 
      hat; er verliert, aber nichts, woran die Ruhe und der Trost seines Lebens 
      unzertrennlich haftete. Er leidet auch, fühlt tief die Wunden, die das 
      Schicksal seinem Herzen schlägt, schaut in trübe Tage der Zukunft hinaus; 
      aber mit Dank u. Vertrauen nimmt er Glück u. Unglück, Armuth u. Reichthum, 
      Leben u. Tod aus den Händen seines Vatters, den er kennt. Von dem Himmel 
      kommt sein Trost. Hinaus in die Ewigkeit dehnt sich sein düsterer Blick, 
      und erheitert sich wieder in ihrem fernen milden Schimmer, wo für alles 
      irrdische Wirken und Dulden Vergeltung in gerechtem Mase, für härtere 
      Kämpfe süssere Ruhe, für schwerere Siege glänzendere Kronen warten. 
      In diesem großen freien Himmelssinne, in dieser unzerstörbaren 
      Geistesruhe, wandelte einst JEsus CHristus durch ein wohlthätiges Leben, 
      dem schmerzhaftesten Tode, der ihm gleichsam von dem ersten Schritte an 
      blutig vor den Augen lag, unter allen Prüfungen mit Entschlossenheit 
      entgegen; der ärmste u. verkannteste unter allen die vom Weibe gebohren 
      sind, u. doch der Zufriedenste; angefeindet wie keiner, u. sanftmüthig 
      ohne gleichen; verfolgt von den Schmähungen u. dem Fluch seiner 
      Widersacher, u. nie zum Wohlthun u. Segen verdrossen. Als eine empörte 
      Rotte Zurüstungen zu seiner Marter u. zu seinem Tode machte, weihete er 
      sich durch Gebet und frohe Hoffnung zum Leben ein, und als sie in seinem 
      herannahenden Todeskampf über ihn ausriefen: er hat GOtt vertraut, der 
      helfe ihm! stralte heller als nie die Überzeugung in seiner Seele auf, daß 
      er auf dem blutigen Todeswege zum Vatter gehe. Seine Freunde weinten, und 
      seine Feinde schrien Wehe! über sein Haupt. Aber den innern Frieden dieses 
      Gerechten, Freuden so rein und so groß, wie sie aus dem Bewußtseyn seiner 
      Thaten flössen, Tröstungen im Leiden wie sie seine Überzeugungen 
      begleiteten, die hatte noch kein Pharisäer an den Ecken der Gassen, kein 
      Ältester im Rath, der seinen Tod beschloß, kein Pilatus auf dem 
      gefürchteten Richterstuhl, und kein Herodes auf dem beneideten Königsthron 
      empfunden. So hat sich die göttliche Wahrheit u. Güte an seiner Seele 
      gerechtfertigt. 
      Lasset also auch uns meine Freunde! vor keiner Mühe u. keiner Gefahr 
      zurückbeben, die uns auf dem Wege der Tugend fernher entgegen kommt. Es 
      erwartet euch auf dem nemlichen Wege eine Unterstützung, die ihr auf jedem 
      andern, u. keiner führt unter Rosen zum Grabe, vergeblich suchen würdet. 
      Es wird sich auf ihm der Umfang eurer Pflichten, es werden sich vielleicht 
      Gefahren u. Leiden mit jedem Schritte größer u. wichtiger vor euren Augen 
      ausdehnen. Aber das Gefühl für Tugend, die Neigung zu allem was gut und 
      edel ist, die Kraft auch das schwerste zu bestehen, das lohnende 
      Bewußtseyn besser, zum Guten fähiger, würdiger zu seyn, das Vertrauen auf 
      GOtt, die Freude seines Beyfalls, der Trost der Unsterblichkeit wird sich 
      in dem nemlichen aufwiegenden Verhältniß in eurer Seele erhöhen. Jeder 
      Schritt auf dem guten Wege wird eure Füße stärken, jeder errungene Sieg 
      euch Muth u. Zuversicht u. Kraft zu einem neuen ehrenvollen Kampfe 
      gewähren. 
      Die Erfahrung, daß auch den Besten seine Tugend nicht vor Leiden schützt, 
      müße euch eine große Wahrheit fühlbar u. wichtig machen. Es gibt kein 
      Mittel in eines Menschen Kraft, sich von den allgemeinen Gesetzen der 
      Natur u. von dem Rechte, das Wechsel u. Unbestand über der Erde ausübet, 
      frey zu kaufen. Das Los der Sterblichen ohne Unterschied, nennet sie wie 
      ihr wollt, ist überall, wenn schon in ungleichem Maße, aus Freude u. Leid, 
      Genießen u. Entbehren, Finden u. Verliehren gemischt. Lasset uns also, 
      wenn sich die Umstände nie ganz, und oft so gar nicht nach unsern Wünschen 
      schmiegen, desto lieber jene Gesinnungen annehmen u. bewahren, die uns 
      auch das schwerste mit Muth ertragen lehren, uns innere unabhängige Ruhe 
      verschaffen, u. am Ende unsere ausgewandelten Lebensbahn, wenn der letzte 
      Seufzer verstummet, und die letzte Thräne zerrinnet, reine ewige 
      ununterbrochene Wonne verbürgen. 
 GOttesglauben u. Trost der Unsterblichkeit ist es, was den Menschenfreund 
      zu guten Thaten stärkt, u. unter verfolgenden Leiden tröstend zum Grabe 
      begleitet, u. sein Glauben täuscht ihn nicht. Denn GOttes Wahrheit und 
      Güte rechtfertiget sich einst ganz in dem unausbleiblichen Segen seiner 
      Thaten, und dem frohen Ausgang seiner Schicksale. 
      Wer das Gute verrichtet, damit auch dieses Gute mehr gethan sey, damit 
      auch seine That und seines Lebens Kraft in dem grossen Zusammenhang der 
      Dinge mitwirke an ihrem Orte, um hier Thorheit u. Bosheit u. Elend zu 
      hindern, u. dort Menschenglück u. Friede u. Freude zu befördern; wem eines 
      Menschen aufgeheiterter Blick, u. die Freudenthränen in dem Auge eines 
      Getrösteten, u. der späte Dank eines Glücklichen, der vielleicht erst in 
      der Ewigkeit seinen Wohlthäter findet, süsse Belohnung ist, dem entgeht 
      auch der frohe Segen seiner Thaten nicht. Keine That verfehlt ihrer 
      Folgen. In dem großen Wirkungskreise, wo so mancherley Kräfte gegen 
      einander streben, u. so mancherley nicht zu berechnende Umstände sich nach 
      allen Richtungen aneinander reihen, mag wohl ihre Entwicklung lange 
      gehemmt werden, u. unter unabläßigen Schwierigkeiten langsam Ganges sich 
      fortwirken, und die Reihe ihrer stillen Folgen in dem rauschenden Strom 
      des allgemeinen Lebens und Wirkens sich unkennbar verlieren. Aber ihre 
      Folgen verfehlt sie nicht. Geschieht doch auch nichts böses umsonst. Und 
      wer gesteht diese traurige Wahrheit lieber zu als, wer jene frohere 
      verkennt? Hie u. da, spät oder frühe wird ein Mensch dadurch betrübt, ein 
      Unschuldiger geärgert, ein Leichtsinniger verführt, ein Boshafter 
      bestärkt, etwas Gutes aufgehalten, etwas Schlimmes befördert, u. wenn 
      alles fehlt, der Stifter einer kleinern Übelthat zu einer größern 
      vorbereitet. Wie sollte denn das Gute nur, wie sollte die ganze Lebensmühe 
      eines Menschenfreundes unter den Augen der Vorsehung verlohren, oder 
      unbrauchbar in ihren schaffenden Händen seyn! Nein, GOtt nimmt jede, auch 
      die kleinste Steuer zum Menschenwohl aus gutem Herzen gereicht, mit 
      Wohlgefallen an, und verschmäht sie nicht. Aber wohl wir in seiner Hand 
      etwas anders daraus, als es in den Händen des schwachen Geschöpfes von 
      Erde war. Wohl enthüllet sich ihr segnendes Wirken auf eine andere Art, in 
      einem andern Maße, an einem andern Ort, zu einer andern Zeit, oft erst 
      alsdann, wann der fromme Thäter schon lange unter den Todten schlummert. 
      Sehet auch hier zurück auf den grösten Wohlthäter, dessen die Erde sieh 
      freuet, auf JEsum. Groß u. schwer war die Ausführung seines Vorsatzes die 
      Menschen aus dem tiefern Elende zu retten, wohin Unwissenheit und Irrthum 
      u. Sünde sie geworfen hatte. Aber unauslöschlich war sein Eifer das große 
      Werk zu vollenden, aushaltend schwerlich; wahr u. schön u. belebend seine 
      Lehren, seine Ermahnungen und Tröstungen; zahllos u. um theure Preise zu 
      Stande gebracht seine Wohlthaten. Kein Tag vergieng, an dem er nicht unter 
      Freude oder Thränen, unter Hofnung oder Seufzern, in der lieben traulichen 
      Gesellschaft seiner Freunde, oder in dem harten Kampfe mit seinen Feinden 
      dem grossen Ziele näher rückte. Und doch als ihn die Nähe seines frühen 
      Grabes umschattete, schien alles, was er in einem kurzen, aber 
      thatenreichen Leben für Menschenglück gelehrt u. gethan hatte, nach seiner 
      eigenen Vergleichung einem unbemerkten den Stürmen preisgegebenen 
      Senfkorne gleich. Aber mit dem Blute seines Herzens befeuchtet, hat sich 
      sein Keim entfaltet, u. seine Zweige haben sich stille u. unzerstörbar 
      über die Erde verbreitet, u. wo sie geschont u. gepflegt werden, da blühet 
      noch itzt aus ihnen Friede u. Freude u. Segen auf. Er war weder in 
      Jerusalem noch in Galliläa mehr gesehen; aber Israel fand in seinem Namen 
      Buße u. Vergebung der Sünden. 
      So enthüllet unter GOttes Leitung die Zukunft, was die Gegenwart verbarg, 
      u. den Segen, den der müde Arbeiter am Wege des Grabes vergeblich zu 
      schauen wünscht, zeiget ihm in reicherer Fülle die Ewigkeit. 
      Die Ewigkeit, wo sein Schicksal sich froh entwickelt! Wir stehen hier an 
      dem Rande unserer menschlichen Erfahrungen. Aber den einen unserer Brüder, 
      JEsum den einst verkannten Menschenfreund u. stillen Dulder, "den sie 
      erwürget haben, u. an ein Holz gehänget, hat ihn nicht GOtt auferwecket u. 
      durch seine rechte Hand erhöhet zu einem Heiland u. Fürsten" - ihn der 
      dazu erschienen war; um alles was die Vernunft trostreiches von dem 
      Schöpfer ahndet, u. was die Offenbarung großes und wunderbares von ihm 
      erwarten heißt, durch sein menschliches Leben sichtbar darzustellen, u. 
      durch sein menschliches Schicksal zu verbürgen; ihn, der in allen Dingen 
      seinen Brüdern gleich werden wollte, u. sie einst sich gleich zu machen, 
      wenn er durch Thaten u. Leiden seine Herrlichkeit errungen hätte, der mit 
      dem süßen Tröste von seinen Leben sich losriß: Ich gehe hin, aber ich 
      komme wieder; ich will euch zu mir nehmen, auf daß ihr seyd, wo ich bin. 
      Ihr sollt meine Herrlichkeit sehen, die mir der Vater beschieden hat. 
      Einst getödtet, jetzt lebt er. Einst der verachteste und unwertheste, im 
      blutbespritzten Staub der Erde niedergebeugt, sitzet er jetzt, der 
      erstgebohrne seiner Brüder, auf dem Throne seiner Herrlichkeit, u. ist 
      geehret von GOtt, dem er vertraute, und angebetet von den Engeln, die 
      seinen Tod betrauerten, u. vernimmt vom Aufgang bis zum Niedergang das 
      Gebet u. Flehen vieler Tausende, die seinen Namen bekennen, u. macht es 
      ihnen in dem Troste, womit er ihre Herzen beruhiget, u. in der Kraft, 
      womit er sie durch den Kampf zum Siege führet, fühlbar, daß er lebe, u. 
      mit der hohen Wonne, seelig zu machen, für seine Todesleiden getröstet sey. 
      So groß u. herrlich hat sich GOttes Wahrheit u. Treue an der Vollendung 
      seines Schicksals gerechtfertiget. 
      Mit ihm wandelt der Trost u. die Hoffnung der guten Menschenheit zu Grabe; 
      mit ihm kehrt sie, verklärt wie er, in das Leben zurück, u. windet sich 
      mit ihm in die Unsterblichkeit auf. Wo er ist, soll sein Diener auch seyn. 
      "Wenn ich erhöhet bin, von der Erde, will ich sie alle zu mir ziehen." 
      Solchen Trost gewähret uns, christliche Zuhörer, der Glaube an GOtt und an 
      die Verheißungen JEsu CHristi bis zum gänzlichen Aufschluß über den Segen 
      unsrer Thaten, u. das Ende unsrer Leiden. Was wir Gutes thun, ist GOtt 
      gethan, u. seine Hand führet uns durch die Wolke der Prüfung, die nur 
      disseits des Grabes sich ausdehnt, dem Leben im Glänze der Unsterblichkeit 
      entgegen. Fühlen wir es also, daß dieses Weilen im Lande der 
      Unvollkommenheit zu kurz, unser Schicksal selbst am Grabe seinem Anfang 
      noch zu nahe, unser Blick auf GOttes Werk u. seine fernen Absichten noch 
      zu schwach und ungeübt sey, als daß die Summe aller Widerwärtigkeiten und 
      Leiden, die uns Zufriedenheit u. Hoffnung u. selbst die Tugend erschweren 
      könnten uns zu einer Klage gegen GOtt, zu einem Mißtrauen in die feste 
      ewige Wahrheit seiner Verheißung, u. zur Mutlosigkeit im Guten 
      berechtiget? Lasset uns also, so lange wir hier noch weillen, statt über 
      GOttes Wege ungeduldig und vermessen zu urtheilcn, sie lieber durch stille 
      Gedult, u. unverrücktes Vertrauen ehren. Hinter der menschlichen Thorheit, 
      an der unser Auge finster weilet, wirkt göttliche Weisheit in verborgener 
      Stille; hinter der menschlichen Bosheit bereitet göttliche Güte 
      unerwartete Wohlthaten. Die Menschen werden verschwinden, ihr Werk wird 
      sich zerstöhren; aber GOttes Gnade u. Wahrheit wird hervortretten, u. ewig 
      bestehen. Noch hier auf dem niedrigen Standpunkt, u. während des 
      schwindenden Augenblicks unsers irdischen Daseyns wollen wir seinen großen 
      Plan, der von Ewigkeit zu Ewigkeit reicht, und Erde und Himmel umfaßt, u. 
      die Angelegenheit der Erde u. des Himmels mit einander verwebt, hier 
      wollen wir ihn nicht überschauen, u. keinen einzelnen Faden in seinem 
      verschlungenen Gang durch das Ganze verfolgen. Lieber laßt uns jeder zu 
      seiner Zeit u. an seinem Orte gutes wirken für seine Absichten, u. an den 
      Segen unsrer Thaten glauben - nicht verzagen, wenn wir wenig Früchte 
      unsrer Mühe u. unsers Schweißes gedeihen sehen. Eure Liebe u. eure Tugend 
      - habt sie nur - wir euer Daseyn auf er Erde überleben. Nicht ihr, nicht 
      eure Zeitgenossen erst haben die Bäume gepflanzt, die euch itzt Frucht u. 
      Kühlung geben; nicht sie haben das Land das einst öde lag, in grüne Auen 
      und saatenreiche Felder umgeschaffen; nicht sie haben erst Warheit u. 
      Weisheit in ihrem verborgenen Heiligthum aufgespürt, u. GOtteserkenntniß 
      vom Himmel herabgeholt, u. Menschlichkeit u. müde Sitten unter die 
      Menschen zurückgebracht; nicht sie haben erst die Verhältnisse der 
      menschlichen Gesellschaft abgemessen u. geordnet, u. durch alle 
      Verhältnisse Leben, Wirksamkeit, Ordnung u. Glück verbreitet. Oder hätten 
      sie es? Wohl so folgt auf schwache Menschenthat naher großer Segen. Oder 
      ist eure Bildung, euere Weisheit euer Wohlstand u. Glück die vereinigte 
      Wirkung weggestorbener Geschlechte u. verschwundener Jahrhunderte, haben 
      tausende u. aber tausende jeder sein Scherflein dazu beigetragen, ohne zu 
      wissen, wann und wo, u. wem er nützen würde, so wird auch euer 
      menschenfreundlicher Eifer, euer Rath, euer Beispiel, euere Mühe, euer 
      Opfer jedes an seinem Ort u. in seinem Maße noch fortwirken und wohlthun, 
      wenn euch lange das Grab zum Troste unsrer irdischen Mühen die große 
      Verheissung gethan, und. selber die Bahn durch Leiden zur Freude eröffnet 
      hat. Noch ist es nicht erschienen was wir seyn werden; wie wissen aber, 
      wenn es erscheinen wird, daß wir ihn sehen, u. so, wie sein Geist in uns 
      wohnte u. wirkte, selig seyn werden, wie er es ist.  
      Amen. 
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