zurück   Der Ursprung: Hebels Quelle für sein  Die Treue und ihr Dank

 

 

Belohnte Dienstbothen-Treue

In der neuen Gesindeordnung, die im vo-
rigen Jahre für Wien und dessen Vorstädte
erschien, hatten Se. Majestät der Kaiser von
Oesterreich, zehn Prämien, jede zu 150 Gul-
den (in Einlösungsscheinen) für diejenigen
Dienstbothen männlichen und weiblichen Ge-
schlechts bestimmt, welche mit Dienstzeugnis-
sen beweisen können, "daß sie fünf und
"zwanzig Jahre mit unbescholtener Sitt-
"lichkeit, mit Fleiß und Treue gedient, und
"während dieses Zeitraumes zehn Jahre und
"unterbrochen in dem nämlichen Dienstorte
gestanden haben.“ Im May dieses Jahres
wurden die dasigen Dienstbothen aufgefordert,
Ihre Befähigung zu jenen Prämien darzu-
thun, und — es erschienen nicht weniger als
751 Dienstbothen, nämlich 189 männlichen
und 562 weiblichen Geschlechts, welche An-
sprüche auf diese Belohnung machten, und
unter dieser Anzahl waren beynahe 500, die
allen Bedingnissen der Vorschrift entsprachen.
Von diesen hatten 16 länger als 50;78 län-
ger als 40; 223 länger als 30, und 423 län-
ger als 20 Jahre mit Ehre gedient. Greise
von 6- und 70 Jahren waren darunter, welche
noch Ihre letzten Kräfte dem Berufe widmen,
in welchem sie ergrauten.

So erfreulich es einerseits war, gerade
jetzt, wo über die Verschlimmerung des Ge-
sindes im Allgemeinen so oft und laut geklagt
wird, eine so große Anzahl von alten, treu-
erprobten Dienstbothen zu finden: so schwer
war es andrerseits aus so vielen Würdigen
die zehn würdigsten auszuwählen. Endlich
wurden folgende Personen als die würdigsten
erklärt, jene auszeichnende Belohnung zu
empfangen: 1) Gregor Karner, ein
Landkutscherknecht bey der Wittwe Fleisch-
mann, ein Greis von 77 Jahren, arm und
kränkelnd, welcher über ein halbes Jahrhun-
dert, und darunter seit 39 Jahren in dem
Dienste Fletschmann's und seiner Wittwe
stand. Allein Karner überlebte den Tag der
Austheilung der Prämien nicht; und an sei-
ne Stelle trat ein anderer Greis von 75 Jah-
ren, Johann Brenner, welcher 55 Jahre
diente, und zwar nur an zwey Orten, im
ersteren 25, im letztern, bey dem Freyherrn
von Störk, 30 Jahre hindurch, ebenfalls
wie Karner, in jeder Beziehung mit Aus-


        zeichnung. - 2) Abelbert Hamelton,
Diener des Apellations-Präsidenten Frey-
herrn von Wöber, ein Greis von 68 Jah-
ren, ohne Vermögen, Vater von vier un-
versorgten Kindern, der 43 Jahre diente, und
davon 42 Jahre seinem gegenwärtigen Dien-
ste mit Treue und Fleiß vorstand. - 3) An
ton Cares, Diener des- Vice-Präsiden-
ten von Sonnenfels, durch eine unun-
terbrochene Reihe von 37 Jahren, und um
so mehr einer Belohnung würdig, da ihm
der hochverdiente Vice-Präsident v. Son-
nenfels, welcher an dem Entwurfe der neu-
en Gesindeordnung so großen Antheil hatte,
das Zeugniß eines musterhaften Dieners
gab.  - 4) Theresia Höflinger, Dienst-
magd, welche seit 58 Jahren in der Famille
Zwerenz dient, zu der Erziehung der Kinder
mitwirkte und feit 12 Jahren die treue Pfle-
gerin einer kranken Frau war. - 5) Poly-
rena Immhofer, Köchin des Landrathes
von Holger, in Diensten seit 55 Jahren,
von welchen sie 46 bey einer und eben dersel-
ben Famille mit unbescholtener Treue und
Sittlichkeit zubrachte. - 6) Mariane
Wurm, in einem Alter von 84 Jahren noch
Stubenmagd in dem Dienste der k. k. Kam-
merfrau Morgenbesser, bey deren Fami-
lie sie seit 57 Jahren erst als Stuben- dann
als Kindermagd und hierauf als Köchin un-
unterbrochen gedient hatte. - 7) Magda-
lena Zotter, welche während 58 Jahren
nur drey Dienstorte hatte, und in dem letz
ten derselben seit 31 Jahren ununterbrochen
diente. - 8) Mariane Radin, kränkelnd
und gebrechlich, die seit 55 Jahren um einen
geringen Lohn in der Familie des Landschafts-
agenten Jury diente. - 9) Elisabeth
Obendrauf, die 34 Dienstjahre ununter-
brochen in dem Dienste des pensionirten Waar
renbeschauers W * * zubrachte, eines dürf-
tigen, auf einem Auge blinden, mit der Gicht
behafteten, immer kränkelnden Mannes, des-
sen einzige, treue Stütze sie ist.  - 10) Ro
salie Swoboda. Sie dient zwar nur erst
29 Jahre, aber an dem nemlichen Orte, bey
der armen Hutmacherswittwe Kr * *. Mu-
sterhaft und rührend ist das Benehmen die-
ser Dienstmagd. Welt entfernt, die Wittwe
zu verlassen, als Armuth dieselbe drückte,
leistete sie freywillig Verzicht auf den rück-
ständigen Lohn, und sucht noch jetzt Neben-
erwerb außer dem Hause, um ihre Dienstge-
 
      berin mit dem Ertrage zu unterstützen. Diese
edle, seltene Aufopferung einer Person aus
dem niedrigsten Stande mußte für sie ent-
schelden

Die Austheilung der Prämien selbst ge-
schah am 16. Sept. in dem Kommissionssaale
der Polizey-Oberdirektion. Der ehrwürdige
Fürst-Erzbischof, der Staats und Konferenz-
rath von Lorenz, der Abt zu den Schotten,
die Frau Gräfin Mariane von Dietrich-
stein, (im Namen der Gesellschaft adelicher
Frauen), der Vice-Präsident v. Sonnen-
fels, ferner Abgeordnete von der Hofkom-
mission in Wohlthätigkeits- Angelegenhelten,
dann der niederösterrelchischen Regierung, der
Stadthauptmannschaft und des Magistrats
waren mit mehreren Personen aus den ge-
bildeten Ständen gegenwärtig. Nach einem
angemessenen Vortrag, womit die Feyerlich-
keit eröffnet wurde, hielt der Regierungsrath
v. Persa eine herzliche und populäre Anre-
de an die Dienstbothen, welchen Prämien zu-
erkannt waren. Tiefe Rührung ergriff die
Anwesenden; und es ist zu hoffen, daß die
Feyerlichkeit nicht ohne segensreiche Folgen
für die Veredlung des Dienstbothenstandes blei-
ben werde. Auch bat die Gesellschaft adelie-
cher Frauen, aufgemuntert durch das Bey--
spiel Sr. k. k. Majestät, noch 10 andern ver-
dienten Dienstbothen Prämien, jede zu 60 fl
zuerkannt, die am 4. Okt. unter zweckmäßi-
gen Feyerlichkeiten ausgetheilt wurden.
   
     


                     

 

 

nach oben