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Die Nonne.
Stund
ich auf hohen Bergen,
Und sah wohl über den Rhein,
Ein Schifflein sah ich fahren,
Der Ritter waren drey.
Der jüngste war der darunter war,
von den dreien
Das war ein Grafensohn
hatt mir die Eh versprochen,
so jung als er noch war.
Er that von seinem Finger herab,
zog
Ein Ringlein von Gold so roth:
von Gold ein Ringlein roth:
“Nim
hin, du Hübsche, du Feine,
Trag ihn nach meinem Tod!“
“Was soll ich mit dem Ringlein? thun,
“Wen
ich’s nicht tragen darf?“
“Eÿ
sag, du hasts gefunden,
“Draußssen im grünen Graßs;“
“Eÿ,
das wäre ja gelogen,
“Stünd mir gar übel an.
“Viel lieber will ich sagen:
Der jung Graf wär mein Mann.“
“Eÿ,
Jungfer, wärt ihr ein wenig reich reicher,
Wärt ihr ein edler Zweig,
“fürwahr ich wollt euch nehmen,
Wir wären einander gleich und gleich!“
“Und ob ich schon nicht reich bin,
Aller Viel Ehren bin ich voll.
“Meine Ehr will ich behalten,
“Bis daß meins meines Gleichen komt.“ |
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“Komt aber deines Gleichen nicht,
"Und komt
nicht deines gleichen
“Was fängst du darauf an?“
“Darauf geh ich ins das Kloster,
“Zu werden eine Nonn."
Es stund wohl an ein Vierteljahr,
drei viel Monden
Dem Grafen träumts gar schwer,
Als ob ein dein die hHerzallerliebster
Schatz
Ins Kloster zogen wär.
“Seh auf, steh auf, lieb Reitknecht meins!
zur Stund !
“Sattel mir und dir ein Pferd,
“Wir sollen reiten über Berg u: Thal,
ins Kloster
“Das Mädel ist all es werth.“
Und als sie vor das Kloster kamen,
m zum Kloster
Sie klopften ans hohe Haus:
“Kom raus, du Hübsche, du Feine,
“Kom nur ein wenig raus.“
“Was soll ich aber draussen thun?
thun da draussen
“Hab ich ein kurzes Haar!
“Mein Haar ist abgeschnitten,
“Es ist vergangen ein Jahr.“
Der Graf entsezt sich in dem Bilt,
sich dess entsezt
dass da auf einem Stein,
Er weint der hellen Thränen,
kont
sich nicht wieder freun.
Mit ihren schneeweissen Händelein
Gräbt sie dem Grafen ein Grab,
Aus ihren schwarzbraunen Äugelein
Sie ihm das Weÿhwasser
gab.
So muß es allen Junggesellen ergehen,
Die trachten nach großem Gut!
Die hätten aber gern schöne Weiber,
Sind aber nicht reich genug.
Die Correkturen sind von
Hebels Hand. |
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Dieses Gedicht wird von der Uni-Bibliothek Basel eindeutig als von Hebel
verfasst bezeichnet.
Die Schriftgestaltung ist ungewöhnlich akkurat, ja schon fast
kalligraphisch. Hebeltypisch sind dagegen die Korrekturen, die auch
darauf schließen lassen, dass es sich um ein sehr frühes Gedicht
handelt. Der Nachsatz rechts unten stammt ev. nicht von ihm, sondern von
einem Bibliothekar.
Denkbar wäre, dass die Blätter zunächst für den Einsatz im Unterricht -
vielleicht sogar schon in Lörrach -
gedacht waren, dann scheint Hebel mit der ersten Version jedoch nicht
mehr zufrieden gewesen zu sein.
Hebel verwendet, fast konsequent, für 'mm' und 'nn' den Reduplikationsstrich
>
m,
n
-
sowie beim 'y' die Trema > ÿ.
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