57. Die Ausgießung des
Heiligen Geistes.
Am Pfingstfest der Juden, fünfzig
Tage nach der Auferstehung, waren die Jünger alle einmütig
beieinander. Auf einmal erging ein gewaltiges Brausen vom Himmel und
erfüllte das ganze Haus, worin sie saßen, und Flämmchen wurden
sichtbar. Damals empfingen die Jünger den Heiligen Geist, den ihnen
Jesus verheißen hatte. Es ging nämlich in ihrem Inwendigen eine
sonderbare und schnelle Veränderung vor, welche niemand beschreiben
kann, was sie war, und wie sie zuging. Denn niemand weiß, was in den
Menschen ist, ohne den Geist des Menschen, der in ihm ist. Sie waren
jetzt auf einmal ganz andere Menschen, als sie vorher waren gewesen.
Alle Kräfte ihres Geistes und Gemütes waren erhöht und geheiliget. Sie
redeten mit andern Zungen, nachdem der Geist ihnen gab auszusprechen.
Insbesondere aber ward ihr Herz belebt
von Freudigkeit und Mut, das Evangelium des Auferstandenen vor allen
Menschen kundzutun. Alle Furchtsamkeit war jetzt verschwunden, welche
bisher ihre Herzen gefangen hielt.
Als das Brausen gehört wurde, liefen
die Leute zusammen in das Haus, wo die Jünger waren, wie die Neugierde
zu tun pflegt. Unter ihnen waren auch viele fremde Juden aus allen
Gegenden der Welt, welche zur Feier des Festes nach Jerusalem gekommen
waren. Sie hatten schon vorher von den Jüngern gehört. Sie meinten, sie
würden einfältige Menschen antreffen, die in ihrer galiläischen
Sprachweise nicht einmal erträglich mit andern Leuten reden könnten. Ei,
wie verwunderten sie sich, als sie diese hocherleuchteten und
hochberedten Männer sahen und von den großen Taten Gottes reden hörten.
Sie sprachen zueinander: »Sind nicht diese alle, die da reden, aus
Galiläa? Wie hören wir denn ein jeglicher die Sprache, in welcher wir
geboren sind? Was will das werden?« Einige aber trieben sogar ihren
Spott und behaupteten, die Jünger seien betrunken, wiewohl es war erst
die dritte Stunde am Tage. Die Leichtfertigkeit sucht überall
Gelegenheit zum Spott. Ein besonnenes Gemüt findet überall Gelegenheit
zum Nachdenken.
Petrus stand auf und hielt an sie eine Rede, wie Gott
schon in den Tagen der Propheten den Heiligen Geist verheißen habe, und
jetzt werde diese Verheißung erfüllt. »Jesum von Nazareth,« sprach er,
»den Mann von Gott, den habt ihr gekreuziget und getötet; den hat Gott
auferwecket, des sind wir alle Zeugen. Und nun, nachdem er durch die
Rechte Gottes erhöht ist, hat er uns den Heiligen Geist gegeben, und
Gott hat ihn zu einem Herrn und Christ gemacht.«
»Tut Buße«, sprach
er, »und lasset euch taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der
Sünde! Denn euer und eurer Kinder ist diese Verheißung, und aller, die
ferne sind, welche Gott rufen wird.« Selbigen Tag ließen sich taufen
gegen dreitausend Menschen, und ihre Anzahl wurde täglich größer.
Das
war das erste christliche Pfingstfest, welches ebenfalls noch heutzutag
in allen Kirchen gefeiert wird, fünfzig Tage nach Ostern, wenn Gottes
lebendiger Odem durch den blühenden Frühling weht und das Jahr
befruchtet. Jeder Sonntag ist ein Gedächtnisfest, erstens für Gottes
leibliche Wohltaten in der Schöpfung, zweitens für die Auferweckung Jesu
von den Toten, drittens für die Sendung des Heiligen Geistes, ein
heiliger und erfreulicher Tag, ein heiliger Dreieinigkeitstag.
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