53. Schicksale des Reiches
Juda.
Wie kann ein Reich, wie kann ein
Ort, wie kann ein Haus glücklich fein und bestehen, wo Gottlosigkeit das
Regiment führt? Das Reich Juda hatte, solange es stand, fast
unaufhörliche Kriege und feierte schlechte Siege. Kamen nicht schon
unter dem ersten König Rehabeam die Ägypter und Mohren nach Jerusalem
und nahmen die Schätze aus dem Tempel und aus dem Palaste des Königs weg
und — Salomons goldene Schilde?
Kamen nicht die Syrer mit einer kleinen Macht und eroberten ebenfalls
Jerusalem, töteten die Obersten der Stadt und führten allen Raub dahin?
Es war im nämlichen Jahr, als Joas den Zacharias, den Sohn seines
Pflegevaters Jojada, steinigen ließ. Doch töteten sie den König nicht,
nahmen ihn auch nicht gefangen. Er sollte nicht sterben wie ein tapferer
Kriegsheld auf dem Schlachtfeld von des Siegers Hand oder durch eines
Königs Gericht. Sie ließen ihn krank zurück. Seine eigenen Knechte
töteten ihn. - Gott hat es gerichtet. - Kein frevler Undank wird umsonst
begangen. - Gott richtet. - Es schlug ein König der zehn Stämme den
Amazia, den Sohn des Joas, und riß die Mauer der festen Stadt Jerusalem
ein, daß sie offen war vierhundert Ellen weit. Pekah, ein andrer König
der zehn Stämme, schlug hundertundzwanzigtausend Mann in Juda auf einen
Tag und führte zweimalhunderttausend gefangene Weiber und Kinder nach
Samaria, daß sie gezwungene Mägde und Knechte ihrer Feinde würden nach
dem Kriegsgebrauch jener Zeit.
Doch damals ging ein Prophet in Samaria mit Namen Obad dem Zug entgegen.
Der Anblick so vieler Unglücklichen bewegte sein frommes, menschliches
Herz. Er redete mit den Anführern des Kriegsheeres: »Ihr habt die Männer
getötet. Wollt ihr auch die Weiber und Kinder zu solchem Elend
verdammen? Sind nicht die Juden eure Brüder, wollt ihr eine solche
Schuld vor Gott über das Land bringen?« Die Vornehmsten des Volkes, die
auch ein menschliches Herz hatten, standen ihm bei und litten nicht, daß
man die Gefangenen in die Stadt brachte. Sie wurden gastfreundlich
bewirtet. Die Nackten wurden alle neu gekleidet von der Beute. Man gab
allen die Erlaubnis, in ihre Heimat zurückzukehren, und sorgte für die
Heimfahrt der Kranken unter ihnen bis an die Grenze, bis nach Jericho,
der Palmenstadt. So viel vermag eines frommen und angesehenen Mannes
Wort. Es hat so viele tausend arme Witwen und Waisen von dem Schicksal
der gezwungenen Knechtschaft erlöst und in die geliebte Heimat
zurückgebracht.
Nach allen diesen Niederlagen und Entkräftungen wurde das jüdische Reich
unterwürfig und zinsbar, bald den Assyrern, bald den Ägyptern, und es
ist schon ein wildfremdes Kriegsvolk aus entlegenen Gebirgen auf dem
Weg, das letzte Gericht zu halten über das Land und über die Stadt voll
Götzenaltäre und Freveltaten.
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