33. Davids Kampf mit dem
Riesen.
David war in seiner Jugend
und länger noch ein kecker Mensch, der frisch in seine Schicksale
hineinging. Aber solang ihn sein verständiges Herz vor der Sünde
bewahrte, so lang bewahrte ihn Gott vor Unglück. Die Philister führten
einen neuen Krieg gegen Israel, und die drei ältesten Brüder des Davids
waren bei der Landwehr. Der alte Isai schickte den David in das Lager,
daß er nach den Brüdern sähe — fast denkt man wieder an den Joseph — und
gab ihm Lebensmittel mit für sie und zehn frische Käslein für den
Hauptmann. Im Krieg kann man alles brauchen.
Als David an das Lager kam, in die Wagenburg, hörte er, daß das ganze
Heer ausgezogen sei und gegen den Feind stehe, und der Riese lasse sich
wieder sehen. Denn es war ein fürchterlicher Riese mit Namen Goliath in
dem Heer der Philister. Der Riese war sechs Ellen und einer Handbreit
hoch. Sein Haupt war mit einem metallenen Helm bewaffnet, seine Brust
mit einem metallenen Harnisch. Sein Schildträger ging vor ihm her. Er
kam alle Tage heraus und fragte sie, ob einer das Herz habe, mit ihm zu
kämpfen. David ließ das Gefäß, das er trug, bei dem Gepäcke in dem Lager
und lief hinaus zu dem Heer und grüßte seine Brüder. David sah den
Riesen mit seiner Rüstung und mit seinem langen Speer und Schwert und
hörte gar begierig zu, als die Leute miteinander redeten, was der König
für eine Belohnung darauf gesetzt habe, wer den Riesen erlege, gleichsam
als wenn er Lust dazu trüge. Sein Bruder Eliab machte ihm Vorwürfe, daß
er nichts hier zu tun habe. »Ich kenne deine Vermessenheit wohl«, sagte
er zu ihm, »und deines Herzens Tücke. Du bist gekommen, daß du den
Streit sehest.« Ältere Brüder lieben es, in Abwesenheit der Eltern
Vatersstelle an ihren jüngern Geschwistern zu vertreten und ihrer
Unerfahrenheit mit Rat und Warnung zu Hilfe zu kommen, und tun ein
gutes, gottgefälliges Werk daran, wenn es mit Überlegung und Liebe
geschieht. Aber Eliab tat seinem Bruder unrecht und redete mit ihm
nicht, wie Brüdern geziemt.
David gab ihm gar nicht viel Gehör. Er wendete sich von ihm weg zu einem
von dem Volke. »Was habt ihr gesagt? Was will der König tun, wer den
Riesen erlegt?« Sie sagten ihm: »Wer den Riesen erlegt, den will der
König reich machen und will ihm seine Tochter geben und will seines
Vaters Haus frei machen.« Auf das meldete sich David bei dem König, er
wolle den Riesen erlegen. Der König ließ es nicht gerne geschehen. Er
sprach: »Du bist noch ein Knabe, und der Riese ist ein Kriegsmann von
Jugend an.« Als aber David von seinem Vorhaben nicht abstehen wollte,
ließ ihm endlich der König einen Helm aufsetzen und einen Panzer anlegen
und ein Schwert. Aber David nahm es nicht an. Er ging leicht gekleidet,
wie er war, dem Ungetüm entgegen mit seinem Hirtenstab und mit einer
Schleuder und suchte sich nur in einem Bach fünf glatte Steine.
Der Riese hatte seinen Spaß, als er den braunen Hirtenknaben
heranschreiten sah. »Bin ich ein Hund,« sagte er, »daß du mit einem
Stecken zu mir kommst?« — David sprach: »Du kommst zu mir mit Schwert
und Spieß und Schild; ich aber komme zu dir im Namen des Herrn, des
Gottes Israels, dessen Heer du verhöhnet hast.« Mit diesen Worten legte
er einen Stein auf die Schleuder, und ehe ihn noch der Riese mit seinem
langen Schwert erreichen konnte, schleuderte ihm David den Stein so
kräftig an die Stirne, daß er tot oder ohnmächtig niederfiel. Darauf
nahm ihm David sein Schwert und hackte ihm mit seinem eigenen Schwert
den Kopf ab. Als nun die Philister sahen, daß ihr Stärkster überwunden
sei von einem Knaben, flohen sie vor großem Schrecken, und die
Israeliten verfolgten sie bis an die Tore ihrer Städte und erbeuteten
ihr ganzes Lager.
Saul nahm von dieser Zeit an den David in sein Haus und wollte ihn nicht
mehr von sich lassen. Jonathan aber, Sauls wackerer Sohn, gewann den
David lieb, und sein Herz verband sich mit dein Herzen Davids, und
machten einen Bund miteinander, und jeder liebte den andern wie sein
eigenes Herz. Ja, es zog Jonathan feinen Rock aus, weil David nur ein
ländliches Hirtenkleid anhatte, und gab ihn dem David, dazu auch seinen
Gürtel, seinen Bogen und sein Schwert. Auch gab ihm Saul noch seine
Tochter Michal zum Weibe. Alle Kriege, die Saul zu führen hatte, führte
David klug und glücklich und wurde immer mehr beliebt bei den
Kriegshauptleuten und bei dem Volk. Wenn er aber zu Hause war und die
unruhigen und schreckhaften Gedanken über den alten König kamen, spielte
ihm David etwas auf der Harfe. |