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 Laudatio von Professor Dr. Alexander Honold, Universität Basel
für den Hebelpreisträger Martin Stadler

    Einen verbalen Kranz flocht Staatssekretär Michael Sieber vom Stuttgarter Wissenschaftsministerium dem Schweizer Autor Martin Stadler, bevor er zur Verleihung des Hebelpreises 2006 schritt.

 Hebelpreisträger Martin Stadler gehöre seit 30 Jahren zu den wichtigsten Stimmen der Schweizer Literaturszene als kultur- und gesellschaftskritischer Chronist, als leidenschaftlicher Anwalt der Heimat mit wachem und kritischem Gegenwartsblick. Er habe sich in authentischer Weise mit der Geschichte und Gegenwart, mit der Gesellschaft und Gedankenwelt seiner zentralschweizerischen Heimat (Kanton Uri) auseinandergesetzt.

 

„Die Schöpfung der Heimat unter Beachtung des Hebelgesetzes"

Der Basler Uni-Professor versuchte „sichtbare und unsichtbare Beziehungen" zwischen Stadler und Hebel herauszufiltern. So sei das Erzählen von Herkunftsgeschichten bei beiden gleichermaßen eine „vertrauensbildende Maßnahme ". Bei Hebel könne man lernen, die Maßstäbe nicht zu verlieren beim Lauf der sich immer weiter drehenden Weltgeschichte. Ein Wechselspiel von Nähe und Abstand, wie es Hebel praktiziere, fällt Honold auch bei Stadler auf. Eine literarische Form des „Hebelgesetzes" würde er es nennen, wenn man die Dinge in die Ferne rückt, um ihnen die Schwere zu nehmen.
Eine Parallele sieht er auch in der „Neugier auf das Leben". „Wie Hebel seinen Rheinländischen Hausfreund neugierige Streifzüge durch das alltägliche Leben der Menschen am Rheinknie und im Wiesental hat unternehmen lassen, so sind auch die Bücher Martin Stadlers getragen von einer besonderen Neugier für das tagtägliche Leben in all seinen Schattierungen," sagte Honold. Bei Martin Stadler habe man es aber keinesfalls mit einer harmlosen ländlichen Idylle zu tun, sondern mit der ganzen Bandbreite menschlicher Typen, Konflikte, Leiden Schäften, „ausgebreitet in einem literarischen Mikrokosmos, der ein Stück Welt bedeutet im vollsten Sinne des Wortes".
 

Von Hebel könne man lernen, die Maßstäbe, den festen Boden unter den Füßen, nicht zu verlieren, meinte Honold. Sowohl bei Stadler als auch bei Hebel diagnostizierte er ein Wechselspiel von Nähe und Distanz. Den Umstand, „Dinge leichter aus ihrer Schwerkraft zu befreien, indem man sie fernrückt", wollte der Referent als Hebelgesetz verstanden wissen. Und dann fragte sich der Literaturwissenschaftler noch, was Hebel wohl zur Eisenbahn gesagt hätte und beantwortete sich diese Frage zumindest teilweise mit Zitaten von Martin Stadler. Ein „schmales Gebiet" habe sich der Preisträger aus dem schweizerischen Schattdorf für seine Figuren ausgesucht, werfe aber dennoch „große, geschichtliche Fragen" auf, ohne dabei eine „historische Patina" aufzulegen. Zum Abschluss plädierte der Lobredner dafür, Heimat als Gabe und Aufgabe  zu verstehen, sie zu finden und zu erfinden, Heimat also -    ganz im Sinne seines Hebelgesetzes - zu schöpfen.
 
Martin Stadler bedankte sich, dass das Land Baden-Württemberg „einem Ausländer aus dem Gebirge" den Preis verlieh. Er hebe den Hut vor Hebel und den Traditionen, die in einer zerfallenden globalisierten Welt in Hausen noch so hochgehalten werden.
 
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