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Sind Sie nicht ein wunderlicher Man
Balbus1 war bei Ihnen, uns Sie fra mögen mich fragen, was ich
Ihren Freÿstädten u. Ländereÿen für ein Schicksal vermuthe, als ob ich
etwas wüsste, was er nicht weis, oder wen ich einmal etwas weiß, als ob
ich nicht von ihm zu verfahren pflegte. Laßen sie lieber mich wissen, wen
Sie mein F es gut mit mir meinen, was uns bevorstehe. Den
Sie hatten den Man in
Ihrer Gewalt, von dem Sie es, entweder wen
er nüchtern war, oder wenigstens wen
er einen Stich hatte erfahren konten.
Doch ich frage dernach nicht, mein Pötus2, fürs erste, weil
ich schon fast 10 Iahre vom Gewin
lebe, wen das der noch
von Gewin oder von einem
Leben werden der kan, der
die Republick3 überlebt hat. Fürs andere glaube ich selber zu
wissen, was bevorsteht. Es wird geschehen, was denen beliebt, die die
Oberhand behalten werden. Die Oberhand aber werden die Waffen haben. Wir
werden uns also mit dem begnügen müßen, was uns verbilligt wird. Wer
sich das nicht könte
gefallen lassen, der müßte den Tod wählen. Die Vejantische4
Gemarkung u. die Capenotische5 messen sie schon aus. Das ist
nicht weit von Tusculanum6. Ich genieße, solange es mir vergönt
ist, u. wünsche, daß es mir imer möge vergönt
seÿ.
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Es handelt sich hier um einen
höchst interessanten Text, der sich liest wie ein Brief Ciceros,
geschrieben auf seinem Landgut Tusculanum. Dabei kann es sich aufgrund der
Zeitebenen jedoch nicht um eine Übersetzung eines Originals, sondern um
nur einen fiktiven, von Hebel ausgedachten, Brief handeln.
1 = Balbus (wörtlich
„Stotterer“) war ein cognomen, der dritte Namensbestandteil der regulären
römischen Namensgebung (tria nomina) in mehreren
römischen Familien. Hier geht es ziemlich
sicher um Lucius Cornelius Balbus, genannt Maior (der
Ältere, um ihn von seinem Neffen
Lucius Cornelius Balbus Minor zu unterscheiden). Er war
römischer Konsul während des
zweiten Triumvirats und gehörte der Partei Octavians
an. Ins Konsulat gelangte er im Jahr
40 v. Chr. (Todesjahr unbekannt). Während des
Bürgerkriegs war er bemüht, Cicero zur
Vermittlung zwischen Caesar und Pompeius zu bewegen, um
sich selbst davor abzusichern,
sich endgültig auf die Seite des Letzteren stellen zu
müssen. Cicero räumt ein, dass er,
entgegen seiner eigenen Ansicht davon abgebracht wurde.
2 = Der einzige
eruierbare Pötus ist Cecinna Poetus, Consul und General, der zur Zeit des
röm.
Kaisers Claudius wegen einer verlorenen Schlacht
hingerichtet wurde (Regierungszeit des
Claudius von 41 n. Chr. bis zu seinem Tod im Jahr 54).
Synchronisiert man die Lebensdaten
von Balbus, Cicero (106 v. Chr. bis 43 v. Chr.) mit
Poetus, der kaum vor 20 v. Chr. geboren
sein kann, ergibt sich, dass er nicht in Frage kommt.
3 = Die Republik endete mit der Einrichtung
des Prinzipats am 13. Januar 27 v. Chr. durch den
Machtverzicht des römischen Senats, mit der die Epoche
der römischen Kaiserzeit beginnt.
Da der Brief eine Entstehung nach dem Ende der Republik
intendiert, kann er nicht von
Cicero sein.
4 = Vejantisch = von 'Veji', eine sehr alte
Stadt in Etrurien (nördlich von Rom), die zu den zwölf
Republiken des etrurischen Bundes gehörte und
lange Zeit Nebenbuhlerin von Rom war. Nach
einem 10-jährigen Krieg wurde Veji (heute Veio
beim römischen Stadtteil Isola Farnese)
396 v. Chr. von Marcus Furius Camillus
erobert. Zur Zeit des Kaisers Augustus gründete
man Veii als municipium neu, im 5. Jahrhundert
wurde die Stadt dann aber endgültig
verlassen.
5 = Capenotisch = von 'Capena', eine
historischer, westlich von Rom liegender Ort. Das antike
Capena scheint irgendwann um 390 v. Chr. von den
Römern rücksichtslos geplündert worden
zu sein, nachdem die Capenates lange gegen den
stetig wachsenden Einfluss Roms in der
Region Widerstand geleistet hatten. Die Siedlung
bestand bis zum Zusammenbruch des
Weströmischen Reiches.
6 = Tusculanum, ein Landgut bei Tusculum
(dem heutigen Frascati), unweit Rom, welches mit
seinem Besitzer Cicero Ruhm erlangt hat. Es war
Cicero's Lieblings-Aufenthalt: er hatte hier
eine ausgesuchte Bibliothek und es wurden sehr
häufige gelehrte Unterhaltungen
veranstaltet – daher auch seine "Disputationes
Tusculanae". – Als Julius Cäsar in Rom die
Oberhand erhielt, ging Cicero aus Verdruß auf
dieses sein Landgut, und stellte philosophische
Unterredungen mit seinen Freunden an. Bei
Cicero's Vertreibung ließen seine Feinde ihre Wut
an dem Landgut aus und steckten es in Brand -
wiewohl nachher der Senat es wieder auf
öffentliche Kosten herstellen ließ. |
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