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zwischen Mai und August 1824
Ich unterdrücke nicht das Geständniß einiger Verlegenheit, über einen
Gegenstand mein Gutachten auszusprechen, wo gegen eine ansehnliche
Corporation, wie die theologische Facultät einer der berühmtesten
Hochschulen ist, einer meiner Freunde, in der Person des Verfassers von
dem der Generalsynode vorgelegten Entwurf eines allgemeinen
Landescatechismus protestirend gegen über steht, nicht als ob es mich
einen Kampf kosten könnte, in einer so wichtigen Sache eine andre Meinung
auszusprechen, als die seinige ist, wenn ich mit der seinigen nicht
übereinstimmen kann, sondern, weil ich befürchten muß, nicht für
unbefangen genug zu erscheinen, wenn ich - auch wo ich nicht anders kann -
für die Sache des Freundes, ja für meine eigene sprechen werde, da ich in
der Generalsynode gegen die Ausstellung, daß dem Entwurf die Eigenschaften
eines Confessionsbuches fehlen, mit denen stimmte, welche auf die Annahme
desselben angetragen haben.
Weit entfernt, über die Vorzüglichkeit des ursprünglich oder des aus der
Revision hervorgegangenen Entwurfs an sich ein Urtheil abgeben zu wollen,
wovon auch hier durchaus keine Rede ist, noch sein soll, fürchte ich
indessen das eigene Urtheil der theol. Fakultät nicht gegen mich zu haben,
wenn ich der Meinung bin, daß mit Ausnahme der unvergänglichen
Bibelsprüche beinah der ganze Entwurf des ersten Verfassers mit Frage u.
Antwort untergegangen, u. alle Eigenthümlichkeit desselben verschwunden
sei, u. ich halte es eben so für überflüßig u. unschicklich den Beweis
darüber in einem Collegium führen zu wollen, d essen sämtliche geistliche
Mitglieder den Bericht der th. F. mit gleicher Aufmerksamkeit wie ich
gelesen, u. beide Entwürfe mit gleicher Sorgfalt verglichen haben.
Aber in dem nämlichen Grad der Vollständigkeit, wie diese Behauptung wahr
ist, muß ich Anstand nehmen zu rathen, daß nun so fort dieser Entwurf zum
Druck gegeben u. als Landescatechismus eingeführt werde, weder als der der
Generalsynode im J. 1821. vorgelegte, u. von ihr interimistisch
angenommene, wenn er ein anderer ist, noch als ein neuer, gegenüber der G.
Synode u. ihrem Beschluß, u. ohne ihre Zustimmung.
Ich sehe daher keinen andern Ausweg, als auf die Anträge des Verfassers
des ersten Versuchs wiewohl unter folgenden Modificationen einzugehen:
1. daß der neue Entwurf der nächsten Generalsynode, oder wenn es auf
kürzerem Weeg geschehen kann, den sämtlichen Diöcesansynoden, oder der
ersten durch letztere noch einmal vorgelegt würde.
2. daß zu dem Ende eine erforderliche kleine Anzahl von Exemplaren, etwa
100, einstweilen zur Abkürzung mit blosen Citaten der in dem Catechismus
selbst in extenso aufzunehmenden Sprüche abgedruckt, u. an die Decanate
vertheilt werden.
3. daß hiezu jedoch die ausdrückliche Einwilligung der theol. Facultät in
H. erforderlich sei, da dieser Gebrauch von ihrer Revision oder
Umarbeitung, wie man es nennen will, durchaus in keiner Bedingung weder
von der Synode noch von der Kirchenregierung vorbehalten worden ist, u.
folglich derselbe ohne ihre Einwilligung mit Recht als willkührliches u.
unstatthaftes Verfahren mit fremdem Eigenthum müsste angesehen werden.
Hingegen kann ich es
4tens nicht für schicklich u. durch die Beschlüße der G. Synode nicht für
gerechtfertigt halten, daß auch der erste Versuch eben so u. zu gleichem
Zweck durch officielle Veranlassung abgedruckt, u. gleichsam, wenn ich
mich in einer juristischen Form versuchen darf, die revidentische Facultät
neben dem Revisus vor das Gericht gestellt werde. Hingegen kann es meines
Bedünkens
5tens dem letztern gleichwohl nicht nicht verwehrt werden, seinen Entwurf,
wenn er will, unverändert u. ohne Berührung der Veranlassung dazu als sein
Eigenthum auf seine Rechnung drucken lassen, u, in den Buchhandel zu
bringen.
Ich habe schon manchmal u. von mehreren mündlich den Vorschlag gehört,
letztern den Verfasser des ursprünglichen
Entwurfes zu
einer persönliche Zusammenkunft mit der Commission der theol. Facultät
oder wenigstens zu einer Rerevision der von ihm in seinem zweiten Bericht
ausgehobeilen Fragen der Revision einzuladen. Allein so bereitwillig ich
für alles stimme, was ohne Nachtheil die Sache fördere u. zum gewünschten
Ende bringen kann, so weiß ich doch nicht, ob durch eine Ausgleichung über
diese Fragsätze, die dieselbe nur als Beispiele erschwerter Faßlichkeit
scheint ausgehoben zu haben, ob auch, wenn sie zu Stande kommen sollte,
der revidirte Catechismus seine Identität mit dem von der Synode
angenommenen wieder erhalten würde, da hier nicht von der
Zufriedenstellung des ersten Verfassers sondern von dem Festhalten an
einem Beschluß der Synode die Rede ist. U. eben so wenig weiß ich, ob
durch eine nochmalige gemeinschaftliche u. totale Revision von beiden in
Widerspruch stehenden Parthien durch Ab- u. Zugeben von beiden Seiten die
gute Sache gewinnen würde. Einheit u. Einfachheit, Stetigkeit, so viel
möglich, durchgehende
Gleichförmigkeit in der
ganzen Behandlung besonders in der Stellung u. Beziehung der Fragen ja der
Antworten, höchste Bestimtheit u. Klarheit, sind meines Bedünkens
unerläßliche Eigenschaften eines Volkscatechismus. Aber wenn auch iedem
der vorliegenden Entwürfe auf seinem Weg diese Eigenschaften durch ein
Wunder wären gesichert worden, so müßte auch das Wunder unter dem Versuch
beschworen werden, beide so gut als möglich zu vereinigen. Ich mache
niemand einen Vorwurf, wenn ich fürchte, daß der Weg, auf welchem wir
dermalen vor Ort stehen, nicht der rechte zum Kleinod gewesen sei, da er
sich, wie in so viel andern Dingen ebenfalls geschieht, erst im Gehen
hauptsächlich durch das Ineinandergreifen zweier verschiedener Behörden
der Kirchenregierung u. der Kirchenrepräsentation selbst so gemacht hat.
Wäre, was schon geschehen ist, noch zu thun, so müßte nach meinem
Dafürhalten
1. die theologische Fakultät der evangelischen Landesuniversität als die
competenteste u, würdigste Stelle ersucht werden, das Material eines
künftigen Lehr- u. Bekenntnißbuches u. namentlich in den Glaubensartikeln
der Lehrbegrif der protestantischen Kirche, in
welchem allein alle Objectivität
liegen kann, in seiner
höchsten Reinheit thetisch zu bearbeiten, welches Materiale als dann
2. einem u. nur einem tüchtigen mit
den Bedürfnißen, der Vorstellungsart, Sprachweise u. dem
Fassungsvermögen des Volkes durch lange Erfahrung vertraut geworden
praktischen Geistlichen zur Verarbeitung übergeben
und dann
3. der Fakultät zur Prüfung, ob alles richtig aufgefaßt u. wiedergegeben
sei, zurückgestellt werden müßen, worauf alsdann noch
4. wenn es nöthig wäre, eine persönliche Zusammenkunft u. Besprechung über
einzelne nicht einverstandene Fassungen u. Ausdrücke stattfinden könnte.
Allein ich erkenne mit Schmerz, daß das Geschäft auf dem entgegengesetzten
Weg schon zu weit vorgerückt sei, um in den, welcher mir der einzig gerade
u. sichere scheint, zurückgeleitet zu werden, wiewohl ich die Ueberzeugung
freimüthig ausspreche, solange ich sie habe, daß ich es für eine kaum zu
lösende Aufgabe halte, ein Bekenntnißbuch für eine Kirchengemeinschaft, u.
einen Catechismus für 13.-14.
jährige Confirmanden selbst aus den gemeinsten Landschulen - starke Speise
u. Milch - in Eine Fassung zu bringen, u. ich möchte, um nicht zu weit von
dem Urtheil der theol. Fakultät abzustehen, das ich sehr zu ehren weiß,
mich gern überzeugen, daß der Bericht derselben ungefähr das nämliche
anerkenne, wenn es in demselben heißt, daß die catechetische Lehre alsdann
gelungen sein werde, wenn sie der doppelte Vorwurf trift, einerseits des
Mangels an Popularität (als Catechismus) andererseits des Mangels an
Gründlichkeit (als Confessionsbuch).
Gebührende Ehre sei jedoch auch den Versuchen dazu, sowohl den bekannten
älteren der beiden ehemaligen Kirchengemeinden unsers Vaterlandes, als den
vorliegenden neusten.
Hebel
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