zurück | Das Glück, die Braut der Jugend | |
Glück, die Braut der Jugend. Es ist Erfahrung, das Glück will der Jugend besser als dem Alter. Mit der ganzen Dosis jugendlichen Leichtsinnes unter tausend unüberlegten gewagten Schritten fährt der Jüngling besser als der Mann mit allem gesetzten Ernst und kalter Bedächtlichkeit. Je älter wir werden, desto weniger und seltener vereinigen sich die Umstände und Zufälle zu unserm Vorteil. Woher? Alle leicht in die Augen fallenden Gründe abgerechnet, daher, daß sich der Spielraum um ihn her, in welchem die Umstände und Zufälle für ihn wirken können, immer mehr verengen muß, je mehr er die Vorteile, die sie ihm entgegentragen, benutzt. Dem ausgebildeten Jüngling, den alle Fülle der Kraft an Geist und Körper belebt, winkt und ruft und lacht alles entgegen; die ganze Welt steht ihm noch offen. Es tönt die Trommete des Kriegs; es rauscht der Wimpel des Kaufschiffes; sein Vaterland und das Ausland bedarf Ärzte, Lehrer, Rechtsverteidiger, spekulierende, tätige, wagende Köpfe. Es wäre Wunder, wenn von allen Feldern und Laufbahnen, in denen er sich zu wagen Kraft und zu üben Geschick hat, nicht eine an der Heerstraße seines Lebens offen stände, daß er nur den Seitensprung tun und sich in ihr tummeln und vorwärts traben dürfte. Aber hat er den Sprung einmal getan, hat die Trommete des Kriegs ihn in die Heldenbahn gelockt, - er nennt es selbst Glück, daß sich hier eine so gute glänzende Gelegenheit für ihn anbot, die schönsten, hoffnungsvollsten Aussichten in dem dunkelhellen Wirrwarr so lichtvoll für ihn aufheitern - aber hat er den Schritt getan, ist Soldat und will seine Laufbahn verfolgen, wie erstaunend hat sich auf einmal die Welt für ihn verengt; er kann nur als Krieger glücklich werden. Doch eine Zeitlang noch ist auch diese Laufbahn weit genug und in mancherlei Seitenwege auseinander gespreitet. Die Macht, bei der er seinen ersten Dienst ergriff, hat Ruhe und Frieden. Eine andere rüstet sich zum Krieg. Hui rafft er sich auf und wechselt den Dienst. Leutnant da oder dort, zwei Jahre Anciennität vorwärts oder zurück, eine glückliche Expedition hält ihn für alles schadlos und zieht ihn vor. Aber starkes Avancement, ausgezeichnete Gnadenbezeugung seines Chefs oder Monarchen, Attachement, eheliche Verbindung - lauter Glück fesselt ihn immer enger nicht nur an diesen Stand, sondern auch an diesen Dienst, dieses Land. Nach wenigen Jahren entschlummert der Löwe oder Adler in tiefen Frieden. Ein neuer Regent hat den militärischen Geist nicht wie sein Vater; das ehemals wackere, mutige Heer bekommt einen Anstrich von Philisterei. Aber das Lieblingskind des Glückes ist nun Hauptmann an der Schwelle des höheren Avancements, ist Vater und Gatte, ist angesessen. Was zu tun? Um ihn her donnert Mars in Süd und Osten; aber er ist Hauptmann und Untertan des friedlichen Königes von Z. Es wehen tausend Wimpel und Flaggen; aber er ist Soldat und zu Lande. Es blühen Töchter, fähig durch Reiz, Familienverbindung und Reichtum glücklich zu machen. Keine verschmähte seine Hand - aber er ist schon, was er erst werden müßte, Gatte. Es öffnet sich Gelegenheit zu der glücklichsten Spekulation, die fast nicht fehlschlagen kann, die auch ein Soldat, wenn er nur Geld hat und wagen kann, seiner Ehre und seinem Dienst unbeschadet benutzen darf; er ist reich; aber sein Vermögen liegt in einem angekauften oder erheirateten Rittergute. Da steht er — Hauptmann in ... sehen Diensten, und von allen durch einander greifenden, auf einander folgenden, aus einander folgenden Wechseln der Dinge und Zufälle kann nur einer noch für ihn günstig werden, daß Major L. sterbe und ihm seinen Platz zurücklasse.
|
||
|
|
|