XXXXX   Allgemeine Betrachtungen
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TEXT 8

       

 

Wenn das Sprw. sagt, daß L. die Thoren verrathe, so kann dieses nicht so zu verstehen seyn, daß ieder ein Thor sey, der lacht.

Auch der Weise lacht. Diese Äußerung des Frohsinns ist dem Menschen angebohren. Weinen und Lachen ist die erste sprache des Kindes. Sanftes lachen verschönert sogar das menschliche Angesicht, wie heiterer Sonnenblick die Flur. Es gibt Gefühle, es gibt Erscheinungen, es gibt Einfälle, wo es eben so schwer ist, das Lachen zu unterdrücken als irgend ein Zwang, mit dem man die Natur verläugnen will, und wir bedauern ia alle den Unglücklichen der nicht lachen kann, der ein Feind der Frölichen, allein wie ein Stumme Bildsäule schweigt.

Also nicht das L. verräth den Thoren. Was dann? Ohne Zweifel die Ursache, warum, die Art wie, die Zeit der Ort wann und wo gelacht wird. Warlich es gibt Erscheinungen im M.leben, die nichts Lächerliches haben. Wenn aber der Weise bei dem Anblick eines menschlichen Gebrechens trauert, wie wollen wir den nennen, der darüber lachen kann. Wenn einer über einen unglücklichen Fall, ie erschrickt, was verdient der für einen Namen, der etwas spaßhaftes daran findet? Wenn dem Weisen vor faden Scherzen, vor Zotten, vor pöbelhaften Anspielungen ekelt, in welche Ehrenzunft wollen wir den einschreiben, der daran Wohlgefallen findet und seinen Beyfall mit gellendem, wieherndem Gelächter an den Tag legt? Wollen wir ihn auch in die ehrwürdige Gesellschaft der Weisen aufnehmen, die nie ohne Grund, nie einem vernünftigen Grd entgegnen soll? Nein, wenn aus verkehrtem Grd zu handeln Torheit ist, so kann der einzige, der über das traurige lacht, und an dem Albernen Wohlgefallen findet an dem Lachen ohne Grd, nur der Thor erkannt werden.


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Sprw. = Sprichwort; L. = Lachen

"Am Lachen erkennt man den Thoren." aus
'Die deutschen Volksbücher, gesammelt und in ihrer ursprünglichen Echtheit wiederhergestellt von Karl Simrock', Frankfurt a. M., 1846

M.leben = Menschenleben

Grd = Grund

 

      Transkription nach dem Autograph (Digitalisat der BLB Karlsruhe S. 24 + 25).