XXXXX   Allgemeine Betrachtungen
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TEXT 13

       

 

 

       

Ich weiß nicht, ob es eine unheilbarere Krankheit des menschlichen Gemüthes gibt als den Geitz. Ich weiß wohl daß auch bei andern Leidenschaften die Anzahl derer, welche ihr Lebenlang einem verderblichen Trieb folgen, eine noch größere sey als die Anzahl derienigen ist, welche zur Mäßigung und zu einem vernünftigen Charakter zurückkehren. Aber alle andern Laster bremst die Nation durch gewisse Schranken, nur den geitz nicht, der Verschwendung macht die Armuth ein Ende. Die Empfindungen des Haßes und Neides sind in dem Grad unangenehm daß derienige, den diese Plaggeister verfolgen, selbst sich nach Erlösung sehnt. Continuirliches Saufen hält die Natur nicht aus, denn die Nerven und die Verdrängungswerkzeuge werden davon so angegriffen, daß zur Widerherstellung an Kraft Unterbrechung nöthig ist, so lang sie wiederhergestellt werden können. Kurz es werden durch einen natürlichen zusammenhang der Dinge, alle andern Laster durch gewiße Strafen eingeschränkt, denn der Geitz macht einsam sogar, wird durch Belohnungen gereizt. Denn in dem nemlichen Grad wie einer gierig dem Geld nachiagt, wird er reicher, und diese Leidenschaft bedarf sogar keiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Unterstützung. Daß die unglücklichen, die von ihm besessen sind nicht einmal das entkräftete Alter zur Ruhe kommen läßt.

       

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      Transkription nach dem Autograph (Digitalisat der BLB Karlsruhe S. 34 + 35).