zurück Predigt am vierten Sonntage des Advents 1795
     

Gott, du bist an Majestät und Seligkeit über die ersten, glücklichsten der Menschen unendlich erhaben, und doch uns allen so nahe mit Güte und Erbarmung, nahe dem Engel, der sich freut des Anschauens vor deinem Thron, und nahe dem Menschen, der die Thräne seines Jammers noch in den Staub der Erde weint. — Dich trennt von uns die große Kluft: Unendlichkeit; aber uns vereinigt mit dir Glauben an die Unendlichkeit deiner Liebe. Wir sind — Menschen, und du — es nennt dich kein Name; wir dein Werk, und du unser Schöpfer; wir eine geringe Zahl deiner Knechte, und du Gebieter in einem unermeßlichen Reich. — Aber du bist unser Vater, und wir deine Kinder.

Gott, wir ziehen den Blick herab von deiner Höhe in unsere eigene Mitte. Wie verschwunden und vernichtet ist aller Unterschied, der uns noch voneinander trennt! Wie fließen alle unsre Namen und Würden zusammen in dem Namen: des Allbeherrschenden Knechte! des Allerbarmenden Kinder!

Doch es ist dein Werk, o Vater, daß wir durch mancherlei Verhältnisse getrennt, und wieder verbunden sind. Du hast uns auseinander gestellt, den höher, jenen tiefer, daß wir desto ungestörter zusammenwirken mögen zu einem Zweck in Glaube, Liebe und Hoffnung. Laß jeden an seiner Stelle die Weisheit und Güte deiner Absicht erkennen! Gib milden christlichen Sinn denen, die befehlen können, Treue und Zufriedenheit denen, die gehorchen müssen. Dein Geist sage es zur rechten Stunde, jenen, daß sie auch einen Herrn, und diesen, daß sie auch einen Vater im Himmel haben. V. U.

Text: Epheser 6, 5 — 9

5 Ihr Sklaven, seid gehorsam euren irdischen Herren mit Furcht und Zittern, in Einfalt eures Herzens als dem Herrn Christus;
6 nicht mit Dienst allein vor Augen, um den Menschen zu gefallen, sondern als Knechte Christi, die den Willen Gottes tun von Herzen.
7 Tut euren Dienst mit gutem Willen als dem Herrn und nicht den Menschen;
8 denn ihr wisst: Was ein jeder Gutes tut, das wird er vom Herrn empfangen, er sei Sklave oder Freier.
9 Und ihr Herren, tut ihnen gegenüber das Gleiche und lasst das Drohen; denn ihr wisst, dass euer und ihr Herr im Himmel ist, und bei ihm gilt kein Ansehen der Person.

 

Von hohen himmlischen Verkündigungen geht der Apostel im Anfang des Briefes an die Epheser aus. Eine, statt aller: Gott hat gewirket überschwengliche Kraft in Christo, da er ihn von den Todten auferwecket hat, und gesetzt zu seiner Rechten im Himmel, über alle Fürstenthümer, Gewalt, Macht, Herrschaft, und alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen; und hat alle Dinge unter seine Füße gethan, und hat ihn gesetzet zum Haupt der Gemeinde über alles. — Von hohen Verkündigungen geht die Betrachtung des Apostels im Anfang aus, und findet sich am Ende wieder in der vertraulichen Mitte der Menschlichkeit auf Erden, und löset sich auf in herzlichen Ermahnungen zu einem gottesfürchtigen Sinn und Thun, in den gemeinen und bürgerlichen Beziehungen des Lebens. Wir haben euch einen Theil derselben vorgelesen, Ermahnungen, die er so freundlich und doch so stark Dienenden und ihren Herrschaften an das Herz, und in das Gewissen spricht. Sie gehen von ganz andern Gründen aus, und führen auf eine ganz andere Seite hin, als die ist, von welcher dieses Verhältniß gewöhnlich betrachtet wird; und, laßt es uns nicht übersehen, sie bürgen uns sehr für den Glauben, daß es eine Religion von dem Gott der Liebe sey, die den Menschen so milde und erbarmend, und so ernsthaft auch in seinen letzten vergessensten Verhältnissen mit ihrem Troste und mit ihren Geboten aufsucht und findet.

Wir beschäftigen uns in dieser Stunde mit den tröstenden und warnenden Belehrungen, welche der Apostel

1) den Dienenden,

2) ihren Herrschaften ans Herz legt.

Es liegt in der uralten Einrichtung der Dinge, daß Menschen aus irgend einer Absicht in andrer Menschen Dienste sich begeben, und um irgend eine Bedingung ihre Kräfte für fremden Vortheil aufwenden. Allerdings ist es, wenn schon nicht in jedem, doch in manchem Betracht eine etwas traurige Lage, in welcher wir einen Theil dieser Menschen erblicken, die auch Gottes sind. Arm von Geburt, oder durch Schicksal, oder auch durch Schuld, müssen sie den Unterhalt für ihres Lebens dringendste Bedürfnisse im Dienste anderer glücklicherer Menschen suchen. Ihr Schicksal hat sich zum Theil von ihrer Kindheit an ungünstig angesponnen. Sie sind aufgewachsen ohne die Vortheile einer glücklichen Erziehung, ohne Ausbildung so mancher Fähigkeit ihres Körpers oder ihrer Seele, durch welche sich andere in eigenem Geding Obdach, Nahrung, Freuden, Ehre, Freunde und Gönner zu verschaffen wissen. Ohne Eigenthum und ohne Freund giengen sie aus in die Welt, Fremdlinge ohne Ansprache von der Stunde an, als sie die Noth aus der väterlichen Hütte vertrieb. Sie gaben angeerbte Rechte der Natur dahin, um auch Speise für ihren Hunger, und Kleidung für ihre Blöße zu finden, in einer Welt, die so reich an Segen für ihre Geschöpfe ist. Sie säen, aber nicht auf ihren Acker; sie erndten, aber nicht in ihre Scheune. Wollen sie einst auch einen eigenen Heerd sich bauen, und eigenes Brod im kraftlosen Alter ohne Sorgen essen, und auf eigenem Lager sterben, so müssen sie, was die Natur umsonst zu verleihen schien, um Arbeit und Mühe, um Plage und Schweiß, um Dulden und Schweigen zum zweitenmal den Menschen abkaufen.

Traurig in seiner Art, wenigstens für das Gefühl derer, die eines bessern Schicksals sich freuen; aber auch so nicht ohne Aufschluß, nicht ohne Trost und Segen. Die Erde ist Gottes und was in ihr ist. Gott waltet in seinem Reich auf unerkannten Wegen; er stellt mit verborgenem Arm, dem Keiner widersteht, Könige an die Spitzen ihrer Völker, und arme Taglöhner an den Pflug in einer fremden Furche, gibt mit verborgener Hand, die nicht karg, aber immer weise abwägt, von dem was sein ist, wie viel er will und um welche Bedingung er will, läßt Manchen süße Freuden des Daseyns schon hier genießen, und spart sie der Tugend und Hoffnung des Andern für die Ewigkeit auf.

Jesus Christus sitzt zur Rechten Gottes über Fürstenthum, Gewalt, Macht, Herrschaft, und alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen, nicht zum Unglück für den, der arm ist, wie er es war, und so gehorsam wie er, und der duldet, schweigt und hofft — nur halb wie er.

Mit diesem Gedanken in der Seele wendet sich Paulus an seine Knechte und lehret sie erstens, ihren Beruf von der rechten Seite ansehen: „Glaubet, daß ihr dem Herrn dient und nicht den Menschen," —

Ist das wahr? — Gott fordert doch von uns, daß wir mit frommem Sinn ihn im Himmel und unsere Brüder auf Erden lieben sollen, daß wir unsere Gaben, welcherlei und wie viel wir deren erhalten haben, nicht verscharren, wie jener unnütze Knecht gethan, sondern unsrer Menschenliebe durch Beistand und Hülfe, die wir Menschen leisten, Wahrheit, Kraft und Leben ertheilen, Unverdrossenheit und Treue in unserm Beruf und an unsere Pflichten zu Tag legen, in allen unsern Schicksalen seiner Fügung uns unterwerfen, ihm vertrauen, zufrieden seyn, dulden, was er uns auflegt, unsere Prüfungen aushalten, beten und hoffen, wenn's uns zu schwer und zu lange drückt, und an den Himmel denken. Das will doch Gott, und das thun ist Gehorsam, ist Gottesdienst.

Aber diese Tugenden lassen sich nicht in Abgeschiedenheit von den Menschen, mit ruhenden Händen im Schooße, auch nicht immer in der Fülle und den Freuden guter Tage üben. Sie wollen im geschäftigen Leben, in irgend einer Verbindung mit Menschen, in irgend einer Laufbahn des wechselnden Glückes gepflegt und gereift werden, sey es auf dem Thron, wo Sorge und Leid den Menschen auch zu finden weiß, oder in den mancherlei Aemtern, wo oft Ehre und Belohnung um schwere Pflichten, um Ruhe des Gewissens, um ernste Sorgen erkauft wird, oder bei den Waffen, wo Glanz und Elend, Sieg und Wunden, Ehre und Tod so nahe beisammen sind, oder sey es im bürgerlichen Gewerbe, im Handel und Wandel, oder im — armen Gesindes Dienst.

Aber in welche Verbindung wir mit den Menschen treten wollen, und mit welchem Vertrag, unter welchen Umständen und unter welchen Abwechslungen des Schicksals, das ist nicht immer unsre Wahl, seltener als wir wähnen, sondern deß, der da herrscht über Fürstenthum, Gewalt, Macht, Herrschaft, und alles, was genannt mag werden. Und so sind wir freilich auf ungleichen Stufen, mit ungleichen Kräften an ungleiche Arbeit gestellt. Gott weiß es, — er weiß auch warum so, und nicht anders. Aber wir haben alle einen Beruf, hier an unsrer Stelle, hier mit unsrer Kraft, hier an unserm Tagwerk, durch Dank und Zufriedenheit Gottes Vorsehung anzuerkennen, ihn durch Gehorsam zu ehren, und durch des Gehorsams Freudigkeit, uns seiner Gnade werth zu machen, und unser aller Dienst ist in diesem Vereinigungspunkt Gottesdienst. — So auch eure Tugend, Arme, Müde, Kummervolle, Mißhandelte vielleicht! auch eure Tugend die ihr im Dienste leiblicher Herrn übet, — Gottesdienst ist sie.

So belehrt Paulus seine Knechte über ihren Beruf, und unterrichtet sie dann zweitens, mit was für einem Sinn sie die Pflichten desselben erfüllen sollen.— „Ihr Knechte seyd gehorsam euern leiblichen Herren mit gewissenhafter Furcht und tückeloser Einfalt des Herzens, als Christo; nicht mit Dienst allein vor Augen, als den Menschen zu Gefallen , sondern als die Knechte Christi, daß ihr solchen Willen Gottes thut von Herzen mit gutem Willen."

Seyd der Herrschaft, der ihr euer Wort gegeben habt, von der ihr Unterhalt und Lohn empfanget, mit unverdrossenem Dienste gewärtig, fordert ihren Nutzen, wehret ihren Schaden! Verwaltet, was euch anvertraut ist mit gewissenhafter Treue, als unter Gottes Augen! Macht euch durch Geschmeidigkeit, Zufriedenheit und eingezogenen christlichen Wandel ihrer Milde und ihres Zutrauens werth.

Fragt nicht unmuthsvoll: warum bin ich eines Menschen Knecht? Ihr seyd Knechte Gottes. Rechnet nicht, ob euer armer Lohn all der harten Zumuthungen und all des peinlichen Duldens werth sey. Ihr arbeitet nicht um Menschenlohn, sondern um Gottes Gnade, die euch segnet in der Armuth, die euch trösten wird im Alter, und reich macht im Tode. Seyd nicht verdroßen in der Arbeit, die eines Andern ist. O ihr erarbeitet euch ein großes, sicheres Eigenthum, Freudigkeit zu Gott, den Ruhm der Ehrlichkeit und Treue, und den Trost eines unbeschwerten Gewissens am Grabe.

Seyd nicht gehorsam nur vor Augen, als den Menschen zu Gefallen; die Augen des Herrn schauen an allen Orten beide, die Bösen und die Frommen. Rächet euch selbst gegen Härte und Mißhandlung nicht durch Verdroßenheit und Untreue! Wie könntet ihr sonst in der Probe des Gehorsams und der Treue zu Gott bestehen? Wird es euch sauer, sehr sauer, oft fast unmöglich euren leiblichen Herrn gehorsam zu seyn in allen Dingen, thut es gern um eures himmlischen Herrn willen, der für euch gehorsam war bis zum blutigen Tode, und den jetzt mit euch die Engel Gottes anbeten.

So belehret sie Paulus über den Umfang und die Tiefe ihrer Pflichten, und öffnet dann drittens, einer Menschenklasse, für welche die Gegenwart so wenig Aufmunterung hat, eine trostreiche Aussicht in die belohnende Zukunft. „Wisset, was ein Jeglicher Gutes thun wird, das wird ihm der Herr vergelten, er sey Knecht oder eigener Herr."

Ihr dienet ihm; glaubt gewiß, er wird euch lohnen, nicht wie Menschen Lohn geben, eine kümmerliche Gabe, sondern wie Gott nur lohnen kann. Er wird euch jetzt in eurer Prüfung schon froh machen mit seiner Gnade, euch Gnade geben vor dem Angesichte der Menschen, euch durchführen aus einem Jahr eures Lebens in das andere mit starkem Arm, der mächtige und getreue Gott. Er wird euch nicht verlassen im Alter, und wenn ihr grau werdet, bis auch eure Feierstunde schlägt, und er euch ruft: du frommer und getreuer Knecht, du bist über Wenigem getreu gewesen, ich will dich über Viel setzen, gehe ein zu deines Herrn Freude, O es wird euch wohl werden, wenn ihr diese Stimme hört, ihr werdet eines freundlichen Herrn Angesicht schauen, werdet ruhen von eurer Arbeit, euch freuen seines Dankes und seiner Treue, und im Genuß eures herrlichen Lohns die ausgeweinten Thränen eurer Mühe vergessen.

Auf solche Art tröstet der menschenfreundliche Paulus seine Brüder mit der Zusicherung ihres künftigen bessren Lohns. Die beste Erleichterung, die er, — selber kein reicher noch mächtiger Mann im unmittelbaren Dienste des Herrn, — für ihre gegenwärtige Lage ihnen geben kann, ist die, daß er auch ihre Herren zu einem christliche Sinn und Betragen gegen ihr Gesinde mit kurzem nachdrücklichem Ernste ermahnt.

Er erinnert sie erstens an ihre Verhältnisse. "Ihr Herren thut auch dasselbige gegen sie." Erkennet daß auch ihr Pflichten gegen diese Menschen habt, und erfüllet sie.

Glaubet nicht, daß ihr durch unverkürzte Darreichung des bedungenen Lohns, alles, alles was ihr ihnen schuldig seyd, auf einmal abthut, oder euch vollends ein Recht zu allen Mißhandlungen an sie erkauft. Ihr bezahlt ihre Arbeit — und nicht mehr. Aber ihr bleibt ihnen im Rückstand mit einer großen heiligen Pflicht, die kein Gold bezahlt, — mit der Pflicht, die der Mensch dem Menschen, der Erlöste Gottes seinem Mitgenossen an der himmlischen Gnade schuldig ist, unangesehen, welcher vor dem Andern die Knie beugt, — mit der uneigennützigen, theilnehmenden, bessernden Liebe. Sie sind was ihr, Mensch, auch mit solchen Gefühlen, Bedürfnissen, Wünschen und Schwächen, mit welchen die Menschlichkeit euer Herz in eurem Busen in Anspruch nimmt. Sie sind Kinder desselben Gottes, den ihr in den Stunden des freudigen Dankes oder des heißen Flehens Vater nennt. Sie sind Erlöste des Herrn, von dem ihr einst im Kampfe des Todes Trost, und an der Pforte der Ewigkeit den Blick der Gnade erwartet. Sie waren es, ehe sie eure Knechte wurden; sie bleiben es, wenn sie nicht mehr eure Diener sind; sie werden es in ihrer schönsten vollendeten Würde seyn, wenn sie mit euch und den Engeln vor Gott stehen.

Hierauf gründet Paulus zweitens seine Warnung: „Lasset das Dräuen." Laßt unchristliche Härte. Macht es denen, die euch dienen, nicht zu schwer, in dem Dienst, den sie euch erweisen, einen Gottesdienst zu erkennen. O ihr würdet es ihnen schwer machen, wenn eure Eigennützigkeit ihnen Geschäfte und Lasten auflegen wollte, unter denen ihre Kräfte leiden und allmählig erliegen müßten. Denn Gott ist getreu, er läßt keinen versucht werden über Vermögen. Gott legt Lasten auf, aber Gott hilft auch. Ihr würdet es ihnen schwer machen, eures Dienstes als eines Gottesdienstes zu warten, wenn eure Kargheit sie für ihre müden Tage und für ihre halben Nachte kaum vor peinlichem Hunger und Verkümmerung schützen wollte. Denn Gott thut seine milde Hand auf und sättiget alles was da lebet mit Wohlgefallen. Ihr würdet es ihnen schwer machen, wenn euer Stolz oder eure Hitze, oder eure Laune durch schreckende Blicke, durch rauhe Töne und Verwünschungen ihr Zutrauen gegen euch verschließen, und ihr Gefühl erbittern könnte. Denn Gott ist allen freundlich, und erbarmet sich aller seiner Geschöpfe. Ihr würdet es ihnen schwer machen, wenn eure Rache für menschliche Schwachen und verzeihliche Fehler sich durch harte Behandlung an ihnen kühlen könnte. Denn Gott ist barmherzig, geduldig, von großer Gnade und Treue, er vergiebt Missethat, Uebertretung und Sünde. Endlich würdet ihr es ihnen schwer machen, wenn euer Undank zur Zeit ihrer Noth und ihres Jammers ihren Dienst und Aufopferungen vergessen, und ihnen Trost und Unterstützung, so ihr anders dazu fähig seyd, versagen könnte. Denn wie sich ein Vater erbarmet über seine Kinder, so erbarmt sich der Herr über die, so ihm dienen.

Doch Paulus unterstützt seine Warnungen noch drittens mit dem Nachdruck eines besondern Beweggrundes. „Wisset daß auch euer Herr im Himmel ist, und ist bei ihm kein Ansehen der Person."

Er sitzt und herrscht — etwa nicht über euch? weil ihr so mächtig und so reich seyd, daß ihr einem armen Menschen wohl oder wehe thun könnt? — o über Fürstenthum, Gewalt, Macht, Herrschaft, und alles was genannt werden mag, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen, sitzt auf dem Thron, ein Sachwalter und Schutzherr der armen kummerhaften Menschheit, um einst auch euch zu fragen: Was hast du gethan, dem Geringsten meiner Brüder?

Menschen! Verehrer Gottes! Christen! die Religion thut ein Großes an euch. Sie schützt euch mit ihren besten dringendsten Ermahnungen gegen den Trotz, gegen die Untreue, gegen den Verrath eures Gesindes. Gebt ihr ihre Ehre und ihren Dank! Sie muß auch das Gesinde in eurem Dienst gegen Härte und Mißhandlung schützen.

Laßt uns hier, mit einem Blick auf die Quelle, aus welcher des Apostels Ermahnungen fließen, stille stehen, und einen verlorenen Faden aus dem Anfang unsrer Betrachtung wider aufsuchen.

Wenn der Apostel das Verhältniß zwischen Knecht und Herrn ins mitleidige segnende Auge faßt, so ist es bei weitem nicht bloß das Verhältniß, wie es unser milderes Zeitalter noch kennt. Seine Knechte sind die Leibeigenen, angeborene oder angekaufte Sklaven jenes Zeitalters und jener Gegend, zum Theil noch unter der uneingeschränkten Willkühr heidnischer Gebieter, und allen grausamen Mißhandlungen roher Menschen preisgegeben, die die milderen Gesetze des Christentums nicht kannten, und die Gesetze der Menschlichkeit nicht fühlten, arme Menschen, denen in ihrem Elende das Evangelium von der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes auch erschien, aber mit dem ernsten Gebot: Ihr Knechte seyd gehorsam euren leiblichen Herren mit Furcht und Zittern. Gesteht ihrs, daß es eine achtungswerthe Religion sey, die Religion des Paulus, die so als ein Schutzengel über bürgerliche Ordnung und Ruhe schwebt, und selbst Mißbräuche nicht mit stürmenden Eifer unter noch größeres Elend begrabt, sondern sie duldet und schont, um sie allmählig mit leiser Hand wegzurücken, und etwas Besseres an ihre Stelle zu bringen?

Diese Religion spricht mit Ernst und Würde zu dem Menschen, auf welcher Stufe von Macht Ehre und Reichtum er sich befinden mag, und tröstet ihn auch, wenn Sorge und Leid seiner Tage Freude verbittert, und seiner Nächte Schlummer stört. Sie sucht auch den armen, hülflosen, verlassenen Menschen in den Hütten seines Elendes heim, aber sie erläßt ihm um all sein Dulden, Harren und Schweigen — keine einzige seiner Pflichten. Gesteht ihrs, daß es eine wohltätige Religion ist, die die Menschheit mit allen ihren Gliedern, so in Liebe umfasst, so aufmerksam, und so nahe mit ihren Tröstungen und Warnungen um die Paläste und um die Hütten macht?

Sie hat den Menschen milde und erbarmend, und doch so ernsthaft, auch in seinen letzten vergessensten Verhältnissen mit ihrem Troste und mit ihren Geboten aufgesucht und gefunden.

Es ist die Religion von dem Gott der Liebe, von dem Herrn und Vater Aller. O diese Ermahnungen des Paulus ehren sie, (wer es fühlen mag), mehr als Stimmen der Engel vom Himmel; solche Tugenden die unter ihrer Pflege reifen, bürgen für ihren himmlischen Ursprung mehr als Zeichen und Wunder. Diese Religion zu ehren ist Pflicht; ihre Gebote zu erfüllen, ist Segen; sie erfüllt zu haben auf der Erde, ist Einweihung für den Himmel.

So ihr Solches erkennet, selig seyd ihr, wenn ihrs thut.

Amen.

 

 
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