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Hebel und die Schweiz

   

* Basel war das wirtschaftliche und geistige Zentrum einer grenzüberschreitenden Region, zu welcher badisches, österreichisches und französisches Gebiet ebenso gehörte wie das eigentliche "Baselbiet". Diese Ecke des Oberrheins, der Schauplatz der „Alemannischen Gedichte" wie auch zahlreicher Hausfreundgeschichten, ist Hebels Heimat mit ihrer stets gegenwärtigen Hauptstadt Basel.

Wenn wir Hebel demnach - mit aller gebotenen Reserve - als Basler bezeichnen dürften, wäre es doch durchaus verfehlt, ihn auch gleich für das ganze Land zu reklamieren.

Aber trotz gewisser Vorbehalte hat er etwas vom Schönsten niedergeschrieben, was je über das schweizerische Staatswesen gedacht worden ist:
"Die kleine Schweitz, an und um ihre Berge, aus Deutschen, Franzosen und Italienern, aus Katholiken und Protestanten bizarr zusammengesetzt, scheint von der Vorsehung zu einem Depot der Freiheit und der aus ihr hervorgehenden edlen Gesinnung, im Sturm der Zeit für die Zukunft aufbewahrt zu sein, ein Seminarium für eine bessere Zeit der Nationen."


Hebel ein Bindeglied

[...] Zusammenfassend darf man sagen, daß Hebel sich sowohl als Basler wie als Wiesentaler empfand und ihm die regionale Verbundenheit die politische Trennung überspielte. Und wie er Basel in sein Werk aufgenommen hat, so haben ihn auch die Basler als einen der ihren akzeptiert. Die schon weit über hundertjährige Institution des "Hebelmählis", bei dem die zwölf ältesten Männer und Frauen von Hausen durch die Basler Hebelstiftung bewirtet werden, wodurch ein Teil von Hebels Alterswunsch erfüllt wurde, ist ein sprechendes Zeugnis dieser "posthumen Einbürgerung".
Aber auch in der restlichen Schweiz sind die Hausfreundgeschichten und die in unserer Mundart abgefaßten "Alemannischen Gedichte" das Gemeingut vieler Menschen geworden. Gerade das letztgenannte Faktum der gleichen Sprache ist auch der Anlaß für die in der Schweiz gar nie ins Bewußtsein gedrungene Tatsache, daß Hebel ja gar kein Landsmann gewesen ist. Der heutige Eidgenosse nimmt ja im allgemeinen an, daß seine Mundart an den Landesgrenzen zu Ende sei und daß die Leute jenseits des Rheins hochdeutsch sprächen. So erfährt in der Regel erst der Germanistikstudent, daß der Schöpfer der "Alemannischen Gedichte" nicht ein Schweizer, sondern ein Deutscher gewesen sei.
Gibt es einen sprechenderen Beweis dafür, daß Hebel auch auf der politischen Ebene
mehr vermittelt als trennt und daß er in einem weiteren Sinne allen Alemannen gehört? *
 

 
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* Originaltext: Johann  P. Hebel und die Schweiz;
 in: J. P. H., Eine Wiederbegegnung zu seinem 225. Geburtstag; 
Autor: Rolf Max Kully. - Karlsruhe: Verlag C. F. Müller, 1985  /  S. 63, 70, 74 & 75