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'Bilder einer Ausstellung'-Stabfiguren - 1978

 
   


„Bilder einer Ausstellung" - Klavierzyklus aus dem Jahr 1874 von Modest Mussorgsky (1839 - 1881) -
Orchesterfassung von Maurice Ravel
 
 

 
   


 

 
                       
"Gnomus/Der Gnom" - Titelfigur aus dem gleichnamigen 1. Satz
 
 
   
"Bydlo / Der Ochsenkarren" - Titelfigur aus dem gleichnamigen 4. Satz
 
 
                       
"Schmuyle" - Figur aus dem 6. Satz "Samuel Goldenberg und Schmuyle"
 
 
   

          
"Wsadnik (Reiter) " - Figur aus dem 10. Satz "Das große Tor von Kiew"
 

 
 
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Fotos + Bildbearbeitung: © Annina J. Baumgartner                                                                                 nach oben                                       

   

 


 

Der Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung" – Erinnerungen an Viktor Hartmann (russisch „Картинки с выставки" – Воспоминание о Викторе Гартмане, transkribiert „Kartinki s wystawki" – wospominanije o Wiktore Gartmane) ist eine Komposition von Modest Mussorgski aus dem Jahr 1874.

Sie wird allgemein als ein Musterbeispiel für Programmmusik gesehen. Die einzelnen Sätze beschreiben Gemälde und Zeichnungen seines im Jahr zuvor gestorbenen Freundes Viktor Hartmann, die Mussorgski auf einer Gedächtnisausstellung gesehen hatte. Das Werk entstand auf Anregung eines gemeinsamen Freundes, des Kunstkritikers Wladimir Stassow. Er war auch an der Namensgebung der Stücke beteiligt und ihm wurde der Zyklus gewidmet.

Der Reichtum der Klangfarben regte schon früh andere Komponisten an, das Werk auch für Orchester und andere Instrumentalbesetzungen zu bearbeiten. Die bekannteste Bearbeitung ist die von Maurice Ravel.

Das Werk vermittelt den Eindruck eines Rundgangs durch eine Ausstellung von Werken Hartmanns.
Am Anfang steht die

Promenade, die zwischen einzelnen nachfolgenden Stücken leicht verändert wiederkehrt. Mussorgski selbst sprach davon, dass die Promenade ihn selbst darstelle, wie er zwischen den Ausstellungsstücken umherwandere.

1. Gnomus/Der Gnom: Ein Zwerg, der linkisch auf missgestalteten Beinen herumhüpft. Die Musik schildert unterschiedliche Bewegungsformen des Gnoms: wild zappelnde Gebärden, unterbrochen von stocksteifer Erstarrung, wahnwitzige Sprünge, skurriles Hinken und Stolpern, düster drohendes Schleichen, das von eruptiven Schüttelanfällen unterbrochen wird. Das hinkende Stolpern des unglücklich Missgebildeten steigert sich bis hin zu grell dissonierenden Schreikrämpfen, bevor – nach einer Schrecksekunde – der Gnom mit einem bizarren Zickzack-Lauf entschwindet.

2. Il vecchio castello (‚Das alte Schloss‘): Es handelt sich um eine ruhige Romanze von wehmütigem Charakter, die Begleitung sowie das Vorspiel und die Zwischenspiele zwischen den Strophen erinnern an das Spiel einer mittelalterlichen Drehleier mit ihrem durchklingenden Bordun-Bass.

3. Tuileries (Spielende Kinder im Streit): Sie geben das nachmittägliche Bild des berühmten Parks in Paris wieder: Tobende Kinder, die von ihren Gouvernanten eindringlich, aber vergeblich ermahnt werden. Die salbungsvollen Worte der Erzieherinnen werden von fröhlichen Einwürfen der nicht zu bändigenden Kinder unterbrochen.

4. Bydło (Der Ochsenkarren): Es ist ein schwerer polnischer Ochsenkarren -schwerfällig und breit kommt er daher. Das Stück stellt die monoton rollenden Räder und die dumpf trottenden Schritte der Zugochsen akustisch dar. Obwohl schon von Anfang an fortissimo gespielt werden soll, erfolgt in der Mitte des Stücks eine nochmalige Steigerung durch akkordische Ausweitung des Satzes und die Vorschrift con tutta forza (mit aller Kraft). Gegen Ende wird die Musik immer leiser und leiser, das seltsame Gefährt verliert sich in der Ferne.

5. Ballett des poussins dans leur coques (Das Ballet der Küchlein in ihren Eierschalen: Hartmanns Bild zeigt einen Kostümentwurf für die Aufführung eines Balletts mit dem Titel Trilby. Die Musik zeichnet mit vielen Vorschlägen und Trillern das Bild von federleichten, quicklebendigen Küken, die vergnügt herumtrippeln, picken und piepsen.

6. „Samuel" Goldenberg und „Schmuyle": Zwei Juden, der eine reich und behäbig, der andere arm und abgerissen. Das Motiv zu „Samuel" Goldenberg ist dementsprechend breit und gewichtig, Goldenberg „spricht" mit dröhnendem Bass. Ganz anders „Schmuyle": Er zeichnet sich durch ein nervtötendes Jammern und Gezeter aus. Der Disput der beiden steigert sich und endet jäh mit der grellen Dissonanz eines übermäßigen Dreiklangs. Die lamentierende Schlusspassage suggeriert das Bild des offenbar unterlegenen Schmuyle, der wie ein begossener Pudel davonschleicht, während ihm der „Sieger" noch einige abrupt eingeworfene Drohgebärden hinterherschickt.

7. Limoges - Le marché (Der Markt in Limoges): Ein Abbild alltäglichen Markttreibens: Lebhaftes Gewirr, schreiende Verkäufer, streitende Marktfrauen. Am Ende beschleunigt sich das Tempo der das ganze Stück durchlaufenden Staccato-Bewegung bis hin zu einem wilden Wirbel, der sich nach oben schraubt und dann unvermittelt in die Tiefen der im nächsten Bild beschriebenen Katakomben abstürzt.

8. Catacombae: Sepulchrum Romanum - Cum mortuis in lingua mortua (Die Katakomben): Sie stellen einen Gang Hartmanns durch die Pariser Katakomben dar. Das Stück hierzu spiegelt eine düstere Stimmung, die angesichts der aufgeschichteten Knochen und Totenschädel in den Katakomben von Paris leicht aufkommen kann. Lang hallende Akkorde erklingen teils mit brutal schockierender Wucht, teils hallen sie leise und unheimlich aus den geheimnisvollen Tiefen der Gewölbe heraus. Vor dem Teil ‚Con mortuis in lingua mortua’ steht im Autograph folgende Notiz Mussorgskis: „Der lateinische Text lautet: ‚Mit den Toten in einer toten Sprache’ – Der schöpferische Geist des verstorbenen Hartmann führt mich zu den Schädeln und ruft sie an; die Schädel leuchten sanft auf."

9. Le cabane sur des pattes de poule / Die Hütte der BabaYaga (Die Hütte auf Hühnerfüßen/ Die Hütte der Baba Yaga): Baba-Jaga ist eine Hexe der russischen Volkssage. Sie wohnt in einem dunklen Wald, wo sie ahnungslos Vorbeikommenden auflauert, sie in ihre Hütte lockt und auffrisst. Ihr Häuschen steht auf Hühnerfüßen, damit es sich mit dem Eingang den Ankommenden zuwenden kann, egal aus welcher Richtung sie kommen. Sie selbst reitet nicht etwa auf einem Besen, sondern auf einem Mörser, den sie mit dem Stößel antreibt. Dessen wuchtiges Stampfen bestimmt den Charakter des wilden Hexenritts, den Mussorgski in den Eckteilen dieses Stücks beschreibt, während im Mittelteil die unheimliche Atmosphäre des Walddickichts beschworen wird.

10. La grande porte de Kiev / Das große Tor von Kiew: Es bezieht sich auf den zeichnerischen Entwurf Hartmanns für ein Stadttor mit Glockenturm und einer kleinen Kirche im Innern. Durch ein vollgriffiges und durch Bassvorschläge „gewichtig" gestaltetes Thema beschreibt Mussorgski die majestätische Größe des Tores. Der sakrale Aspekt wird durch zwei eingeschobene Episoden im vierstimmigen Choralsatz angedeutet. Glockenartige Akkorde im Bass schaukeln sich durch Hinzutreten von sukzessive beschleunigten Mittel- und Oberstimmen zu einem reichhaltigen Geläute auf, in dem schließlich auch das Promenadenthema auftaucht. Nach einer weiteren Steigerung erscheint noch einmal das Anfangsthema in einer Form, welche die maximale Klangfülle des Klaviers ausschöpft, ja zu sprengen versucht und das vorangegangene „Glockenläuten" mit einbezieht. Nach einer erneuten Steigerungspassage, die das Läuten bis zum lärmenden Getöse anschwellen lässt, endet das Stück mit gewaltigen Schlussakkorden.

Anmerkung zu 10.: In der darstellenden Form des Figurentheaters wird die kontinuierliche Steigerung der Musik häufig mit dem Einzug eines Bischofs oder gar des Zaren in Begleitung einer Truppe von Reitern sowie diverser Gruppen (Priester/Soldaten/Bürger) zu Fuß „übersetzt".

   

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