Der vorteilhafte Roßhandel (1819)
Folgende glaubhafte Geschichte wird erzählt, nicht
zur Nachahmung für leichtfertige Söhne, sondern zur Warnung für
leichtgläubige Väter. Ein leichtgläubiger u. unerfahrener Mann, zwar ein
Gelehrter, aber eben deswegen, hatte ein braunes Rößlein, und einen
lustigen Sohn. Aber um den Sohn und um die Haushaltung bekümmerte er
sich weniger als um seine chaldäischen Bücher. So bekümmerte sich der
Sohn weniger um den Vater, als um die Kannen und Gläser, und weniger um
das Zahlen, als um das Trinken, und war ein Student. Fragte jemand den
Vater, wenn er von Tisch aufstand, ob er Sauerkraut oder Apfelmus zu
Mittag gegessen habe, er wußt es nicht. Fragte jemand den Sohn wo der
beste Wein im Städtlein verzapft werde, er wußt's. Eines Abends aber als
er aus dem Löwen nach Hause gehen wollte, nahm ihn der Löwenwirt auf die
Seite: „Herr Benedikt, wie haben wir's endlich miteinander? Es sind
jetzt vier Monate." - Als er nach Hause ging begegnete ihm der
Ritterwirt: „Ei Herr Benedikt, sieht man Euch auch wieder einmal? Es
scheint Ihr könnt die Rittergasse gar nimmer finden: Was gilt's ich
finde die Euere?" Als er um das Eck herumging, lief er dem Anschel
Hirsch in die Hände: „Na Herr Benedix, wie lange soll ich auf Johanni
warten, oder was führt Ihr vor einen Kalender? den hundertjährigen?" Als
er aber nach Hause kam, war sein erstes, er führte das Roß aus dem
Stall, und redete etwas mit dem Knecht, und den andern Morgen als der
alte Herr den chaldäischen Morgensegen gebetet hatte, fragt ihn der
Sohn: „Wißt Ihr auch, Herr Vater, daß heute nacht das Bräunlein krepiert
ist?" - „Was hat ihm gefehlt", - fragte der alte Herr, nicht ohne
Schmerz. „Man muß ein anderes kaufen." - „Wenn wir nur geschwind wieder
so eins hätten", - erwiderte der Sohn.
Den zweiten Morgen oder dritten bindet er das Rößlein
wieder in den Hof, und ruft dem alten Herrn am Fenster, er habe ein
Rößlein im Handel. „Sieht ein Ei dem andern gleich" - sagte er, als der
alte Herr herauskam, „so tut's das alte Roß und das neue. Und nur 18
Louisdor. Wenn Ihr's kauft", sagte er, „so habt Ihr 12 Louisdor reinen
Profit. Denn unter 30 hättet Ihr das alte nicht hergegeben, und ist auf
und nieder das nämliche." Der Vater sagte: „Ein wenig kleiner, mein ich
sei es", - wie man sich täuschen kann. -„Ums Erkennen", - erwiderte der
schlaue Sohn. Kurz das Bräunlein gefiel dem alten Herrn, und der Handel
wurde richtig. Der alte Herr gab dem Sohn die 18 Louisdor, und der Sohn
bezahlte den Löwenwirt, den Ritterwirt und den Juden, hat auch seitdem
gut gelernt Wasser trinken, als Abschreiber in einer würzburgischen
Schreibstube.
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