Die leichteste Todesstrafe (1811)
Man hat gemeint, die Güllotine sei's. Aber nein! Ein Mann, der sonst
seinem Vaterland viele Dienste geleistet hatte, und bei dem Fürsten wohl
angeschrieben war, wurde wegen eines Verbrechens, das er in der
Leidenschaft begangen hatte, zum Tode verurteilt. Da half nicht Bitten,
nicht Beten. Weil er aber sonst bei dem Fürsten wohl angeschrieben war,
ließ ihm derselbe die Wahl, wie er am liebsten sterben wolle, denn
welche Todesart er wählen würde, die sollte ihm werden. Also kam zu ihm
in den Turm der Oberamtsschreiber: „Der Herzog will Euch eine Gnade
erweisen. Wenn Ihr wollt gerädert sein, will er Euch rädern lassen;
wenn Ihr wollt gehenkt sein, will er Euch henken lassen; es hängen zwar
schon zwei am Galgen, aber bekanntlich ist er dreischläferig. Wenn Ihr
aber wollt lieber Rattenpulver essen, der Apotheker hat. Denn welche
Todesart Ihr wählen werdet, sagt der Herzog, die soll Euch werden. Aber
sterben müßt Ihr, das werdet Ihr wissen." Da sagte der Malefikant: „Wenn
ich denn doch sterben muß, das Rädern ist ein biegsamer Tod, und das
Henken, wenn besonders der Wind geht, ein beweglicher. Aber Ihr
versteht's doch nicht recht. Meines Orts, ich habe immer geglaubt, der
Tod aus Altersschwäche sei der sanfteste, und den will ich denn auch
wählen, weil mir der Herzog die Wahl läßt, und keinen ändern", und dabei
blieb er, und ließ sich's nicht ausreden. Da mußte man ihn wieder laufen
und fortleben lassen, bis er an Altersschwäche selber starb. Denn der
Herzog sagte: „Ich habe mein Wort gegeben, so will ich's auch nicht
brechen."
Dies Stücklein ist von der Schwiegermutter, die niemand gerne umkommen
läßt,
wenn sie ihn retten kann.
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